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Ein Blick in den Tagebau Jänschwalde in Brandenburg. Greenpeace will zu dem umstrittenen Verkauf ein "Schwarzbuch" veröffentlichen.
© Patrick Pleul/dpa

Braunkohle in Brandenburg: Irritationen um Verkauf der Lausitzer Tagebausparte

Um den Verkauf der Lausitzer Tagebausparte von Vattenfall an den Investor EPH gibt es neue Irritationen. Greenpeace und die Grünen befürchten, dass dem neuen Besitzer für die Rekultivierung die Mittel fehlen.

Brandenburgs Landesregierung war schon früher und weitaus intensiver in die Verkaufsverhandlungen des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall und in Gespräche mit dem tschechischen Investor EPH involviert als bislang bekannt. Das belegt ein interner Vermerk des Wirtschaftsministeriums. Erstellt wurde er im November 2014 für Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD), wenige Tage nachdem der schwedische Staatskonzern bekannt gegeben hatte, den Verkauf der Lausitzer Braunkohlesparte zu prüfen – und deutlich bevor Vattenfall im September 2015 offiziell einen Verkauf beschloss und sich im April 2016 tatsächlich für EPH entschied. Nun firmiert die Konzern-Tochter als Lausitzer Energie (Leag) in Cottbus.

Der tschechische Energiekonzern hatte damals deutliches Interesse an der Lausitzer Braunkohlesparte gezeigt und in Brandenburg die Lage sondiert. Ob sich Vattenfall schon vor dem Bieterwettbewerb für EPH entscheiden hat, geht aus dem Vermerk nicht hervor. Handschriftliche Ergänzungen zeigen, worum es bei weiteren Treffen gehen sollte: Um die Gespräche mit Vattenfall, Rendite-Erwartungen, die Zukunft des Kraftwerks Jänschwalde. Das Ministerium pochte darauf, dass ein "neuer, wirtschaftlich starker Investor" ein "langfristiges, strategisches Engagement" in der Lausitz gewährleisten müsse. Zudem müssten der Kaufpreis den Erfolg des neuen Unternehmens ermöglichen und die "politischen Vorleistungen" Brandenburgs, Sachsens und des Bundes berücksichtigt werden.

Der Vermerk ist Teil eines Aktenkonvoluts, auf das die Umweltschutzorganisation Greenpeace gestoßen ist. Die hatte 2016 Einsicht in die Ministeriumsakten zum Verkaufsprozess verlangt. Zunächst habe es nur eine Liste mit 35 Gesprächsterminen gegeben. Nach Einschalten des Verwaltungsgerichts habe das Ministerium drei Ordner herausgeben müssen. Die Details will Greenpeace am Mittwoch mit der Neuauflage des "Schwarzbuch EPH", der Bilanz zu 100 Tagen Leag, bekannt geben. Aus den Akten geht hervor, dass sich das Ministerium bereits im März 2014 mit Beratern von EPH traf, als Vattenfall noch den Verkauf der Kohlesparte und das Ministerium jedes Wissen darüber dementiert hatten. Im November 2014 loteten Regierungsmitarbeiter mit hochrangigen Vertretern von EPH und der Tochter Mibrag im Mitteldeutschen Revier eine Zusammenarbeit bei der Übernahme der Vattenfall-Tochter aus. Die Referenten und das Landesbergamt warnten die Leitung des Ministeriums in dem Vermerk aber, dass die bisherige Praxis bei der Prüfung der Sicherheiten für die Rekultivierung ausgeräumter Braunkohle-Tagebaue nicht ausreichen könnte. Ausdrücklich wies das zuständige Referat darauf hin, dass der Verkauf von Bergwerkseigentum genehmigt werden müsse. Dies hätte das Land verweigern können, "wenn die finanzielle Leistungsfähigkeit des Erwerbers" für Renaturierung und Abwehr von Tagebau-Spätfolgen wie Bodenrutschungen "nicht ausreichend" erscheint. Dies, so empfahlen die Mitarbeiter, sollte aber "zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gegenüber Dritten thematisiert werden".

Greenpeace und die Grünen fordern seit Monaten Sicherheitsleistungen von Leag

Weitaus stärker trieb das Ministerium die Sorge um, Vattenfall könnte zu viel Geld für die Lausitz-Sparte verlangen. Jedenfalls wurde in grüner Schrift, die dem Minister vorbehalten ist, vermerkt, Vattenfall verstehe nicht, welche Auswirkungen die Rekultivierung auf den Kaufpreis habe. Die Brisanz war Wirtschaftsminister Gerber also bewusst. In einem Vermerk vom Mai 2016 heißt es in grüner Schrift: "Thema Rückstellungen/Rekultivierung sehr sorgfältig bearbeiten."

Bislang hat sich die Landesregierung nicht entschieden, ob von der Leag konkrete Sicherheiten für die Sanierung der Tagebaue verlangt werden. Nach Informationen des Tagesspiegels gab es zwar konkrete Überlegungen, doch die Landesregierung hielt offiziell damit zurück, um den erst im Herbst vollzogenen Eigentümerwechsel und den Neustart nicht zu gefährden. Greenpeace und die Grünen im Landtag fordern seit Monaten Sicherheitsleistungen, damit nicht der Steuerzahler die Kosten tragen muss. Sie befürchten, dass die Leag gar nicht in der Lage ist, die Rekultivierung zu finanzieren. Denn beim Mutterhaus EPH reicht das Firmenkonstrukt der Investoren – mit Briefkastenfirmen in Steueroasen – bis nach Zypern und Jersey. Um die Lausitzer Tagebaulandschaft zu sanieren, wird mit Kosten von bis zu zehn Milliarden Euro gerechnet. Vattenfall hatte EPH beim Verkauf 1,7 Milliarden Euro dafür überlassen. Ob das nötige Geld bei den undurchsichtigen EPH-Strukturen gesichert ist, bezweifeln Grüne und Greenpeace. Bei Vattenfall reichten dem Land Bilanzen und Buchwerte als Sicherheiten. Richtiges Geld war nicht nötig.

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