Ladenöffnungsgesetz in Berlin: Ramona Pop zeigt Herz für die Spätis
Der Wahlkampf hat begonnen. Ramona Pop begibt sich auf Tour durch die Spätis von Neukölln - und wirbt für einen Antrag der Grünen.
Sie beugt sich vor, der dunkle Lockenkopf geht nach unten und die Hand greift zu den schwarzen Riemchensandalen. Ramona Pop, Spitzenkandidatin der Grünen für die Abgeordnetenhauswahl im September, muss ihre Füße verarzten. Seit zehn Stunden ist sie mit den Schuhen in ganz Berlin unterwegs, ist auf einer Veranstaltung nach der nächsten. Und nun sitzt sie auf dem Holzstuhl vor einem Späti in Neukölln und schmiert sich Salbe auf die Ferse. „Wir gehen nicht immer auf Trinktour“, hat sie vorhin lachend gesagt, als sie sich mit Anja Kofbinger, der Grünen-Abgeordneten aus Neukölln, zur Späti-Tour auf der Kottbusser Brücke getroffen hatte. Mitten im Gewusel vor der Ankerklause, beim Markt am Maybachufer, bei Sommertemperaturen.
Ganz Berlin scheint sich an diesem Freitagabend hier in Kreuzberg an der Grenze zu Neukölln herumzutreiben. Ramona Pop will mittendrin sein. Also heißt es weiterlaufen, auch mit schmerzenden Füßen. Inzwischen geht es um mehr, als nur für die Sonntagsöffnung der Spätis zu kämpfen. Nach der neuen Forsa-Umfrage sind die Grünen in Berlin mit 20 Prozent zweitstärkste Partei hinter der SPD – liegen zwei Punkte vor der CDU. Nicht zuletzt scheint das auch an der Spitze der Viererspitze der Grünen, Ramona Pop, zu liegen.
Die Kampagne heißt "I love my Späti"
Deshalb ist sie an diesem Tag auf Späti-Tour durch Neukölln. Obwohl sie sich schon vor sechs Monaten mit Kofbinger verabredet hat, das betont sie. Sie statten etwa zehn Kleinladenbetreibern Kurzbesuche ab und verteilen gelbe Aufkleber, auf denen „I love my Späti“ steht. Das „love“ ist durch ein grünes Herz symbolisiert. Natürlich zeigt der runde Sticker auch das Logo „Bündnis 90/ Die Grünen“. Anja Kofbinger ist immer wieder in den 40 Spätis ihres Wahlkreises in Neukölln auf Stippvisite, fragt, wie das Geschäft läuft und bleibt mit den Inhabern in Kontakt. Die kämpfen in diesem Bezirk besonders und schon seit langem mit den häufigen Kontrollen der Sonntagsöffnungsverbote.
Kofbinger steht auf der Kottbusser Brücke und zeigt in Richtung Kottbusser Tor: „Hier liegt Kreuzberg, hier haben Spätis keine Probleme.“ Dann schwenken ihre Arme in die entgegengesetzte Richtung, hin zur Schönleinstraße. „Hier liegt Neukölln und hier haben sie richtig Probleme.“ Die Bezirke gingen nämlich unterschiedlich vor, sagt Pop. In Neukölln ist man streng; hier verfolgt das Ordnungsamt anders als anderswo Vorstöße. Einem Ladeninhaber, der am Sonntag widerrechtlich geöffnet hat, drohen in dem Bezirk bis zu 2500 Euro Bußgeld.
Die Grünen wollen eine Ausnahme im Ladenöffnungsgesetz
Die Grünen setzen sich für eine Ausnahme für die Spätis im Ladenöffnungsgesetz ein. Erst im März hatte das Abgeordnetenhaus über ihren Antrag, die Sonntagsöffnung für die Spätverkaufsstellen zu ermöglichen, debattiert. Die Linken sehen Probleme beim Arbeitsschutz. SPD und CDU hatten vor einer Klagewelle von Supermärkten und anderen Einzelhändlern gewarnt. Aber diese Bedenken teilen Pop und Kofbinger nicht. Man wolle nicht das Gesetz ändern, sondern nur eine weitere Ausnahmevorschrift für Spätverkaufsstellen in die sogenannten „Ausführungsvorschriften“ zum Ladenöffnungsgesetz aufnehmen. Um ein paar Stunden am Sonntag gehe es dabei. Bäcker, Blumenhändler und Tourismusläden dürften schließlich auch geöffnet haben.
Pop fürchtet Verzögerungen bei der Beratung des Antrags
Derzeit wird im Arbeitsausschuss über den Antrag beraten. Dass vor der Wahl dort ein Ergebnis erzielt wird, glauben die beiden Politikerinnen der Grünen nicht. „Ich habe das schlechte Gefühl, dass die Koalition den Antrag dort nicht rechtzeitig wird rauskommen lassen“, sagt Pop. Burcak Arkis freut sich über den Besuch der beiden Grünen. Er ist Inhaber eines Spätis am Kottbusser Damm, Neuköllner Seite, und leidet unter dem Verbot der Sonntagsöffnung. Das erzählt er auch den Politikerinnen, die vor seinem Verkaufstresen stehen. „Wir setzen uns ein“, verspricht Pop. „Das hoffe ich“, sagt Arkis. Er ist Gründungsmitglied des Vereins „Berliner Späti“, der die gleichen Rechte fordert, wie Tankstellen sie haben. Als Pop ihm ein paar Aufkleber vor die Kasse legt, sagt er: „Legen Sie ruhig ein paar mehr hin!“ Vor seinem Laden klebt schon einer an der Hauswand. Das Thema ist ja gerade in Neukölln kein neues.
Pop will eine ähnliche Tour demnächst in ihrem Wahlkreis in Mitte machen. Auch dort werde recht streng kontrolliert. Eine Erlaubnis würde es allen leichter machen – manche Verkäufer seien durch das Verkaufsverbot am Sonntag in ihrer Existenz bedroht. „Ich habe außerdem selbst einen Späti bei mir um die Ecke“, erzählt Pop. „Der hat sehr gutes Obst. Wäre schon schön, wenn der sonntags geöffnet hätte.“