Ladenöffnungsgesetz in Berlin: Grüne: Spätis sollen sonntags öffnen dürfen
Die Grünen wollen die knapp 1000 Spätverkaufsstellen retten und fordern, dass diese auch sonntags öffnen dürfen. Die Koalition ist da skeptisch.
Das Geschäft mit den Spätverkaufsstellen, den Spätis, ist für viele Betreiber hart. Oft setzen sich die Inhaber über das sonntägliche Verkaufsverbot hinweg und müssen bei Kontrollen mit Bußgeldern bis zu 2500 Euro rechnen. Nun wollen die Grünen die knapp 1000 Spätis retten und fordern in einem Antrag den Senat auf, die Ausführungsvorschriften zum Berliner Ladenöffnungsgesetz zu ändern. Denn mit einer klaren Definition von Spätis in den Vorschriften könne für diese eine Ausnahme gemacht werden.
„Wir wollen den Sonntagsschutz für Arbeitnehmer erhalten“, sagte Fraktionsvize Anja Kofbinger. Das Ladenöffnungsgesetz sehe jedoch für bestimmte Verkaufsstellen, die zum Beispiel Bedarfsartikel für Touristen anbieten, Ausnahmen vor. Die meisten Spätis im Innenstadtbereich würden auch von Touristen frequentiert.
„Wir sprechen von einigen Stunden am Sonntag, an denen die Spätis offen haben sollen“, sagte Kofbinger, in deren Wahlkreis Neukölln viele Spätis liegen. Das Bezirksamt kontrolliert die Länden inzwischen regelmäßig und verhängt bei Verstößen wie berichtet Bußgeldbescheide. Allein in Neukölln hätten laut Kofbinger Inhaber dieser Länden rund 70 000 Euro Bußgeld zahlen müssen – 30 000 mehr als 2014. Und in Friedrichshain-Kreuzberg seien im vergangenen Jahr Bußgelder in Höhe von 35 000 Euro wegen des Sonntagsverkaufsverbots angefallen.
Interesse des Sonntagsschutzes
Die Koalition sieht den Vorstoß skeptisch. Eine separate Lösung für Spätis sind für Frank Jahnke, Sprecher für Wirtschaft, und für Jörg Stroedter (beide SPD), stellvertretender Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, „schwer vorstellbar“. Es gehe vielmehr um eine „komplette Lösung auf für die Läden in Bahnhöfen“. Berlin habe mit Abstand das liberalste Ladenöffnungsgesetz in Deutschland, sagt Heiko Melzer, Sprecher für Wirtschaft in der CDU-Fraktion. „Man muss zwischen Einzelinteressen und dem berechtigten Interesse des Sonntagsschutzes abwägen.“
Berlin sollte hier vorangehen als Vorbild weltweit gegen den plötzlichen Mannstod durch stundenlangen Bierentzug an Sonntagen.
schreibt NutzerIn Hrfret
Wirtschaftspolitikerin Jutta Matuschek (Linke) lehnt „drangsalierende Kontrollen“ der Spätis ab, die eine „tradierte Daseinsberechtigung“ hätten. Eine andere Idee hat Martin Delius, Fraktionschef der Piraten. Die Spätis könnten doch für E-Bikes oder Elektroautos als Elektrotankstellen umfunktioniert werden, von denen es in Berlin ohnehin zu wenig gebe.
Spätis als öffentliche Tankstellen
Als öffentliche Tankstelle könnten die Spätis auch andere Waren anbieten. „Das wäre eine sehr nachhaltige Lösung“, sagt Delius. Der Wirtschaftsausschuss wird demnächst über den Grünen-Vorschlag debattieren. Unterstützung gibt es vom Handelsverband Berlin-Brandenburg. „Wir begrüßen den Vorstoß der Grünen“, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Günter Päts.
Das Berliner Ladenöffnungsgesetz musste nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2010 novelliert werden. Damals hatten die Kirchen geklagt, die die grundgesetzlich geschützte Sonntagsruhe gefährdet sahen: Im Gesetz waren zunächst vier verkaufsoffene Sonntage in der Adventszeit genehmigt. Jetzt darf höchstens an zwei nicht aufeinanderfolgenden Sonntagen im Monat geöffnet sein. Der Senat hat berlinweit acht Termine pro Jahr für die Sonntagsöffnung festgelegt, zwei weitere Termine dürfen sich Einzelhändler bei besonderen Anlässen selbst aussuchen.