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Das Mobilitätsgesetz soll den unmotorisierten Verkehr in Berlin stärken. Tempo-30-Zonen sollen aber nicht einklagbar sein.
© Jörg Carstensen/dpa

Verkehr in Berlin: Projekt Tempo 30 kommt nur langsam voran

Bevor Tempo 30 aus Berliner Straßen kommen soll, wird erst der Verkehrsfluss gemessen. Auch bei weiteren Vorhaben des Senats sind die Fortschritte eher schleppend.

Das ist ein politischer Spagat: Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) will auf fünf Hauptstraßen prüfen, ob sich durch Tempo 30 der gesundheitsschädliche Stickoxid-Ausstoß verringern lässt. Gleichzeitig ist sie gegen ein vom Verwaltungsgericht Anfang 2016 angeordnetes Tempo-30-Limit auf der Berliner Allee in Weißensee in Berufung gegangen. Einen Widerspruch sieht Günther hier nicht. Am Mittwoch zog sie nach zehn Monaten im Amt eine Zwischenbilanz ihrer Arbeit. Ein Überblick:

Für Tempo 30

Der Test beginnt auf dem Straßenzug Leipziger Straße–Potsdamer Straße– Hauptstraße, der dabei in drei Abschnitte aufgeteilt wird: Von der Markgrafenstraße bis zum Potsdamer Platz, von dort weiter bis zur Kleistpark und dann weiter bis zum Innsbrucker Platz. Außerdem dabei sind die Kantstraße zwischen Savignyplatz und Amtsgericht sowie der Tempelhofer Damm zwischen Alt-Tempelhof und der Ordensmeisterstraße.

Zunächst soll in einem aufwändigen Verfahren der Verkehrsfluss gemessen werden. Dabei wird ein Spezialfahrzeug eingesetzt. Ermittelt werden soll, wie häufig die Fahrer bremsen und wieder anfahren und wie oft es zu Staus kommt. Solche Daten gebe es bisher nicht, sagte Günther. Die Messungen sollen im November beginnen und mehrere Monate dauern. Gleichzeitig werde auf den Teststrecken untersucht, ob die Ampelschaltungen für Tempo 30 angepasst werden können.

Sollte sich herausstellen, dass bei erlaubtem Tempo 50 das Fahren durch häufiges Bremsen und Beschleunigen ungleichmäßig ist, soll Tempo 30 folgen, von dem sich die Senatorin ein gleichmäßigeres Fahren verspricht. Nur dann werde der Stickoxid-Ausstoß messbar verringert, sagte Günther.

Dass Tempo 30 wirkt, habe sich schon gezeigt: Auf der Silbersteinstraße in Neukölln sei der Stickoxid-Ausstoß damit um 20 Prozent verringert worden, auf der Schildhornstraße in Steglitz um 17 Prozent und auf der Beusselstraße in Moabit um zehn Prozent. Bei einem flüssigeren Verkehr als zuvor bei Tempo 50, sagte Günther. Fließt der Verkehr auch bei Tempo 50 stetig, werde es keine Änderungen geben, kündigte Günther an.

Sollte der Test zeigen, dass ein geringeres Tempolimit den Schadstoffausstoß reduziert, könnte es weitere Tempo-30-Bereiche an Hauptstraßen geben, sagte die Senatorin. Auf einer Länge von rund 50 Kilometern würden die Grenzwerte beim Stickoxid-Ausstoß zum Teil „dramatisch“ überschritten. Die Teststrecken sind 7,3 Kilometer lang.

Gegen Tempo 30

Obwohl sich die Grünen für ein generelles Tempolimit von 30 km/h aussprechen, hat Günther gegen dessen Anordnung auf der Berliner Allee durch das Verwaltungsgericht Berufung eingelegt. Damit wolle sie Rechtssicherheit erhalten. An der Berliner Allee werde der Grenzwert nicht überschritten; Tempo 30 sei dort wegen der Schadstoffe nicht erforderlich.

Bliebe das Urteil des Verwaltungsgerichts bestehen, könnte jeder Anwohner das Limit vor seinem Haus gerichtlich durchsetzen, begründete Günther ihr Vorgehen. Die Verwaltung wolle aber ihre Handlungsfreiheit behalten und Tempo 30 nur dort anordnen, wo es sinnvoll sei und nicht, wo geklagt werde.

Straßenbahn-Ausbau

Für drei Vorhaben wollte die Verwaltung in diesem Jahr das Genehmigungsverfahren starten. Bei der Verlängerung vom Hauptbahnhof zur Turmstraße sowie bei der Verlegung der Gleise an den Bahnhof Ostkreuz seien die Vorarbeiten fast abgeschlossen, sagte Günthers Sprecher Matthias Tang. Ausgerechnet beim Lückenschluss zwischen Adlershof und dem Bahnhof Schöneweide, der als besonders einfach eingestuft worden war, sei noch strittig, ob es ein weiteres Gutachten geben müsse.

Radverkehr

Im November wolle die Verwaltung eine Liste mit rund einem halben Dutzend Strecken für neue Radstreifen an Hauptstraßen vorlegen, die im nächsten Jahr geschaffen werden sollen, kündigte Tang weiter an. Vom Ziel, ein Netz zu schaffen, ist man noch weit entfernt.

Mobilitätsgesetz

Gegen den Entwurf des Mobilitätsgesetzes, das den Rad- sowie den Fuß- und Nahverkehr fördern soll, hat es nach Günthers Angaben 609 Einwendungen gegeben, die nun behandelt werden. Der Wunsch, das Gesetz noch in diesem Jahr zu verabschieden, wird sich nicht umsetzen lassen.

Toiletten und Werbung

Die Aufträge für die Bewirtschaftung der öffentlichen Toiletten und die Werberechte in Vitrinen sollen spätestens im ersten Quartal 2018 vergeben werden. Bisher war für beides das Unternehmen Wall zuständig. Der Senat will die Bereiche trennen und hat die Verträge mit Wall deshalb gekündigt.

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