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Zollbeamte stehen vor einer Baustelle im Berliner Stadtteil Stralau.
© Paul Zinken/dpa
Update

Razzien in Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt: Schaden von mindestens 1,7 Millionen Euro festgestellt

Am Mittwoch kontrollierten Polizei und Zoll mehr als 80 Räumlichkeiten. Festgenommen wurde niemand – doch Beweismittel für Millionenschaden beschlagnahmt.

Im Kampf gegen Schwarzarbeit haben Bundespolizisten und Zollfahnder am Dienstag mit einem Großaufgebot in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt mehr als 80 Baustellen, Büros, Geschäftsräume, Wohnungen und Sammelunterkünfte durchsucht. Umfangreiche Beweismittel, vor allem Datenträger, seien am Mittwoch beschlagnahmt worden, teilten das Hauptzollamt Berlin und die Generalstaatsanwaltschaft in der Hauptstadt mit. Demnach ging es um einen Schaden von mindestens 1,7 Millionen Euro. Festgenommen wurde niemand.

Seit den frühen Morgenstunden fanden in Berlin die Razzien statt. "Bei den Kontrollen geht es vor allem darum, Beweise zu sichern", sagte Michael Kulus, Sprecher des Hauptzollamtes Berlin, auf Nachfrage am Morgen.

Schwerpunkte der Durchsuchungen in über 100 Baustellen, Geschäftsräumen und Steuerberaterbüros seien Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung. Via Twitter teilte die Berliner Staatsanwaltschaft am Morgen mit, es gehe außerdem um den Verdacht auf Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung und das bandenmäßige Einschleusen von Ausländern im Baugewerbe. Bei dem Einsatz waren rund 1900 Beamte aller 41 deutschen Hauptzollämter im Einsatz, zusammen mit Beamten der Ausländerbehörde und der Bundespolizei.

Berlin sei der Schwerpunkt des Einsatzes, sagte Kulus, weitere Durchsuchungen fänden in Sachsen-Anhalt und Brandenburg statt. Der Großeinsatz dauerte den ganzen Tag an.

Wie die dpa unter Berufung auf das Hauptzollamt berichtet, wurden Räume in Falkensee in Brandenburg sowie Dessau und Halle in Sachsen-Anhalt durchsucht.

Federführend bei den Ermittlungen war die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Diese führt regelmäßig Kontrollen durch, ob und wie Arbeitgeber Mindestlöhne und ihre sozialversicherungsrechtlichen Pflichten einhalten. "Eigentlich müsste noch viel mehr kontrolliert werden", sagt Nikolaus Landgraf von der IG Bau. Wegen der gegenwärtigen Baukonjunktur habe sich Menschenhandel im Baugewerbe als richtiges Geschäftsmodell entwickelt. Im Ausland säßen Händler und Agenturen, die genau darauf spezialisiert seien, berichtet Landgraf.

Die Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg äußerte sich lobend. Schwarzen Schafen auf dem Bau müsse klar sein, dass Verstöße konsequent geahndet würden, teilte Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner mit. Durch Schwarzarbeit gingen dem Staat jedes Jahr Milliarden an Steuereinnahmen und Sozialversicherungsabgaben verloren. „Schwarzarbeit ist das Krebsgeschwür der Bauwirtschaft.“ Zudem belaste sie das Image der Bauberufe. „Unser Ziel ist, dass die Arbeit am Bau junge Menschen stolz macht.“

Im vergangenen Jahr führte das Hauptzollamt Berlin 1600 solcher Prüfungen durch, daraus resultierten 4100 Ermittlungsverfahren wegen einer Straftat und 1200 wegen Ordnungswidrigkeiten. Insgesamt wurde 2018 durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit eine Schadenssumme von rund 88,6 Millionen Euro ermittelt.

Arbeitsausbeutung stellt das zweitgrößte Deliktfeld im Zusammenhang mit Menschenhandel dar, wie aus dem Lagebild des Bundeskriminalamtes hervorgeht. Betroffen davon sind überwiegend Männer, die allermeisten arbeiten im Baugewerbe, danach folgt die Gastronomie. Menschenhandel gilt als das weltweit am schnellsten wachsende Kriminalitätsfeld. (mit dpa)

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