Illegale Beschäftigung: Fast 90 Prozent aller Putzhilfen arbeiten schwarz
Vielerorts ist es schwierig, überhaupt eine Haushaltshilfe zu finden. Das Risiko, vom Zoll erwischt zu werden, ist indes gering.
Die übergroße Mehrheit der Putzkräfte in Deutschland arbeitet illegal. Wie das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in einer aktuellen Studie berechnet hat, beschäftigen 88,5 Prozent der deutschen Haushalte mit einer Reinigungskraft diese "schwarz". Insgesamt haben mehr als 3,3 Millionen Haushalte gelegentlich oder regelmäßig eine Hilfe angestellt - knapp 2,9 Millionen davon schwarz.
Viele Bürger berichten zudem, es sei gar nicht leicht, eine Putzkraft in legaler Anstellung zu finden. So auch Katharina Seidenstücker. Sie hat es aufgegeben. „Ich habe monatelang eine Putzfrau gesucht, die sich anmelden lässt. Aber das kannst du vergessen“, erzählt die Mutter von drei kleinen Kindern frustriert. Natürlich hat sie irgendwann auch darüber nachgedacht, eine Reinigungskraft schwarz zu beschäftigen. „Aber das widerspricht unserem Wertekonzept.“
Davon abgesehen ist im Raum München selbst ohne Anmeldung und bei überdurchschnittlicher Bezahlung derzeit kaum noch eine Putzhilfe zu finden - der Markt ist bundesweit ziemlich leergefegt. So mancher Suchende lässt sich deshalb trotz eines unguten Gefühls auf unlautere Abrechnungsmodelle ein, um überhaupt jemanden zu bekommen.
Der Zoll ist überfordert
Die Gefahr, erwischt zu werden, liegt dabei „im Promillebereich“, wie Experten wissen. Denn zum einen ist der Schutz der Privatsphäre ein sehr hochrangiges Rechtsgut, so dass die Kontrolleure nicht einfach an der Wohnungstüre Einlass begehren können. Zum anderen fehlen dem zuständigen Zoll schlicht die Kapazitäten. Allein das Hauptzollamt München erhält pro Jahr mehrere tausend anonyme Anzeigen à la „Mein Nachbar ist arbeitslos, aber jeden Tag von 7.00 bis 17.00 Uhr außer Haus“.
Damit die Beamten ausrücken, müsste der Hinweisgeber deshalb schon genau sagen, wo und wann sich der Betreffende etwas bar auf die Hand dazuverdiene, berichtet Zoll-Sprecher Thomas Meister. Gerade bei den Reinigungskräften werde viel schwarz gearbeitet. „Uns ist auch bewusst, dass wir längst nicht jeden erwischen, das ist ganz klar“, räumt Meister ein.
Dabei hat der Gesetzgeber versucht, die Putzfrauen - ungefähr 90 Prozent der angemeldeten Reinigungskräfte im Privathaushalt sind weiblich - durch die steuerliche Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen und eine einfache Anmeldung bei der Minijobzentrale aus der Schattenwirtschaft herauszuholen. Doch was die meisten Arbeitnehmer für sich selbst völlig selbstverständlich in Anspruch nehmen - etwa Rentenbeiträge, bezahlten Urlaub sowie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall - gestehen sie ihrer Putzhilfe oftmals ungern zu.
Das Risiko ist gering
Peter K. aus München ist da nur einer von vielen. Bis vor zwei Jahren hat er eine Haushaltshilfe schwarz beschäftigt. „Anmelden war für mich gar kein Thema.“ Das Bewusstsein, dass man selbst ein ganz normaler Arbeitgeber und die eigene Wohnung ein ganz normaler Arbeitsplatz ist, ist in Deutschland kaum verankert. Traditionell werden Putzfrauen als eine Art „Nachbarschaftshilfe“ gesehen - auch wenn Schwarzarbeit juristisch alles andere als ein Kavaliersdelikt ist und nicht nur Geld-, sondern auch Haftstrafen drohen.
Meist fliegt die illegale Beschäftigung übrigens auf, weil die Putzkraft etwa beim Fensterputzen einen Unfall erleidet - oder weil sich Paare trennen und der eine den anderen verpfeift. Auch so mancher Nachbar hat dem Zoll schon einen heißen Tipp gegeben. Doch es sind bei weitem nicht nur unwillige Auftraggeber, die ihre Raumpfleger nicht anmelden wollen. Peter K. zum Beispiel glaubt nicht, dass seine schwarz beschäftigte Putzfrau hätte angemeldet werden wollen, „denn die hatte das mit der Nachbarin auch schon so gemacht“.
Tatsächlich sind es oft auch die Haushaltshilfen selbst, die das Geld lieber ohne Abzüge einstreichen. „Die haben vielfach keinen Anreiz, da sie bei Krankenversicherung ihres Mannes mitversichert sind und eh nicht über die Mindesteinzahlung bei der Rente hinauskommen“, erläutert Dominic Enste vom IW. Seiner Recherche nach sei es deshalb vielerorts „nahezu unmöglich“, eine Putzkraft zu finden, die sich anmelden lasse.
Dabei ist die Nachfrage da, und sie nimmt zu. Allein schon deshalb, weil die Erwerbstätigenquote nach Angaben des Statistischen Bundesamtes seit dem Jahr 2005 von 65 Prozent auf rund 76 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen ist. Das heißt, mehr Menschen arbeiten, vor allem auch mehr Frauen. Und da einer aktuellen Untersuchung zufolge noch immer bei acht von zehn Paaren die Frau alleine die Wohnung putzt, wären viele für eine Unterstützung dankbar. Auch, wenn sie dafür schwarz bis zu 16, angemeldet gar rund 20 Euro pro Stunde zahlen müssen. (dpa)
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