Berliner Podcast "Herrengedeck": Philosophieren bei Molle und Korn
Ariana Baborie und Laura Larsson reden in ihrem Podcast "Herrengedeck" über Klopapier, Kate Middleton und Ängste. Ein Interview.
Mit einem Schnaps fängt es immer an: Bei Ariana Baborie, 29, und Laura Larsson, 28, stehen zur Aufnahme ihres Podcasts „Herrengedeck“ immer Kurze auf dem Tisch. Seit einem Jahr liefern sich die beiden Berliner Radiomoderatorinnen bei Bier und Korn, Kümmel oder Sambuca wöchentlich einen selbstironischen Schlagabtausch.
„Warum wir Goodie-Bags für One Night Stands verkaufen wollen“ oder „Warum man bei Drogendealern Treuepunkte sammeln kann“ sind die Themen von zwei der bislang rund 30 erschienenen Folgen. Nun feiert „Herrengedeck“ seinen ersten Geburtstag – mit einem bereits ausverkauften Live-Event im Columbia Theater an diesem Sonnabend. Warum knapp 100.000 Hörer den beiden Frauen wöchentlich beim Plaudern zuhören, verraten sie im Interview.
Erst mal einen Pfeffi?
ARIANA: Nee, um diese Uhrzeit...
Wie entstand dieser Podcast, in dem ihr in jeder Folge ein Bierchen und einen Kurzen kippt?
LAURA: Wir haben uns beim Radiosender 98.8 KissFM kennengelernt, haben uns gleich gemocht und fanden uns gegenseitig lustig.
ARIANA: Auch wenn uns die Kollegen nicht immer so lustig fanden, oft eher nervig. Wir überlegten dann, was wir zusammen starten könnten, denn wir hatten nie gemeinsame Shows. So entstand „Herrengedeck“.
LAURA: Der Name erinnert an Berliner Eckkneipen mit vergilbten Gardinen. Das mögen wir, das passt zu uns.
Das meiste in eurem Podcast passiert spontan. Bereitet ihr Euch vor?
LAURA: Ja, wir telefonieren vor jeder Aufnahme, das ist quasi unsere Redaktionskonferenz. Da legen wir ein Thema fest. Und am Anfang jeder Folge verrät jede etwas Persönliches über sich.
Was richtig Peinliches?
LAURA: Auf jeden Fall. Einmal habe ich erzählt, dass ich mich manchmal so richtig bescheuert zu Hause selbst interviewe, als sei ich ein Star – voll peinlich, ich weiß. Aber da schrieben mir viele Hörer, sie würden das auch machen.
ARIANA: Und ich habe mal erzählt, wie ich nie ausschließlich Klopapier kaufe, auch wenn ich nur Klopapier brauche. Weil der Kassierer ja dann weiß, dass es superdringend sein muss, deshalb kaufe ich immer noch andere Sachen. Seitdem kriege ich regelmäßig Fotos von Hörern beim Klopapierkauf. Oder, wenn ich mein Faible für die Polizei erwähne. Also, auch wegen der Uniformen…
LAURA: Oh Mann, Ariana!
ARIANA: Ja, ich weiß. Aber prompt bekomme ich eine Einladung zu einem Tagespraktikum auf einem Revier.
Klopapier und Selbstinterviews – worum geht's bei „Herrengedeck“ noch?
LAURA: Das klingt vielleicht egozentrisch, aber wir reden viel über uns. Was uns bewegt, im Alltag auffällt, über tagesaktuelle Geschehnisse. Wir wollen schon witzig sein, aber es gibt auch ernste Gesprächsthemen.
ARIANA: Nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz etwa sprachen wir über Angst, und wie man damit umgeht. Aber klar, es geht genauso auch um Klatschthemen. Etwa, wenn Kate und William in der Stadt sind.
Ist „Herrengedeck“ also ein richtiger Berlin-Podcast?
ARIANA: Zumindest würde er nicht überall funktionieren. Die absurdesten Dinge passieren eben hier in Berlin. Einmal holte nachts in der U-Bahn ein Typ seine Peitsche raus und rannte damit wie irre durch den Wagen. Das würde in Parchim nicht passieren…
LAURA: … wo ich ursprünglich herkomme. Deshalb funktioniert auch der Kontrast so gut, wenn ich etwas über Parchim erzähle. Aber würden wir aus Parchim senden, wäre sicher schnell das Futter für Geschichten alle.
Ihr redet über die banalsten Alltagsphänomene. Zur reinen Unterhaltung?
LAURA: Leute zu unterhalten, das ist ein cooles Gefühl. Aber wenn uns Menschen schreiben, die depressiv sind oder gerade verlassen wurden: „Mädels, ich hab euren Podcast gehört, jetzt geht’s mir ein klitzekleines bisschen besser“ – dann macht uns das wirklich glücklich.
ARIANA: Wir sind alles andere als perfekt. Da finden sich viele wieder.
Ihr seht Euch momentan fast täglich. Gibt es auch mal Meinungsverschiedenheiten?
ARIANA: Wir sind beide harmoniesüchtig, gestritten haben wir noch nie. Aber klar, wir haben zu vielen Themen unterschiedliche Meinungen, davon lebt der Podcast auch.
LAURA: Ich bin zum Beispiel echt ein Konsumopfer. Ich gucke mir im Internet sogenannte „Haul-Videos“ an. Da packen Leute eine halbe Stunde lang ihre Einkaufstaschen aus und zeigen, was sie gerade gekauft haben. Und dann denke ich, wow, das muss ich auch haben!
ARIANA: Oh Gott, ja, da haben wir definitiv unterschiedliche Einstellungen!
Worin unterscheidet sich die Arbeit am Podcast von der beim Radio?
LAURA: Es geht wohnzimmerlicher zu. Kuchen und Korn statt Kopfhörer und Technik. Aber mir macht beides wahnsinnig Spaß.
Heute Abend im Columbia Theater tretet ihr das erste Mal live vor Leuten auf, die euch sonst nur aufgezeichnet hören. Seid ihr aufgeregt?
LAURA: Sehr, sehr aufgeregt. Ich habe Albträume, dass ich auf der Bühne stehe und nicht weiß, was ich sagen soll. Ich esse kaum noch was.
ARIANA: Das sagt Laura immer und dann isst sie doch. Ich habe Panik, dass die Technik nicht funktioniert. Aber das ist mein einziger Horror, ansonsten kann man ja immer irgendwas improvisieren.