Angriff am Bahnhof Berlin-Schöneweide: Obdachlose schweben nach Feuerattacke in Lebensgefahr
Zwei Obdachlose sind bei einer Feuerattacke am Berliner Bahnhof Schöneweide schwer verletzt worden. Ein Unbekannter hatte die Schlafenden angezündet, das Motiv ist unklar.
Die beiden obdachlosen Männer, die von einem Unbekannten mit einer Flüssigkeit übergossen und angezündet wurden, schweben weiter in Lebensgefahr. Die 47 und 62 Jahre alten Männer wurden in der Nacht zum Montag am Bahnhof Schöneweide attackiert, teilte die Polizei mit. Rettungskräfte brachten die Schwerverletzten in ein Krankenhaus. Auch der Besitz der Männer wurde angezündet. Das Motiv der Tat war zunächst unklar. Die Mordkommission ermittelt wegen des Verdachts auf ein Tötungsdelikt.
Der Täter war nach Polizeiangaben am Sonntagabend gegen 23 Uhr zu den beiden Obdachlosen auf den Cajamarcaplatz in Niederschöneweide gegangen und hatte die Flüssigkeit über ihnen und ihren Habseligkeiten ausgeschüttet. Die lebensgefährlich Verletzten konnte am Montag zunächst nicht zum Hergang der Tat und möglichen Hintergründen befragt werden, wie ein Polizeisprecher auf Anfrage sagte.
Am Tag nach dem Angriff ist das Entsetzen groß. Die Brandspuren am Tatort sind deutlich zu sehen. Zum Hergang des Anschlags ist nur soviel bekannt, dass Helfer offenbar das Feuer löschten. Öztan Dede, der Besitzer des nahegelegenen Imbisses "Yuppi’s Bistros" erzählt: "Ich war selbst zur Zeit des Geschehens nicht vor Ort. Mein Kollege erzählte mir aber, dass einer der Kunden das Feuer sah. Er schnappte sich den Feuerlöscher und rannte raus. Der Löscher liegt jetzt immer noch dort."
Blumen am Tatort
Am Tatort haben Passanten Blumen zum Gedenken abgelegt, auch Anwohnerin Sarah Tobias ist erschüttert. "Ich habe das erst heute morgen mitbekommen - wie schrecklich." Auf Facebook habe sie gesehen, dass bis Spenden gesammelt werden. "Schlafsäcke, Decken - alles wurde abgebrannt", sagt Tobias. Für den Abend hatte eine Initiative zu einer Mahnwache um 18 Uhr aufgerufen.
Nach Angaben des Treptow-Köpenicker Sozialstadtrats Gernot Klemme (Linke) seien regelmäßig Streetworker am Bahnhof unterwegs. "Die Obdachlosen wollen sich aber nicht von uns unterbringen lassen." Welchen Hintergrund dieser Anschlag haben könnte, darüber möchte er nicht spekulieren, sagte Klemm. Es gebe Beschwerden über Belästigungen am Bahnhof Schöneweide, aber bislang "keine größere Vorkommnisse".
Der Fall erinnert an eine Brandattacke auf einen Obdachlosen am Weihnachtsabend 2016, die deutschlandweit für Schlagzeilen gesorgt hatte. Eine Gruppe Jugendlicher hatte am U-Bahnhof Schönleinstraße im Stadtteil Neukölln versucht, einen schlafenden Mann anzuzünden. Fahrgäste konnten Schlimmeres verhindern, der Obdachlose blieb unverletzt. Knapp ein halbes Jahr später wurde der Haupttäter zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, drei Mittäter erhielten Jugendstrafen von jeweils acht Monaten Haft auf Bewährung.
Mehrere Attacken in der Vergangenheit
Im Januar diesen Jahres hatte ein Unbekannter am U-Bahnhof Yorckstraße in Schöneberg drei Obdachlose attackiert. Er stach laut einer Zeugin ohne ersichtlichen Grund einem der drei Männer mit einem Gegenstand ins Bein. Einem 50 Jahre alten Obdachlosen trat er ins Gesicht. Einem 36-Jährigen schlug er mehrfach mit der Faust ins Gesicht. Anschließend flüchtete der Angreifer mit einem Begleiter.
Im Mai 2017 griffen mehrere Jugendliche einen Obdachlosen an, der auf einer Bank am U-Bahnhof Mehringdamm inKreuzberg saß. Ein Täter trat dem 32-Jährigen mit voller Wucht ins Gesicht und schlug ihn mehrfach. Zwei weitere Täter schlugen den Obdachlosen ebenfalls und traten ihm so stark ins Gesicht, dass er von der Bank fiel. Erst als eine Passantin dazu kam, ließen die Angreifer von ihrem Opfer ab und flüchteten. Wenige Tage nach der Veröffentlichung von Bildern aus einer Überwachungskamera stellten sich drei Tatverdächtige der Polizei.
In Berlin leben nach Schätzungen von Hilfsorganisationen bis zu 8.000 Menschen auf der Straße. Die Zahl der Wohnungslosen wird nach Angaben der Senatssozialverwaltung auf 30.000 bis 50.000 Menschen geschätzt.
Laut Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe hat die Zahl schwerer Gewalttaten gegen Obdachlose in Deutschland seit 2012 leicht zugenommen. Das hänge möglicherweise mit der steigenden Zahl Wohnungsloser zusammen, sagte Geschäftsführerin Werena Rosenke in Berlin. Die Bundesarbeitsgemeinschaft registrierte von 1989 bis Ende 2017 mindestens knapp 240 getötete Obdachlose bei Angriffen durch nicht-wohnungslose Täter sowie rund 850 Fälle schwerer Körperverletzung. Die Zahlen beruhen auf der Auswertung von Medienberichten.
(mit dpa und epd)
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