Seit Montag werden die Wälder kontrolliert: Noch kein flächenmäßiges Absterben der Berliner Bäume
In den Berliner Wäldern hat die Erhebung für den jährlichen Zustandsbericht begonnen. Aber schon jetzt sehen Experten erhebliche Schäden durch die Trockenheit.
Blumenkohlförmig soll sie sein, die ideale Krone einer Eiche: Damit alle Blätter gleichermaßen viel Sonne bekommen können. Elmar Kilz steht mitten im Grunewald. Er hebt sein Fernrohr und schaut hoch in die Eiche vor ihm: „Sehen Sie, dieser Baum hat viel zu viel Totholz in der Krone, da fehlt auch die Blumenkohlstruktur. So einen Blumenkohl würden Sie auf dem Markt nie kaufen.“
Kilz ist Forstamtsleiter für den Grunewald und gleichzeitig Waldschadensbeauftragter. Er koordiniert die Erhebung für den jährlichen Waldzustandsbericht. Seit Montag ist es wieder soweit: An 42 Standpunkten in Berliner Waldgebieten wird bei jeweils 24 Bäume untersucht, ob es ihnen gut oder schlecht geht.
Ausschlaggebend für die Erhebung ist der Zustand der Krone: „Oben ist am wichtigsten, da kommt das Licht her! Da findet die CO2-Bindung statt, und da bekommt der Baum seine Energie. Das ist wichtig für die Holzbildung. Und dafür, dass der Baum Sauerstoff und Feuchtigkeit ausatmen kann.“
Nach dem zweiten Trockensommer in Folge weisen viele Bäume deutliche Schäden auf. Die Kronen sind licht, die Blätter teilweise verschrumpelt, zusammengefaltet oder schon herbstlich gelb; die feine Verästelung fehlt. Einige Eichen lassen die Blätter hängen, weil der Wasserdruck in der Baumkrone fehlt – mit der Folge, dass die Blätter nicht die Sonne bekommen, die sie brauchen, um Fotosynthese zu betreiben. Manche Buchen haben sogar Sonnenbrand: geplatzte Rinde, aus der der Saft austritt. „Ein flächenmäßiges Absterben der Bäume können wir in Berlin momentan aber glücklicherweise nicht beobachten“, so Kilz.
„Gießen können wir nicht“
Die genauen Ergebnisse des Waldzustandsbericht gibt es erst Ende des Jahres. Dass die Trockenheit ein massives Problem darstellt, ist allerdings schon jetzt klar. Viel Handhabe dagegen haben die Förster nicht: „Wir können nur gucken. Gießen können wir nicht, das wäre viel zu viel, und ein Hospiz für den Wald gibt es auch nicht.“
Nur gucken – das heißt, den Waldzustandsbericht erheben. Die Untersuchung der Bäume findet immer im Juli oder August statt, das ist bundesweite Vorschrift: „Während der Vegetationsruhe“, sagt Kilz, „wenn alle Bäume fertig ausgetrieben haben“. In einem Raster von 16 mal 16 Kilometer werden in ganz Deutschland jedes Jahr die gleichen Bäume betrachtet. In Berlin ist das Raster enger, zwei mal zwei Kilometer im Waldbereich, weil sonst nur drei solcher „Waldschadenspunkte“ im Bundesland lägen, die statistische Aussagekraft demnach gering wäre.
Der Berliner Wald dient vor allem der Erholung
„Wir wandern dann in Zweierteams um den Baum und fragen uns: Wie viel Prozent eines Idealbaums ist schon verloren?“ Das Aussehen des Idealbaums kann von Region zu Region variieren, je nach den Vegetationsbedingungen vor Ort. Der märkische Sandboden, auf dem auch die Berliner Bäume stehen, bietet etwa eine dürftigere Ernährung als andere Böden. Vor allem Kiefern können darauf gut wachsen, verschlechtern aber zugleich die Bodenqualität, indem sie der Erde besonders viele Nährstoffe entziehen.
Das ist besonders in Brandenburg ein Problem, wo in den Wäldern viel „geerntet“ wird, also zu wirtschaftlichen Zwecken gefällt. Hierfür sind Monokulturen nötig. In Berlin dagegen dient der Wald nur der Erholung und Frischluftversorgung für die Stadt. Deswegen kann die Stadt es sich leisten, einen lichten Mischwald zu kultivieren, der vielfältiger und dadurch widerstandsfähiger ist.
Momentan liegt der Kiefernanteil auch hier zwar noch bei sechzig Prozent, aber mehr Durchmischung ist angestrebt. Je stärker der Klimawandel voranschreitet, desto wichtiger wird es, dass die Stadt ihren Wald erhält, um für Abkühlung zu sorgen. Denn: „Ohne Berlins Wälder hätten wir jetzt schon ein Stadtklima wie in Houston/Texas.“
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