Neuer Waldzustandsbericht veröffentlicht: Wie geht es dem Berliner Wald?
Die Zahl der kerngesunden Bäume ist zurückgegangen in Berlin. Doch es gibt Hoffnung – und das liegt am furchtbar nassen Sommer.
Das Wetter war wohl zu schön für die Natur: Nach jahrelanger Verbesserung ging es den Berliner Waldbäumen zuletzt wieder etwas schlechter. Vor allem den Laubbäumen haben die trockenheißen Sommer 2015 und 2016 zugesetzt, heißt es im gerade veröffentlichen Waldzustandsbericht. Für den wurden im Sommer knapp 1000 Bäume – seit vielen Jahren dieselben Exemplare – in allen Berliner Forsten begutachtet.
Wie im Jahr davor war rund die Hälfte der Bäume leicht geschädigt. Allerdings sank der Anteil der kerngesunden von 39 auf 34 Prozent, die Quote der deutlich geschädigten stieg von elf auf 15 Prozent. Bewertungskriterium ist, wie stark die Krone verlichtet ist.
Laubbäume reagieren schneller und stärker auf widrige Bedingungen als Nadelgehölze. Deshalb gab es bei den nach wie vor dominierenden Kiefern nur leichte Verschlechterungen, während vor allem die Eichen gelitten haben: Der Anteil der gesunden Exemplare sank von 37 auf 22 Prozent. Bei den Kiefern ging dieser Anteil von 41 auf 37 Prozent zurück. Kiefern machen rund 60 Prozent des Berliner Waldbaumbestandes aus, gefolgt von Eichen mit 21 Prozent. Andere Arten folgen mit deutlichem Abstand.
Die Umweltverwaltung leitet daraus den Arbeitsauftrag ab, die Forsten weiter in Richtung Mischwald umzubauen – mit unterschiedlichen Laubgehölzen, damit Dellen bei den Eichen zu verschmerzen sind. Zwei Millionen Laubbäume sind in den vergangenen Jahren bereits gepflanzt worden. Zwar erweisen sich die Kiefern als relativ zäh, aber ökologisch haben sie Nachteile, weil sie beispielsweise relativ wenig zur Artenvielfalt beitragen und die Austrocknung von Böden befördern, da sie – im Unterschied zu den im Winter kahlen Laubbäumen – das ganze Jahr über Wasser ziehen. Dieser Effekt wurde durch die fast durchweg zu warmen und zu trockenen Monate der vergangenen Jahre noch verstärkt.
Das erst seit dem Sommer extrem regnerische Jahr 2017 dürfte den Bäumen gutgetan haben, sodass die Schadensbilanz im nächsten Jahr wieder besser aussehen mag. Die große Unbekannte auf der anderen Seite der Rechnung ist, wie sehr der Orkan „Xavier“ im Oktober auch die Referenzbäume gerupft hat. Hinzu kommen Unwägbarkeiten wie die Entwicklung von Eichenprozessionsspinner & Co., die dem Wald in mehreren Frühjahren massiv zugesetzt hatten, aber zuletzt wieder weniger aktiv waren.
„Im Prinzipg ist der Berliner Wald in keinem schlechten gesundheitlichen Zustand“, resümiert Umweltsenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne). Ein Blick zurück bestätigt diese Diagnose: Nach einer Erholung in den 1990er-Jahren hatten die Verhältnisse zunächst stagniert – und sich nach dem Jahrhundertsommer 2003 dramatisch verschlechtert. In den Folgejahren war kaum noch ein Laubbaum intakt, und selbst bei den Kiefern sank der Anteil der gesunden Bäume auf sieben Prozent. Doch schon seit 2006 ging es wieder bergauf. Nach Auskunft von Günther wurden allein in diesem Jahr mehr als 110 Hektar Wald mit über 400 000 Bäumen zusätzlich gepflanzt. Ein härteres Los als ihre Artgenossen im Wald haben in aller Regel die Straßenbäume, die von Sturmböen, Hundeurin, verdichtetem Boden und Tausalz geschunden werden. Über die Ende 2012 gestartete Stadtbaumkampagne konnten laut Umweltverwaltung bisher mehr als 7500 Straßenbäume zusätzlich zum regulären Nachschub durch die Bezirksämter gepflanzt werden. Der jahrelange Schwund ist nach Einschätzung des Umweltverbandes BUND allerdings immer noch nicht kompensiert. Stefan Jacobs