Clubs helfen Flüchtlingen: Neue Heimat am Holzmarkt
Die Clubbetreiber vom Kater Blau werden auf dem Gelände am Holzmarkt auch Flüchtlinge aufnehmen. Sie sind nicht die einzigen, die helfen.
Weil keiner tanzt ist es ungewohnt kalt im Kater Blau. Die Gespräche sind politisch und ausnahmsweise mal lauter als die Musik. Man muss kein Stammgast sein, um zu merken, dass an diesem Donnerstagabend etwas anders ist als sonst: Nebenan, auf dem Holzmarkt-Gelände, sollen demnächst Geflüchtete einziehen, auch eine offene Begegnungsstätte ist geplant – darüber wollen die Clubbetreiber an diesem Abend informieren.
„Das ist heute eine sehr schöne Mischung bei den Gästen“, sagt Kater-Türsteherin Lotta. Mit roter Wollmütze und schwarze Mantel steht sie vor dem Club und erklärt den Neuankömmlingen immer wieder das heutige Programm: „Im Kiosk stellen sich verschiedene Initiativen vor, später gibt es noch ein Theaterstück, bei dem Berliner Schauspieler zusammen mit Geflüchteten auf der Bühne stehen.“
Im Anschluss gibt es dann auch noch eine klassische Party. Zehn Euro kostet der Spaß, die Einnahmen gehen als Spende an den Berliner Flüchtlingsrat.
Dort wo am Wochenende sonst durchgefeiert wird, haben jetzt verschiedene Initiativen kleine Stände aufgebaut: Es gibt Flyer, Luftballons und informative Gespräche. Die Veranstaltung mit dem Motto „Weltlinge wir“ will Unterstützer, Geflüchtete und Partygänger miteinander vernetzten – und das klappt gut, findet Nora Brezger vom Flüchtlingsrat Berlin: „Wir knüpfen hier viele neue Kontakte mit Menschen, die unsere Arbeit bisher noch nicht kannten.“
Auch Ammar Hazim ist begeistert – nicht nur von der Party, vielmehr von allem, was er gerade erlebt. Er sitzt ein kleines Stückchen weiter, in einer hellbeleuchteten Ecke und zeichnet konzentriert auf einem kleinen Blatt. Er ist Künstler und erst vor wenigen Monaten aus dem Irak nach Berlin gekommen, dort hatte er an einer Kunsthochschule studiert. Seine Zeit in der Notunterkunft in Friedrichshain verbringt der 26-Jährige jetzt oft damit an seinen Werken zu arbeiten. „Berlin ist eine wunderbare Stadt“, schwärmt er auf englisch, gerade für Künstler. Er möchte unbedingt für immer hier bleiben.
Die Betreiber vom Kater Blau können aber nicht nur Partys veranstalten: Nach langem Hin und Her gelang es ihnen, mit Hilfe einer eigens gegründeten Genossenschaft, dass benachbarte Spree-Grundstück zu kaufen.
Seit 2013 wurde das Projekt nach ihren Vorstellungen entwickelt – geplant sind unter anderem Wohnungen, Ateliers und ein Kindergarten. „Eine Begegnungsstätte für Jung und Alt, einfach für alle“, fasst Brezger vom Flüchtlingsrat das Projekt zusammen.
Auch Geflüchtete sollen hier leben – und das nicht erst, wenn das neue Stadtquartier fertig ist: Ein ehemaliges Bürogebäude ist bereits jetzt als Unterkunft umgebaut, elf Menschen könnten hier bald leben. „Einen Träger, der die Organisation übernehmen will, haben wir auch schon“ sagt Brezger, man warte lediglich auf die Genehmigung vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso).
Dabei ist der Kater natürlich nicht der einzige Club in Berlin der Geflüchtete Unterstützt: Auch das Watergate und viele kleinere Clubs haben schon Soli-Partys organisiert und engagieren sich auf unterschiedlichste Art.
Relativ unkompliziert hilft die Aktion „Plus1 – Refugees Welcome“, an der sich zahlreiche Clubs und Konzertveranstalter beteiligen. „Die Idee ist es, dass jeder der bei einem Konzert oder beim Clubbesuch auf der Gästeliste steht und dadurch kostenlos reinkommt, einen Euro spendet,“ erklärt Plus1-Sprecherin Verena Nägel. Ziemlich einfach – und ziemlich erfolgreich: 24 000 Euro sind auf diese Weise im vergangenen Jahr zusammen gekommen – das Geld ging jeweils zu einem Drittel an „Moabit hilft“, die Brandenburger Organisation „Seawatch“ und an den Flüchtlingsrat Berlin.
Die Luft im Kater Blau hat inzwischen wieder Betriebstemperatur erreicht: Das Theaterstück ist zu Ende und auf dem „Heinz-Hopper“-Floor spielt der erste DJ. „Das geht hier ja ab wie bei einer türkischen Hochzeit“ ruft eine junge Frau mit dunklen Locken und rennt begeistert auf die immer voller werden Tanzfläche.
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