Neues Hüttendorf auf Bar-25-Gelände: Räume schaffen, wo sie niemand erwartet
Bar 25, Kater Holzig, das waren gelebte Utopien: Aus diesem Geist soll ein kühnes Quartier entstehen. Die nun vorgestellten Pläne zeigen unter anderem Hochhäuser aus Holz - und eine Menge Utopie.
Totgesagt hatte man das bunte Kollektiv um Juval Diezinger schon bei der Schließung der Bar 25 – und die Pläne für die Eröffnung eines Restaurants in der Ruine auf dem anderen Spreeufer für verrückt erklärt. Die Geschichte des „Katzenschmaus“ widerlegte die Zweifler. Als die bunte Truppe dann noch Szene und Politik mobilisierte und sich so mit Plänen für ein Hüttendorf mit „Mörchenpark“ auf dem zum Verkauf stehenden früheren Bar-25-Areal durchsetzte, war klar: mit denen muss man rechnen. Das zeigen die nun vorgestellten Baupläne für den Westteil des Areals, den die Bahntrasse vom Spreeufer trennt.
Allein schon das Bündnis der in Stilfragen eigentlich unvereinbaren Baumeister Jan Kleihues und Graftlab lässt aufmerken: der eher rationale, architektonisch maßvolle, zurückhaltende Kleihues mit dem technikaffinen, auf die Vernetzung von Nachhaltigkeit und Design zielenden Baumeister Graft – geht das zusammen? „Das ging, weil wir uns persönlich sehr gut verstehen“, sagt Jan Kleihues. Und Graft-Mann Wolfram Putz, eigentlich ein Widersacher in der Debatte über die richtige Architektur für Berlin, äußert sich ähnlich: Es gebe einen „guten Draht über die Schützengräben hinweg“. Nun zahlt sich das ungleiche Bündnis aus.
Denn erschaffen haben sie in zahllosen Begegnungen, an denen immer auch die Mannen vom „Holzmarkt“ und deren Finanzgruppe „Genossenschaft für urbane Kreativität“ teilnahmen, eine bauliche Utopie, die wie kaum eine andere Platz für Begegnungen schafft. Allein der Gedanke, fünf Hochhäuser durch einen „Bergpfad“ zu verbinden, der sich über verschiedene Stockwerke hinaufwindet bis aufs Dach, wo auf 2000 Quadratmetern Gemüse wachsen und Fische als Düngerlieferanten gezüchtet werden sollen.
"Baurechtlich ist das alles möglich"
Utopische Züge hat auch der Plan, die fünf Hochhäuser aus Holz zu bauen. Wolfram Putz zufolge gibt es ein gutes Dutzend solcher Projekte – „gebaut ist aber noch keins“. Baurechtlich sei das alles möglich, versichern beide Baumeister, die sich auch in der Summe der Bruttogeschossfläche an Vorgaben des Bezirks hielten. Aber auch hier „haben wir die Massen luftiger arrangiert als im Plan“, sagt Putz.
Gegen städtebauliche Grundsätze müssen sie dabei nicht verstoßen. Jan Kleihues betont, wie genau sich die Gebäude an ihrem Umfeld orientieren: Das Turm- Ensemble greift das Bild und die Höhe des benachbarten BVG-Hochhaus-Trios auf. Der Sockel des Neubaus passt sich der Höhe des davor am Spreeufer gelegenen Bahn-Viadukts an. Türme plus halbhohes Sockelgeschoss – das ist luftiger als ein lang gezogener monotoner Block, der hier sofort eine Baugenehmigung bekäme.
Und es schafft Räume, wo niemand sie erwartet: Um die 20 Meter über dem Bürgersteig, zwischen den Türmen, entsteht ein Marktplatz. Schutz vor Wind und Regen bietet eine filigrane Glaskonstruktion, die ein beteiligter Bauingenieur anregte, in einer der vielen „basisdemokratischen“ Planungsrunden. Hier werden die Nutzer der geplanten Studentenwohnungen sich begegnen mit Start-up-Gründern, so der Gedanke, „ähnlich wie im Lesesaal einer Bibliothek, nur nicht ganz so leise“, sagt Putz. Die Genossen sind offenkundig zufrieden mit den Plänen: Bei einer Präsentation am Freitagnachmittag am Spreeufer bekamen die Architekten viel Beifall für ihre Präsentation. Wobei ein Vertreter der Genossenschaft vorsorglich hinzufügte, es sei „ganz wichtig, dass es sich hier um Ideen handelt“. Im Klartext: Es ist vielleicht zu schön, oder schlicht zu teuer, um wahr zu werden.
Etagen sollen nach Belieben umgebaut werden können
Weil bei den Barflyern und Kater-Gängern immer schon alles im Fluss war und auch bleiben soll, wird auch das Gebäudeensemble diesem Prinzip gehorchen: Nach Belieben von Mietern oder Eigentümern sollen die Etagen umgebaut und verändert werden können. Dazu haben die Architekten „Module“ entwickelt, 3 bis 15 Stück pro Etage. So will man dem „Reflex widerstehen, das Normale zu machen“, sagt Putz.
Ein Kollektiv hat sein Traumhaus entworfen – und wird das, nach der Präsentation im Beisein des euphorischen Justizsenators Thomas Heilmann („Es dient dem Staat, wenn man da helfen kann.“) , nun der Realität von Behörden und Bestimmungen aussetzen. Es bleibt spannend.
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