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Wir wollen die Spiele? Der Nabu jedenfalls nicht.
© dpa

Berlin-Bewerbung 2024 und 2028: Naturschützer: Olympia gefährdet Vögel und Käfer

Auf dem Flugfeld Tegel ist nicht nur das Olympische Dorf geplant, sondern auch der Bau temporärer Sportstätten. Der Nabu warnt nun vor Schäden für Vögel und Käfer.

Anja Sorges tippt energisch mit den Fingern auf die Seite 58. Sie hat die Broschüre „Zukunftsraum Flughafen Tegel“ aufgeschlagen, zu sehen ist eine Karte des Flughafens. Abfertigungsgebäude, geplante Industriegebiete, Grünflächen. Eine Übersicht, wie Tegel mal aussehen soll, wenn der letzte Flieger abgehoben hat. Die ganze Broschüre dreht sich darum, wie das Gelände nachgenutzt werden kann. Untertitel: „Masterplan TXL“.

Anhand der Seite 58 kann die Diplom-Forstwirtin Sorges einprägsam beschreiben, weshalb Olympische Spiele in Berlin eine ganz schlechte Idee sind, jedenfalls aus Sicht des Naturschutzes. Den vertritt die 40-Jährige als Geschäftsführerin des Berliner Verbands des Naturschutzbundes (Nabu). Jetzt sitzt sie in ihrem Büro in der Geschäftsstelle.

Auf der Karte in der Broschüre liegt zwischen dem Abfertigungsgebäude der Regierungsflieger und geplanten Industriegebäuden eine Art grüner Korridor. In der Realität ist es eine Wiese, und die ist für den Naturschutz wichtig. Wegen Olympia aber ist sie nun massiv bedroht, sagt Sorges. Denn hier würde eine temporäre Sportstätte entstehen.

Diese Wiese, sagt Anja Sorges, „ist für die angrenzenden Stadtgebiete von großer Bedeutung“. Denn Tegel sei eine Kaltluftschneise. In Berlin herrschten vorwiegend Westwinde, und „durch dieses Einfallstor wehen die Westwinde dann in die Stadt, sorgen damit für Luftaustausch und verbessern das Klima.“

Als der Masterplan Tegel von Ökologen und Ökonomen zwischen 2008 und 2013 ausgearbeitet wurde, war von einer Olympiabewerbung noch keine Rede. Die Ökologen bestanden darauf, dass die Wiese nicht zugebaut wird, die Ökonomen stimmten zu.

Sportstätte wäre nur temporär - wo also ist das Problem?

Aber die Wiese bleibt ja, die Sportstätte wäre nur temporär, wo also ist das Problem? Anja Sorges seufzt, sie kennt diese Fragestellung. Das Problem, sagt sie, „ist der Zustand des Rasens nach den Olympischen Spielen. Die Qualität wird sich erheblich verschlechtern.“

Normalbürger sehen nur ein Stück langweilige Wiese, Anja Sorges aber sieht dort „jetzt schon ein extrem großes Artenaufkommen“. Zum Beispiel lebt dort eine sehr große Kolonie Feldlerchen. So viele dieser Vögel gibt es berlinweit sonst nur noch auf dem Tempelhofer Feld. „ Außerdem findet man in dieser Schneise eines der größten Vorkommen in Berlin an Stechimmen – also Hautflügler -, Falter und Laufkäfer.“

Es sei auch, sagt Sorges, ein Irrtum zu glauben, dass sich der Boden regeneriere, wenn dort zwei Wochen lang eine Sportstätte gestanden hat. Der Boden habe danach eine andere, erheblich schlechtere Qualität. „Die Bruträume für verschiedene Bodenbrüter sind dann weg. Und die Vögel natürlich auch.“ Zudem lebten dort viele Käferarten, „die nicht mobil sind“. Die könnten, anders als die Vögel, nicht fliehen. So ein Gebiet könne man nur mit viel Aufwand renaturieren. „Vielleicht erleben dann unsere Urenkel mal, wie der Boden früher ausgesehen hat. Der bisherige Naturhaushalt jedenfalls würde komplett über den Deister gehen.“

Aber der Nabu ist nicht nur um den Korridor besorgt. Einige Tierarten, die dort leben, haben einen großen Bewegungsradius und bevölkern zeitweise auch das benachbarte Areal, das an den Flughafensee grenzt. „Dieses Gebiet ist von seiner Qualität her sogar Naturschutzgebiet“, sagt Anja Sorges. Dieses Gebiet soll laut Olympiakonzept zwar nicht angerührt werden, aber Sorges ist misstrauisch. „2013 hatten wir auch nicht gedacht, dass ein Jahr später die ausgearbeiteten Pläne über den Haufen geworfen würden.“ Der Bereich am Flughafensee ist im Flächennutzungsplan zwar als Naturschutzgebiet gekennzeichnet, aber das Verfahren, mit dem dieser Bereich unter Schutz gestellt werden soll, hat noch nicht begonnen.

Auch das Tempelhofer Feld ist für den Nabu ein kritikwürdiges Thema. „Dort haben wir große Befürchtungen.“ Im Olympia-Konzept sind zwar nur die Hangars und das Vorfeld als Sportstätten eingeplant, aber Anja Sorges winkt ab. „Es ist eine Illusion zu glauben, dass das Internationale Olympische Komitee sich nicht noch etwas überlegt und die grünen Freiflächen nicht verplant werden“, sagt sie. Im Moment gebe es keine Gewähr, „dass nicht doch Gebäude oder Anlagen hochgezogen werden, zumindest temporär“. Sollte dies geschehen, „dann wäre das aus ökologischer Sicht eine Katastrophe“.

Aus Sicht des Nabu sind die Planungen „sehr, sehr vage“. Deshalb sei der Verband ja auch so vorsichtig, sagt die Geschäftsführerin. Sie kann es auch anders ausdrücken: „Wir befürchten, dass wir von einer Situation überrollt werden, die wir als Naturschützer nicht mehr in den Griff bekommen.“

Lesen Sie mehr über die Pläne für das Olympische Dorf auf dem Flugplatz Tegel unter diesem Tagesspiegel-Link. Auch außerhalb Berlins sollen die Spiele stattfinden. Die große Übersicht - von Wolfsburg bis zur Ostsee - finden Sie unter diesem Tagesspiegel-Link.nden. Die große Übersicht finden Sie unter diesem Tagesspiegel-Link.

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