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Ein Olympiastadion hat Berlin immerhin schon.
© dpa

Bewerbung für 2024/2028: Berlin ist voller olympischer Orte

48 Seiten Olympia, 48 Seiten voller Ideen: Das Konzept der Stadt ist gar nicht langweilig. Wer darin blättert, stolpert über einige absurde Orte, an denen die Spiele stattfinden könnten - und einige richtig gute. Ein Stadtspaziergang durchs sportliche Berlin.

Die Gedankenspiele sind eröffnet: „Die ganze Welt in unserer Stadt“ – dieser Slogan steht fett auf der 48-seitigen Bewerbungsmappe, mit der sich Berlin um die Olympischen Spiele 2024 oder 2028 bewerben möchte. Entschieden ist noch lange nichts, so betonen darin die Macher. Vielmehr seien all die Konzepte, Ideen, ja, auch Träume („Tausende öffnen im Rahmen eines Housing-Programms ihre Wohnungen für die Gäste aus aller Welt“) Diskussionsgrundlagen für die Olympiadebatte in den kommenden Monaten. Viele Orte, an denen Olympia ausgetragen werden könnte, haben einen speziellen Charme. Viele sind ziemlich überraschend, andere clever, so mancher ist auch absurd. Lust auf einen Stadtspaziergang zu den Olympiaorten, mit denen Berlin plant? Na dann: los!

LIVE VOM WANNSEE

Natürlich findet Olympia im Olympiastadion statt: Eröffnung, Leichtathletik, Abschlussfeier mit allem Pipapo. Nicht wirklich überraschend. Aber an welche Orte denken die Planer bei der Disziplin „Freischwimmen“? Ans gute, alte Strandbad Wannsee, das so endlich einmal grundlegend saniert werden könnte. Oder an die Spree. Darin zu schwimmen ist ja in der Innenstadt nicht wirklich ein Vergnügen, dafür schippern hier viel zu viele Ausflugsdampfer herum. Doch bei den Olympischen Spielen soll das Wasser so sauber sein – und konkrete Pläne dafür gibt’s ja bekanntlich vor dem Lustgarten – , dass dort die Freiwasserschwimmer vor 2500 Zuschauern unterwegs sein könnten.

QUERFELDEIN DURCH LÜBARS

Vor einigen Wochen feierten hier im wunderschönen und idyllischen Norden der Stadt Schlagerfans eine Riesensause. Am Sonntag kommt die SPD hier zum Sommerfest zusammen, zwischen Pferden und Ausflugslokalen. Bei Olympia 2024 sollen hier 2000 Zuschauer die Mountainbiker auf dem 3,8 Kilometer langen Kurs anfeuern. Entstanden ist der Park mit dem 85 Meter hohen Hügel neben dem Märkischen Viertel Anfang der neunziger Jahre. Nicht wirklich optimal ist die Anreise mit dem BVG-Bus – aber vielleicht kommen ja nicht nur die Sportler mit dem Fahrrad …

BAU AB, BAU AUF IM SPORTFORUM

Hier in Hohenschönhausen spielte der DDR-Rekordmeister BFC Dynamo im Europapokal gegen den großen FC Liverpool, hier saßen die Stasi-Granden auf der Haupttribüne (die übrigens ein so kleines Dach hat, dass Erich Mielke angeblich nass wurde). Hier liegt so viel brach. Bei Olympia 2024 sollen keine Fußballer auf dem Rasen des Stadions stehen, sondern die Sportler beim Bogenschießen. „Ein Teil der 4000 neuen Sitzplätze im Stadion soll nach den Spielen erhalten bleiben“, heißt es im Olympiakonzept.

Blicken wir in die Nachbarschaft, für die es noch mehr Ideen gibt: Die alte DDR-Sporthalle soll einem Neubau für das Handballturnier weichen („Kapazität; 10 000 Zuschauer“ – später dann: 6000). Freuen würde es nicht nur die Athleten, die hier schon heute im Olympia-Stützpunkt Hohenschönhausen trainieren, sondern auch die vielen Nachwuchssportler von Klubs aus allen Stadtteilen – von Weißensee bis Charlottenburg.

EISERN OLYMPIA!

Hier draußen in Köpenick sollen irgendwann mal Regionalexpress-Züge am Bahnhof halten, dann wäre das Olympia-Quartier noch schneller aus der Innenstadt zu erreichen. Im krachend-lauten Stadion des 1. FC Union (die schicke Vip-Tribüne wurde 2013 eröffnet) könnten Vorrundenspiele im Fußball ausgetragen werden, schreiben die Planer der Olympiastudie. Bis dahin sollte es dann auch sicherlich eine gute Beleuchtung im Wald geben.

Neben der „Alten Försterei“, so heißt ja das Stadion in der Wuhlheide, befindet sich der Mellowpark. Den kannten bis vor einigen Jahren nur Hipster und coole BMX-Fahrer, jetzt gehört er plötzlich zur Olympiabewerbung der Stadt („Ein Teil der 5000 Sitzplätze soll nach Olympia erhalten bleiben“). Und auch nicht so weit weg ist ja die Trabrennbahn Karlshorst, wo dann die Pferde ihre Runden drehen – das alte Reiterstadion am Olympiastadion ist zwar hübsch, aber eher ein Fall fürs Geschichtsbuch.

PING, PONG IM MESSEGELÄNDE

Zurück in die Innenstadt, zurück aufs Messegelände. Ob bei den Olympischen Spielen 2024 wohl das ICC noch steht? Vielleicht hat bis dahin jemand ein Konzept gefunden, vielleicht taucht ja das silberne Raumschiff auch irgendwann als Olympiastätte auf. In der Bewerbung heißt es: Auf dem Messegelände – gut erschlossen durch S-, U- und Autobahn – soll das gewaltige Medienzentrum entstehen. So war’s auch schon für die Olympischen Spiele 2000 geplant.

Und in Halle 25 (das ist der denkmalgeschützte Bau an der Jafféstraße) sollen Judo und Ringen stattfinden vor 8000 Zuschauern auf temporären Tribünen – und nebenan Tischtennis vor 5000 Fans: im „City Cube“, diesem 80-Millionen-Euro-Neubau anstelle der Deutschlandhalle, die ja in die Luft gesprengt worden ist. Dort fanden bei Olympia 1936 auch Sportwettkämpfe statt.

HOCKEY BEI HERTHA IM OLYMPIAPARK

Bleiben wir hier im Kiez, bleiben wir kurz in Westend. Gefühlt ist hier tagsüber nichts los. Vieles liegt brach, vieles ist marode, dabei tummeln sich hier jeden Tag tausende Sportler, nicht nur die von Hertha BSC. Investitionsbedarf: mehr als 80 Millionen Euro. Im Olympiapark müsste das Olympiabad für die Wasserballer ausgebaut werden (über ansprechende Sanitäranlagen freut sich sicherlich hinterher auch so mancher Badegast im Alltagsbetrieb).

Und einige Meter weiter sollen die Bauarbeiter mit ihren Kellen anrücken am Hockeystadion, das zwischen Olympiastadion und dem U-Bahnhof liegt: In den 80ern zuletzt saniert, soll die temporäre Kapazität bei 10 000 Zuschauern liegen. Nebenan sei ohnehin ein zweites Feld samt Zuschauertribünen geplant.

Und sonst? Auch Brandenburg ist dabei - und vielleicht sogar Niedersachsen!

Auch das Steffi-Graf-Stadion könnte profitieren

MATCHBALL AN DER HUNDEKEHLE

Dass hier einmal Serena Williams gespielt hat, Justine Henin – und natürlich Steffi Graf, Namensgeberin des Stadions an der Hundekehle, kann sich heute kaum jemand mehr vorstellen. Das Tennisstadion, einst in der Boomzeit für 20 Millionen Mark auf 7000 Plätze erweitert, rottet auf der Anlage des LTTC Rot-Weiß seit 2008 vor sich hin – seit die German Open die Stadt verließen. Speedminton-WM, Internationale Jugendmeisterschaften – damit bekommt man dieses so schöne Stadion am See nicht gefüllt.

Den LTTC kostet das jährlich rund 100 000 Euro Unterhalt – auch wenn die Zusatztribünen eingefahren sind. Ein Abriss würde allerdings mehrere Millionen kosten, schätzt der Verein. Zuletzt haben sich Steffi Graf und Michael Stich, heute Turnierdirektor am Hamburger Rothenbaum, für eine Wiederbelebung des Turniers eingesetzt, Ausgang offen – auch wegen der Finanzen. Diesem Dilemma könnten die Olympischen Spiele ein Ende setzen. Zumindest als Alternativstandort neben dem Flughafen Tempelhof taucht die Anlage an der Hundekehle in der Bewerbung auf – was den Vorteil der Nähe zum Medienzentrum am Messegelände hätte. Und beim LTTC gibt es noch einige, die sich auskennen mit Spitzentennis.

SIBIRISCHER EUROPAPARK

2020 sollen hier in Prenzlauer Berg im Velodrom ohnehin Europa- und Weltmeisterschaften im Radrennen ausgetragen werden, schreiben die Olympiaplaner in ihrem Konzept. Na, dann halten die Tribünen auch noch vier weitere Jahre, nicht wahr? Erbaut wurden die Hallen hier im Rahmen der Olympiabewerbung 2000 – die Bahn ist aus „sibirischer Fichte“, betonen die Macher in ihrer Bewerbungsbroschüre, was wohl so viel heißen soll wie: hochwertig, hält was aus.

Nicht weit entfernt befinden sich die Olympiasportplätze im Sportforum, der S-Bahnhof Landsberger Allee – und natürlich nebenan die Schwimm- und Sprunghalle. Durch den Einbau von temporären Tribünen werde die benötigte Kapazität erreicht, schreiben die Macher. Nur: Die Bauten wurden Mitte der neunziger Jahre eröffnet und wären bei den Olympischen Spielen 2024 nicht wirklich taufrisch.

MAX-SCHMELING-TURNHALLE

Auch sie wurde 1996 eröffnet, dürfte knapp 30 Jahre später eine Renovierung nötig haben. Hier sollen die Basketballspiele in der Vorrunde stattfinden, die Finalrunde dann in der großen O2-World am Ostbahnhof. Und Trampolin. Und Geräteturnen. Und was ist mit Eishockey? Schließlich spielen hier ja die Eisbären im Friedrichshainer Alltag. Nun, es sind Sommerspiele – und da konzentrieren sich die Olympioniken doch eher aufs Feldhockey (siehe Westend).

ZIELE IN DER CITY

Im Jahnsportpark neben dem Mauerpark ist viel zu Olympia geplant, der Umbau soll sowieso bald beginnen. Neben dem Olympischen Dorf in Tegel befindet sich die Julius-Leber-Kaserne der Bundeswehr – dort könnten Schießwettbewerbe stattfinden. Etwas weniger absurd geht’s zentraler zu: Marathon gehört längst zur Innenstadtfolklore („Die Straße des 17. Juni wird aufgrund einer Laufveranstaltung …“), das wäre Routine für Berlins Autofahrer.

Und auch die eigentlich für Ballsportler gesperrte Wiese vor dem Reichstag taucht in den Olympiaplänen auf – für Springreiten. Und Beachvolleyball. Und Blindenfußball. Letztere hübsche Idee ist übrigens geklaut: So ein Turnier vor beeindruckender Kulisse fand schon einmal 2010 dort statt. Aber gute Ideen darf man kopieren, oder?

UND DIE SIEGEREHRUNGEN?

Die finden bei Olympischen Spielen nicht nur im Olympiastadion statt, sondern auf einer ganz speziellen „Medal Plaza“ – so der offizielle Name laut Olympiabroschüre. Und der ist auf dem Pariser Platz geplant. Der lässt sich schließlich gut abschirmen, ist weltbekannt – nicht erst durch die Marathonveranstaltungen. Und bei der Fußball-WM 2006 stand hier der große Kulturglobus. Das ist auch schon wieder acht Jahre her.

Und sonst? Auch Brandenburg ist dabei - und vielleicht sogar Niedersachsen!

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