Alternative Sperenberg: Müller sieht BER-Standort als „Geburtsfehler“
Der Regierende Bürgermeister erklärt im Magazin Focus, warum der ehemalige Militärflugplatz südlich von Berlin die bessere Wahl gewesen wäre als Schönefeld. Die Entscheidung ist allerdings 20 Jahre her. Spätere Geburtsfehler erwähnt er nicht.
Historischen Entscheidungen hinterherzutrauern, hilft in der Gegenwart kaum weiter. Das weiß auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), und doch kann er sich einen Verweis auf einen Alternativ-Flughafen in Sperenberg nicht verkneifen. Im Magazin Focus bezeichnet er die Entscheidung gegen Sperenberg sogar als „Geburtsfehler“ des BER. Auf dem ehemaligen sowjetischen Militärflughafen 50 Kilometer südlich von Berlin hätte man „viele Genehmigungs- und Lärmschutzprobleme nicht gehabt“. Sagt’s und ruft sich sogleich zur Ordnung: „Aber es ist müßig, jetzt zurückzuschauen.“
Erst vor kurzem war Müller dem gleichen Impuls erlegen. Hätte man den Flughafen, wie vor 1995 geplant, in Sperenberg gebaut, wäre er längst in Betrieb, sagte er bei der Stiftung „Hauptstadt Berlin“. Müller scheint die Schmach, das Großprojekt BER nicht gewuppt zu kriegen, genauso in den Knochen zu stecken wie seinem Vorgänger Klaus Wowereit. Das Technikversagen war eine „Katastrophe“, erklärt er in dem Interview.
Die Sperenberg-Wehmut, die viele Politiker befallen hat, bezieht sich auf einen vertraulichen Vermerk zwischen den damaligen Regierungschefs Manfred Stolpe (SPD) in Brandenburg und Eberhard Diepgen (CDU) in Berlin. Beide hatten sich auf Sperenberg geeinigt, doch mit der geplatzten Fusion der beiden Länder setzte die Berliner CDU im Schulterschluss mit dem Bund Schönefeld durch. Diesen Kompromiss trug schließlich auch die Berliner SPD mit, als sie 2001 an die Macht kam.
Es gibt andere Geburtsfehler des BER
Für die späteren Entscheidungen des Aufsichtsrats, den BER ohne Generalunternehmer zu bauen und das Planungsteam von Pg-BBI nach der gescheiterten Eröffnung 2012 zu kündigen, war Klaus Wowereit mitverantwortlich. Im BER-Untersuchungsausschuss kam heraus, dass vor allem diese Entscheidungen zu den Geburtsfehlern des BER gehören.
Müller will das Großprojekt BER 2017 als Regierender eröffnen, dazu muss er 2016 erstmal wiedergewählt werden. Wann er, wie angekündigt, den Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft verlässt, ist weiterhin unklar. Das Gremium soll mit mehr Fachleuten besetzt werden, um die Geschäftsführung besser kontrollieren zu können.
Der neue Flughafenchef Karsten Mühlenfeld passt vom Charakter her besser zu Müller als Mehdorn. Er tritt ruhig und überlegt auf – und bescheidener. Er verdient 500.000 Euro im Jahr, Mehdorn brachte es mit Zulagen auf 750.000 Euro. Mit der Alternative Sperenberg liebäugelte Mehdorn nicht, eher mit einer Offenhaltung von Tegel.
Thomas Loy