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Seit etliche Tagebaue dicht sind und das Wasser wieder ansteigt, geraten Schwefelsalze und Eisenocker in die Spree. Hier nimmt ein Umweltschützer eine Probe bei Egsdorf.
© Matthias Balk/dpa

Sulfat und Eisen in der Spree: Mühe mit der braunen Brühe

Die Rettung der Spree kommt langsam voran, doch die Schäden durch Braunkohle-Tagebau sind enorm.

Die durch Hinterlassenschaften des Bergbaus belastete Spree ist etwas sauberer geworden. Von Entwarnung kann aber noch keine Rede sein.

Der schon im vorletzten Jahrhundert begonnene Abbau von Braunkohle in der Lausitz hat immer noch massive Folgen: So plagt die Kahnfährleute, die in diesen Tagen die Saison im Spreewald eröffnen, die Angst, dass das schmutzigbraune Fließgewässer ihre Gäste vertreiben könnte. Die Einwohner von Berlin und Frankfurt (Oder) wiederum fürchten, dass ihr Trinkwasser zu viel gesundheitsschädigendes Sulfat aus der Spree enthält.

Gefahr für Pflanzen, Tiere und Menschen

Die Sorgen sind durchaus begründet. Schon vor etwa zehn Jahren schlugen Umweltschützer, Hoteliers und Angler Alarm, weil die Spree immer schlammiger und brauner wurde. Der Grund sind vor allem Schwefelsalze (Sulfate) und Eisenhydroxid, sogenanntes Eisenocker.

Beide Stoffe bildeten sich aus den im Lausitzer Boden vorkommenden Eisensulfiden, als diese mit Luftsauerstoff in Kontakt kamen und verwitterten. Denn um zu verhindern, dass sich die Tagebaugruben mit Wasser füllten, wurde das Grundwasser in den Fördergebieten Jahrzehnte lang abgesenkt.

Nach der Schließung und Flutung vieler Tagebaue steigt es nun allerdings wieder an. Und zusammen mit starken Niederschlägen gelangen so immer mehr Eisen und Sulfat in Flüsse und Seen. Auch der noch aktive Kohleabbau trägt dazu bei. Die Gewässer werden trüb, schlammig und sauer, was vor allem Fische und andere Tiere, aber auch Pflanzen schädigt.

Für den Menschen ist die Sulfatbelastung gefährlich, weil sie die Qualität des Trinkwassers verschlechtert und unter anderem Durchfall hervorrufen kann. Nachdem das Aktionsbündnis „Klare Spree“, aber auch die von der drohenden Trinkwasserbelastung besonders betroffenen Städte Berlin und Frankfurt (Oder) Druck gemacht hatten, begannen die Länder Sachsen und Brandenburg beziehungsweise die von ihnen und dem Bund zur Sanierung gegründete Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft (LMBV) vor einigen Jahren endlich mit Gegenmaßnahmen. So wurden der Schlamm beräumt, Grubenwasserreinigungsanlagen in Betrieb genommen, Filter und Brunnen eingesetzt oder sogenannte Inlakebehandlungen mit Kalkhydrat vorgenommen.

Die Suche nach "realistisch erreichbaren" Grenzwerten

Dabei sind durchaus Erfolge zu verzeichnen, wie Eckehard Scholz, der Technik-Chef der LMBV, kürzlich im Braunkohleausschuss des Landes Brandenburg berichtete. So sei im zwischen Luckau und Calau gelegenen Schlabendorfer See der Eisengehalt durch die Bekalkung stabilisiert worden: auf einem Wert von etwa einem Milligramm Eisenhydroxid pro Liter. Das Wasser färbt sich erst ab etwa zwei bis drei Milligramm Eisenhydroxid pro Liter braun, so Scholz. In die Spree gelangten im Jahr 2013 noch fast 3000 Kilogramm Eisen pro Tag, im vergangenen Jahr waren es nur noch etwa 570 Kilo.

Auch die Sulfatbelastung der Spree hat sich laut Scholz deutlich verbessert. In den sächsischen Speicherbecken konnte man sie seit 2014 etwa halbieren, an der Messstelle in Spremberg sei 2017 ein Mittelwert von 349 Milligramm Sulfat pro Liter registriert worden. 2015 waren es noch 429 Milligramm.

Unbedenklich ist das aber noch lange nicht. Deshalb will Brandenburgs Umweltministerium zum einen bis Ende 2019 ein Strategiepapier vorlegen, in dem geklärt werden soll, was alles noch getan werden kann, um die Situation weiter zu verbessern.Zum anderen sollen noch in diesem Jahr „realistisch erreichbare" Grenzwerte für Eisen und Sulfat in der Spree erlassen werden.

Was realistisch erreichbare Werte sind, wurde von den Mitgliedern des Braunkohleausschusses schließlich mit „technisch machbar und bezahlbar“ definiert. Man will sich aber unter anderem an entsprechenden EU-Werten orientieren. Bei Eisenhydroxid wäre das ein Wert von etwa knapp unter zwei Milligramm pro Liter Spreewasser.

Bei Sulfat ist es schwieriger. Die Wasserwerke im Berliner Ortsteil Friedrichshagen am Müggelsee und Briesen bei Frankfurt nutzen nämlich auch das Spree- beziehungsweise Oberflächenwasser für die Trinkwasseraufbereitung. Sie müssen, wie berichtet, bei einer Überschreitung des Grenzwerts für Trinkwasser von 250 Milligramm je Liter aufwändigere Aufbereitungsvarianten wählen.

Sowohl Bund und Länder, die für das Eisenhydroxid und Sulfat aus den inzwischen stillgelegten Tagebauen zuständig sind, als auch der Kohlekonzern Lausitz Energie Bergbau und Kraftwerke AG (Leag), der gegenwärtig noch Tagebaue betreibt, haben allerdings zugesichert, sich an den Mehrkosten zu beteiligen. Das versichert Kurt Augustin, der zuständige Abteilungsleiter für Wasser und Bodenschutz im Potsdamer Umweltministerium.

"Kein Grund zur Panik"

Augustin weist zugleich die Kritik der Brandenburger Grünen zurück, denen das alles zu langsam geht. Um ein wirksames und nachhaltiges Konzept zu erarbeiten, müssten eine Vielzahl von Daten bewertet und ausgewertet werden, sagte er dem Tagesspiegel. „So etwas kann man nicht von heute auf morgen machen, gerade wenn man das Problem sehr ernst nimmt.“ Für Panikmache bestehe kein Grund, meint Kurt Augustin: „Fakt ist, dass sowohl in Berlin als auch in Frankfurt (Oder) der zulässige Grenzwert von 250 Milligramm Sulfat je Liter im Trinkwasser noch nie überschritten wurde.“

Dann wäre es auch zu spät, sagt René Schuster von der Grünen Liga: „Den Wasserbetrieben drohen Mehrkosten für die Aufbereitung in Millionenhöhe. Nicht umsonst wehren sie sich gegen die Flutung des Tagebaus Cottbus-Nord, aus dem der sogenannte Ostsee entstehen soll, was die Lage weiter verschärfen könnte.“

Es sei unfair, die Kosten am Ende immer auf die Steuerzahler umzulegen, argumentieren Kritiker, unter anderem vom Aktionsbündnis „Klare Spree“, während die Gewinne zuvor die Energiekonzerne eingestrichen hätten. Den Preis für die Kohle zahlten schließlich immer die Bürger.

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