Umweltschäden: Die Spree ertrinkt im Eisen
Eine bislang geheime "Eisenstudie" zeigt: Dem Spreewald droht eine rostrote Jahrhundertflut. 2500 Tonnen Metall werden jährlich angeschwemmt. Wenn das eingedämmt werden soll, wird es den Steuerzahler Millionen kosten.
Es droht noch immer eine rostrote Jahrhundertflut, ein Ökodrama: Und der Kampf gegen die Verockerung der Spree und des Unesco-geschützten Spreewaldes, die in der Region für massive Ängste sorgt, wird den Steuerzahler Millionen kosten. Und zwar jedes Jahr, und zwar auf lange Sicht. Das geht aus der dem Tagesspiegel vorliegenden, bislang von den Verantwortlichen unter Verschluss gehaltenen sogenannten „Eisenstudie“ vom 30. September 2012 hervor. Das 374-Seiten-Papier belegt das Ausmaß der Gefahr – und es enthält erste konkrete Summen, wie teuer das Ringen für eine saubere Spree und die Bewahrung des Spreewaldes wird. Allein in der Talsperre Spremberg, von der die Spree weiter nach Norden bis zum Spreewald und dann bis Berlin fließt, kommen danach täglich 6,8 Tonnen „Eisenfracht“ an – im Jahr sind das 2500 Tonnen, was 250 Zehntonner-Lkws entspricht. „Die Talsperre hält das Eisen gegenwärtig noch zurück“, heißt es in dem Papier. Das ist auch die Auskunft des Landesumweltamtes.
Auffällig ist aber ein Wort: noch. Allerdings hat die Talsperre, die regulär allein dem Hochwasserschutz dient, keine Filter. Und es werden nach Tagesspiegel-Informationen auch keine täglichen Messungen vorgenommen. Das Aktionsbündnis „Klare Spree“ befürchtet, dass wegen des aktuellen Hochwassers und der damit aktuell stärkeren Strömung bereits mehr Eisenwasser die Talsperre passiert hat, als bislang bekannt ist.
Das 374-Seiten-Gutachten zur „Präzisierung der Ursachen und Quellstärken für die hohe Eisenbelastung des Grundwassers“, welches südlich der Talsperre auf sächsischem Gebiet die Spree verschmutzt, hat das Dresdner Institut für Wasser und Boden erstellt. Dessen Chef Wilfried Uhlmann hatte im Januar den Zeitraum zur Lösung des Verockerungsproblems auf „50 bis 100 Jahre“ veranschlagt.
Auftraggeber seiner Studie ist die für die Rekultivierung früherer Braunkohletagebaue zuständige bundeseigene Mitteldeutsche Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV), die vom Bund und den ostdeutschen Ländern mit Braunkohleindustrie finanziert wird. Die LMBV hat zwar Kernergebnisse veröffentlicht, lehnt aber eine Veröffentlichung des Gesamtgutachtens bislang ab, trotz wachsender Kritik von Bürgerinitiativen wie der Aktionsgemeinschaft „Klare Spree“, aller Landtagsparteien und der Regierung Brandenburgs an der Geheimniskrämerei.
Die LMBV begründet ihre Linie, die vom Bundesfinanzministerium unterstützt wird, mit nötigen fortlaufenden Aktualisierungen, Abstimmungen und Rechten Dritter.
Millionenkosten kommen auf den Steuerzahler zu
Doch es sind wohl eher Details und Kostenschätzungen, die Brisanz bergen. So belegt das Gutachten, dass Behörden und LMBV, die jetzt Betriebsamkeit entfalten, bereits seit einigen Jahren den Anstieg der Eisenkonzentrationen der Spree registrierten. „Die erhöhte Eisenkonzentration wird seit 2007 beobachtet.“ Im Altlauf sei dies erstmalig 2003 geschehen. Im Jahr 2009 hat das Dresdner Institut bereits eine erste Eisen-Studie erstellt. Für die zweite wurde im Frühjahr und Sommer 2012 aufwendig, mit einer Reihe von Grundwasserbohrungen und einem dichteren Messnetz die Herkunft des sauren, eisenhaltigen Grundwassers eingegrenzt. In nur drei Jahren hat sich das Problem dramatisch verschärft. Klar ist nun, dass das verschmutzte Grundwasser aus früheren Braunkohletagebauen in die Hoheit der LMBV kommt. Und zwar konkret aus der Innenkippe und der Außenhalde des ehemaligen Tagebaus Burghammer. In diesem Bereich ist das Grundwasser „flächendeckend“ stark mit Eisen belastet, teils mit 300 bis 400 Milligramm je Liter. „Die Eisenbelastung der Spree und der Kleinen Spree hat sich seit der letzten Untersuchung 2009 zu einem Dauerzustand entwickelt“, heißt es. Die Spree habe inzwischen das „Bild einer dauerhaften Trübung“ und Rotverfärbung durch Eisenverbindungen angenommen. „Das war 2009 noch nicht der Fall.“
Um das einzudämmen, schlägt die Studie ein ganzes Programm vor. Dazu gehören die Ertüchtigung einer früheren Grubenwasserreinigungsanlage bei Burgneudorf, eine Behandlung des Grundwassers, um das Eisen im Boden zu binden oder neue Gräben, wo der Eisenschlamm sich absetzt und dann ausgebaggert werden kann. Vor allem aber wird der Bau einer 8 bis 10 Kilometer langen unterirdischen Dichtwand entlang der Altkippe empfohlen, damit das Grundwasser gar nicht zur Spree fließen kann. Allein die Dichtwand würde demnach 50 bis 63 Millionen Euro, mindestens 30 bis 40 Millionen Euro kosten. Dabei werde der Bau einige Jahre dauern, erst dann die Wirksamkeit eintreten, heißt es. Auch die ökologischen Folgen von Dichtwänden sind umstritten. Daneben beziffert das Gutachten allein die „Jahreskosten“ der anderen Maßnahmen südlich von Spremberg auf 6,3 bis 9,5 Millionen Euro. Als zu teuer verworfen hat Uhlmann den Bau einer kompletten „Flusskläranlage“ und eine „flächenhafte Grundwassersanierung“.
Und das ist nur der Süden. Im Norden, in den mit brauner Brühe gefüllten Fließen zum Spreewald hin, gibt es einen zweiten Ursachenherd. Im März soll dafür die Studie vorliegen. Die LMBV ist wegen der akuten Gefahr für den Spreewald aber bereits dabei, ein Sofortprogramm zu starten. Es soll, das ist das Ergebnis eines Krisentreffens von LMBV, „Klarer Spree“und Landräten am Montag, im April detailliert vorgestellt werden soll. Das Ziel sei, so LMBV-Sprecher Uwe Steinhuber, zum Spreewald hin „eine hydraulische Barriere“.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität