John B. Emerson ist neuer US-Botschafter: Mit Döner ist Berlin noch schöner
Heute überreicht der neue US-Botschafter John B. Emerson sein Beglaubigungsschreiben beim Bundespräsidenten. Vorher machte er eine Besichtigungstour mit seiner Frau und den drei Töchtern – und entdeckt.
„Was ist Freiheit für Sie?“ Der neue US-Botschafter John B. Emerson zögert nicht lange. Beherzt nimmt er den Stift, den Yadegar Asisi, der Künstler des Mauer-Panoramas am Checkpoint Charlie, ihm entgegenhält und schreibt auf eine Wand: „Dass wir unsere Träume verfolgen können und dass unsere Kinder es auch tun können.“ Wenn er am Montagnachmittag Bundespräsident Joachim Gauck sein Beglaubigungsschreiben überbringt, ist er bestens vorbereitet. Am Sonntag zeigte er bei einer fünfstündigen Besichtigungstour seiner Familie schon mal die Stadt. Die Grundlagen hatten Emersons bereits vor drei Jahren kennengelernt, im Rahmen eines touristischen 48-Stunden-Kompaktprogramms.
Eine Berlin-Tour für die Familie Emerson
Diesmal begannen sie ihre Tour beim Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma in der Nähe des Reichstags. Die deutschen Texte übersetzte der Botschafter für seine Töchter Jacqueline, gerade 19 Jahre alt geworden, und die 16-jährigen Zwillinge Hayley und Taylor. Ein Karrierediplomat würde sich bei einem solchen Ausflug wohl niemals fotografieren lassen. Aber Emerson im blau-weißen Polohemd zur beigen Jeans ist ganz entspannt. Das mag daran liegen, dass Barack Obama ihn persönlich nach Berlin geschickt hat. Ein bisschen aber hat es wohl auch mit Ehefrau Kimberley zu tun, Juristin wie er und außerdem eine vielfältig engagierte Expertin für Public Diplomacy. Anfang der neunziger Jahre war sie als Öffentlichkeitsarbeiterin für die Clinton-Regierung tätig. Damals war dieses Fach noch nicht so streng in den Regierungsapparat eingebunden wie heute. In den Zeiten des Umbruchs in Osteuropa gab es so Raum für kreative Lösungen.
Small-Talk, statt NSA oder Syrien
Am letzten Sonntag vor der offiziellen Amtsübernahme konnte sich der Botschafter zudem noch einmal ganz entspannt dem Small Talk über Berlin hingeben, bevor er sich mit schwierigen politischen Themen wie NSA oder Syrien herumschlagen muss. Da er nicht nur Obamas neuer Mann in Berlin ist, sondern Botschafter aller Amerikaner, sah er sich am Brandenburger Tor gleich mal die Gedenkplakette für den von Republikanern gewählten Ronald Reagan an. Es habe ihm leidgetan, dass er beim Obama-Besuch nicht dabei sein konnte, sagte er. Aber als designierter Botschafter hatte er Rücksichten zu nehmen. Auch das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen besuchte die Familie. Frau und Töchter waren besonders berührt vom Besuch des Holocaust-Mahnmals. Jacqueline war seit der Ankunft Mitte August schon zwei Mal dort: „Das Denkmal spricht zu meinem Herzen“, meinte sie. Die Mädchen vergossen Tränen bei der Führung.
Die Emersons haben deutsche Vorfahren
Sie selber sei zur Hälfte Jüdin, sagte Kimberley, die ukrainische, französische, schottische und deutsche Vorfahren hat. Auch der Botschafter hat deutsche Wurzeln. Die Urgroßeltern waren in die USA ausgewandert, kurz danach wurde seine Großmutter in New York geboren. „Wir genießen die Freiheit, die wir haben, nicht genug, weil sie für uns so selbstverständlich ist“, sagte er nachdenklich. Vater und Großvater waren presbyterianische Pastoren. Berlin hat er erstmals 1975 kennengelernt, kurz nach dem Uniabschluss. Jacqueline wird bald zurückfliegen nach Kalifornien, um an der Stanford-Universität Ostasienwissenschaften zu studieren. Seit fünf Jahren lernt sie Chinesisch: „Ich liebe diese Sprache, sie ist so musikalisch.“ Sie ist selber musikalisch, schreibt ihre eigenen Songs und stellt sie auf Youtube. Die freundliche Rothaarige macht auch eine Web-Serie namens „She’s so Boss“, wo es um junge weibliche Führungskräfte geht, und sie spielte in Filmen mit, zum Beispiel in dem populären Jugendfilm „Die Tribute von Panem“.
Auch ihre Schwestern haben Bühnenerfahrung. Mit dem renommierten Los Angeles Children’s Chorus waren sie unter anderem in Südafrika auf Tournee. Genug geplaudert, höchste Zeit fürs Mittagessen. Das Sonntagsessen gibt es heute am Mehringdamm bei „Mustafas Gemüse Kebap“. Die üblichen amerikanischen Superlative schwirren durch die Luft: „Das ist unglaublich, so köstlich.“ Der Botschafter geht mehr ins Detail: „Das Brot ist so schön leicht, das schmeckt richtig gesund.“ Die Mädchen machen Food-Fotos mit dem Handy, auch von Nanny Ady, die sie für vier Wochen begleitet hat. In der Gedenkstätte Berliner Mauer bekommen sie den gleichen Vortrag wie kürzlich die First Lady. Im Mauerpark klingt der Familienausflug schließlich aus. Schaukeln, Flohmarkt gucken – schade, dass es heute kein Karaoke gibt. Aber die Stimmen der Familie werden noch zu hören sein.
Elisabeth Binder