Gedenken an die NS-Opfer: Blüten im Fenster
Anlässlich des Jahrestages der Auschwitz-Befreiung wurde in Berlin der Opfer des Nationalsozialismus gedacht - auch am Mahnmal für die verfolgten Homosexuellen. Dabei wurde auch daran erinnert, dass die Ausgrenzung von Schwulen und Lesben längst nicht überwunden ist.
Zum Beispiel Otto Hampel: Ein Stolperstein erinnert heute in der Schöneberger Motzstraße 30 an den 1895 in Breslau geborenen Mann, der Anfang 1937 mit seinem Freund als Homosexueller festgenommen und vom Amtsgericht Berlin wegen „fortgesetzten Vergehens gegen § 175 Reichsstrafgesetzbuch“ verurteilt wurde. Nach der Haft wurde er in eine psychiatrische Anstalt überwiesen, aus der er durch Entlassungsanträge freizukommen versuchte – vergeblich: Am 30. März 1940 wurde er in der sogenannten Tötungsanstalt Brandenburg ermordet.
Ein Fall von tausenden Homosexueller, die unter der NS-Herrschaft verfolgt, inhaftiert, gequält und oft auch ermordet wurden. Und einer, an den am Sonntagvormittag bei der Gedenkfeier am Tiergartener Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen erinnert wurde – wie auch an den 1942 in der Heil- und Pflegeanstalt Bernburg offiziell an Lungenentzündung gestorbenen Homosexuellen Albrecht von Krosigk, stellvertretend für all die anderen.
Die Feier an der Ebertstraße war Teil der Berliner Veranstaltungen zum 68. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung, der 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum Gedenktag für die Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft erklärt worden war. Neben einem Gottesdienst in der Marienkirche gab es auch auf dem Flughafen Tempelhof eine Feier, die an die Opfer unter den Zwangsarbeitern erinnerte. Dort waren bei Ausgrabungen Reste eines Lagers entdeckt worden.
Zu der Feier am Mahnmal für die Homosexuellen hatten sich rund 100 Menschen versammelt, darunter Mitglieder von Bundestag, Abgeordnetenhaus und Landtag Brandenburg. Gekommen waren etwa die Vizepräsidentin des Bundestages, Petra Pau (Linke), die Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses, Anja Schillhaneck (Grüne), die grüne Berliner Fraktionsvorsitzende Ramona Pop, Andreas Baum, Fraktionsvorsitzender der Berliner Piraten, der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Markus Löning, Vertreter von Senatskanzlei, Parteien, Vereinen und Verbänden und die ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Lala Süsskind.
Drei einzelne Rosenblüten lagen in der Fensteröffnung des Mahnmals, in dessen Inneren ein Film mit sich küssenden Männern läuft. Etwa 20 Kränze bedeckten den Boden vor dem Betonquader, darunter vom Regierenden Bürgermeister und den Parteien, vom Berliner CSD, der Deutschen Aidshilfe, der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld und auch dem Verband lesbischer und schwuler Polizeibediensteter in Deutschland.
Zu den Fernsehteams, die die Feier dokumentierten, gehörte auch eines des russischen Privatsenders RTVi. Die Gedenkrede hielt Ulrich Keßler vom Landesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes. Er rief zur Wachsamkeit auf. „Eine für sich genommen belanglos erscheinende Ausgrenzung von Minderheiten“ müsse als „gefährliche Grenzverletzung“ erkannt werden.