Neue Studie zu Einkommen und Wohnen: Mietbelastung in Berlin fast wie in München
Wer in Berlin wohnt, muss durchschnittlich 21 Prozent seines Einkommens für Miete ausgeben. Damit sei das Münchener Niveau erreicht, sagt eine Studie.
Die Bevölkerungszahlen in den großen Städten steigen infolge von Binnenwanderungen und Zuwanderungen aus dem Ausland. Damit wächst der Druck auf die Wohnungsmärkte. Gleichzeitig steigt die Zahl der Singlehaushalte. Eine Folge, zumal viel zu wenige 1- und 2-Zimmer-Wohnungen in unteren und mittleren Preissegmenten neu gebaut werden: Gemessen am verfügbaren Einkommen liegt der durchschnittliche Berliner Haushalt mit knapp 21 Prozent für die Miete einer Bleibe mit mittlerem Wohnwert fast auf Münchener Niveau.
Die Münchener geben mit einem Mietanteil von 22 Prozent des verfügbaren Einkommens (mittlerer Wohnwert) den größten Einkommensanteil für das Wohnen aus, wenn die zwanzig größten Städte ab 300 000 Einwohner in Deutschland betrachtet werden. Dies jedenfalls ist eines der Ergebnisse, die das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) und die Privatbank Berenberg Berlin vorgestellt haben. In der Analyse wurde auch untersucht, wie hoch das verfügbare Einkommen nach Abzug der Nettokaltmiete (mittlerer Wohnwert) in den einzelnen Städten noch ist.
Unterschiedliche Einkommen
Aufgrund der unterschiedlichen Durchschnittseinkommen liegt München in dieser Betrachtung deutschlandweit an der Spitze, während Leipzig und Berlin die Schlusslichter sind. Während ein Münchener noch 20253 Euro jährlich zur Verfügung hat, verbleiben einem Berliner 13 962 Euro und dem Leipziger 13 815 Euro. Bei Betrachtung der Restsummen, ist Berlin im Städtevergleich von der Mietpreisentwicklung also stärker betroffen als der Münchner: Die anteilige Belastung Berliner Mieter liegt zwar annähernd auf Münchner Niveau, jedoch verbleiben dem Berliner nur 69 Prozent des restlichen verfügbaren Einkommens eines Münchners.
Das HWWI wartete mit einem weiterem Vergleich auf, der sich auf Wiedervermietungen von Wohnraum in Berlin bezieht und Gentrifizierungsprozesse auch räumlich erklärt. Die Nettokaltmieten stiegen in den zehn Jahren von 2004 bis 2014 in Berlin West bei einem guten Wohnwert um 45,8 Prozent, während sie sich in Berlin Ost fast verdoppelten. Auch bei mittleren Wohnwerten klafft die Schere zwischen den Stadthälften: In Berlin West stiegen die Kaltmieten um 35,5 Prozent, in Berlin Ost um 83,3 Prozent.
Den Berechnungen liegen die Daten der Statistischen Ämter der Länder (2013), des Bundesinstitutes für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2015) und des Immobilienverbandes IVD sowie des HWWI zugrunde.
Einfamilienhäuser sind billiger in Berlin
Folgt man dem IVD, gibt es im Städtevergleich Berlin/München jedoch auch Positives zu berichten. Dem aktuellen „Erschwinglichkeitsindex“ des IVD zufolge, ist der Kauf eines freistehendes Einfamilienhauses in Berlin – ebenfalls gemessen am Einkommensniveau – allemal günstiger als in der bayerischen Landeshauptstadt. Die erschwinglichsten Eigenheime in den Top-7-Städten seien in Hamburg zu haben, teilte der IVD in dieser Woche mit. An zweiter Stelle folge aber schon Berlin. Ganz oben auf der Negativskala: „Der Münchner Immobilienmarkt ist seit Jahren unangetastet der teuerste in Deutschland“, sagte Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes IVD. Hier sei die „geringste Erschwinglichkeit“ festgestellt worden.
Die Preise werden weiter steigen
Die Conclusio des Verbandes: „Betrachtet man den steten Zuzug und das immer knappere Angebot in Berlin, werden die Preise in der Hauptstadt auch künftig weiter anziehen. Daher bietet sich besonders im Hinblick auf einen langfristigen Vermögensaufbau, um der drohenden Rentenlücke vorzubeugen gerade jetzt eine gute Möglichkeit ein Eigenheim zu erwerben. Mit Ausnahme der Schweiz haben wir in Deutschland immer noch die niedrigste Eigentumsquote in ganz Europa, das müssen wir ändern", sagte Schick, der im IVD vor allem die Interessen der Makler vertritt. In einer Situation, in der die Mieten in Städten wie Berlin stärker steigen als die Kaufpreise, mag die Anschaffung eines Hauses oder einer Eigentumswohnung gewiss zu empfehlen sein.
Einkommen sind unter dem Durchschnitt
Aber, so der IVD weiter: „Es gibt zwei Gruppen im Wohnungsmarkt, die von der derzeitigen Situation nicht profitieren, das sind zum einen Schwellenhaushalte, die keine Möglichkeit zum Vermögensaufbau haben und zum anderen die Mieter in den Großstädten.“ Laut HWWI-Studie verdienen siebzig Prozent aller Großstädter unterhalb des Durchschnitts. „Hier ist es an der Politik, Anreize für den Erwerb von Immobilien zu schaffen“, sagte Schick. Derzeit werde „eine eigentümerschädliche Immobilienpolitik, geprägt von Erhöhungen von Immobiliensteuern wie der Grunderwerbssteuer, vermieterfeindlichen Mietgesetzen sowie immer strengeren energetischen Vorschriften ohne nennenswerten ökologischen Nutzen gemacht“.
Mieten oder kaufen?
Ob es nun in einer Großstadt ratsamer ist, zu mieten oder zu kaufen? Es kommt auf die jeweilige Stadt und deren Einkommensniveau an. HWWI-Studienautorin Dörte Nitt-Drießelmann erkannte in ihrem Zahlenwerk aber, „dass ein Durchschnittsverdiener heute einen deutlich höheren Anteil seines Einkommens für das Wohnen einsetzen muss – egal, ob es nun für das Eigentum ist oder für die Miete.“