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Michael Müller, (SPD) Regierender Bürgermeister Berlins, bei einem Tagesspiegel-Interview in seinem Büro im Roten Rathaus.
© Mike Wolff

Berlins Regierender Bürgermeister: Michael Müller: Fall Holm belastet Rot-Rot-Grün

Michael Müller glaubt, dass die Linke intern noch Zeit für Diskussionen im Fall Holm braucht. Im Interview erklärt er außerdem, dass es Chancen für mehr Videoüberwachung in Berlin gebe und eine BER-Eröffnung 2017 noch möglich sei.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat im Interview mit dem Tagesspiegel betont, dass der Umgang mit der Stasivergangenheit des Baustaatssekretärs Andrej Holm den Start von Rot-Rot-Grün gestört hat. "Ich habe auf Risiken aufmerksam gemacht und gesagt, dass der Fall Holm den Start der rot-rot-grünen Koalition in Berlin belastet. Aber die Linke braucht offenbar Zeit für weitere interne Diskussionen. Das haben SPD und Grüne so akzeptiert, wir warten nun auf das Ergebnis der Überprüfung durch die Humboldt-Universität." Sollte die Universität wegen Holms falscher Angaben nachträglich personalrechtliche Konsequenzen gegen ihn ziehen, sei der parteilose Staatssekretär nicht mehr im Amt zu halten. "Das sieht auch die Linke so."

Mit der Arbeit der neuen Koalition ist Müller nach den ersten Wochen aber zufrieden. Die Abstimmung zwischen den drei Partnern funktioniere gut. Er sei allerdings überrascht, so Müller, dass die Linken jetzt vieles von dem in Frage stellten, das Rot-Rot in zehn Jahren gemeinsam auf den Weg gebracht habe.

Müller: Chancen für mehr Videoüberwachung in Berlin gestiegen

Im koalitionsinternen Streit um eine Videoüberwachung öffentlicher Plätze hofft der Regierende Bürgermeister auf eine Einigung mit Linken und Grünen. „Ich sehe Verhandlungsspielraum“, sagte er im Interview mit dem Tagesspiegel. Am Montag wird der Senat, als Reaktion auf den Terroranschlag am Breitscheidplatz, in einer Klausurtagung über ein „Sicherheitspaket“ diskutieren. Beide Koalitionspartner der SPD lehnen bisher eine Ausweitung der Videoüberwachung in Berlin ab. Müller dagegen erinnerte daran, dass er schon im vergangenen Sommer vorgeschlagen habe, dass er sich eine Überwachung an ausgewählten Orten sehr gut vorstellen könne. „Das ist damals auch wegen Bedenken in der SPD-Fraktion nicht zustande gekommen“. Jetzt sei eine neue Sicherheitslage da.

Als Kompromiss kann sich der Regierende Bürgermeister „ein Projekt, begrenzt auf wenige Orte“ vorstellen. Auch der Innensenator Andreas Geisel (SPD) plädiert in einem Konzept zur inneren Sicherheit, das er am Montag in eine Senatsklausur einbringen will, für eine „anlassbezogene und temporäre“ Videoüberwachung an ausgewählten Orten. Trotz des Terroranschlags am Breitscheidplatz sagt Müller, dass man sich in Berlin „sicher bewegen kann, ohne Angst um Leib und Leben haben zu müssen“. In jeder Millionenmetropole gebe es Orte, an denen man wachsam sein müsse. Und die Berliner hätten nach dem Attentat wieder gezeigt, „dass sie sich nicht so schnell aus der Bahn werfen lassen“.

Müller kritisiert Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU)

Den Vorwurf, dass die rot-rot-grüne Koalition möglichst niemanden mehr abschieben wolle, wies der Regierende zurück. Im Koalitionsvertrag stehe nur, dass damit sehr sorgsam umgegangen werden müsse. Müller kritisierte den Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der Massenabschiebezentren an Flughäfen gefordert hat. Es sei doch nicht das Problem, Menschen zum Zweck der Abschiebung an einem Ort zusammenzuführen, so Müller. „Das Problem ist, Menschen in Länder abschieben zu können, in denen sie unter friedlichen und sozialen Bedingungen aufgenommen werden.“ Darum kümmere sich der Bundesinnenminister aber „nicht die Bohne“.

Müller sprach sich erneut dafür aus, möglicherweise noch mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Es gebe vor allem in nördlichen Teil Europas, auch in Deutschland und Berlin, wohlhabende Regionen, wo es den Menschen gut gehe. „Deshalb ist es unsere humanitäre Pflicht, Menschen in akuter Not, die zu uns flüchten, zu helfen.“ Er verstehe überhaupt nicht, dass dies in Frage gestellt werden könne.

Müller: Es gibt Angebot von Grünen und Linken mit Senatoren in den BER-Aufsichtsrat zu gehen

Eine Eröffnung des neuen Flughafens BER in Schönefeld hält Müller Ende 2017 immer noch für möglich. Äußerungen des Vorstandschefs Karsten Mühlefeld, der Flughafen könne erst im März 2018 in Betrieb genommen werden, kommentierte Müller zurückhaltend. „Ob das der Vorstand tatsächlich so sieht, muss in der nächsten Aufsichtsratssitzung geklärt werden.“ In diesem Monat soll auch geklärt werden, wie die Aufsichtsratsposten neu besetzt werden, die im Zuge des Regierungswechsels in Berlin frei wurden. Es gebe das Angebot von Linken und Grünen, mit Senatoren in das Aufsichtsgremium zu gehen, kündigte Müller an.

Das gesamte Interview mit Michael Müller können Sie in der Sonntagausgabe des Tagesspiegels oder im ePaper bereits heute Abend ab 20 Uhr lesen.

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