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Das fünfseitige Konzept soll am Montag auf einer Klausurtagung des Senats diskutiert und beschlossen werden.
© dpa/ Tim Brakemeier

Sicherheitskonzept für Berlin: Innensenator Geisel will Umgang mit Gefährdern verschärfen

Innensenator Andreas Geisel reagiert mit einem "Präventions- und Sicherheitspaket" auf den Terroranschlag am Breitscheidplatz. Es sieht auch eine Intensivierung der Videoüberwachung vor.

Mit einem „Berliner Präventions- und Sicherheitspaket“ reagiert Innensenator Andreas Geisel auf den Terroranschlag am Breitscheidplatz vor knapp zwei Wochen. Das fünfseitige Konzept soll am Montag auf einer Klausurtagung des Senats diskutiert und beschlossen werden. Damit solle die „Leistungsfähigkeit der mit Terrorismusbekämpfung betrauten Behörden nicht nur erhalten, sondern zielgerichtet gestärkt“ werden.

Dazu gehörten eine Anpassung der personellen Ressourcen und eine möglichst schnelle Ertüchtigung der Sicherheitsbehörden durch eine moderne Ausstattung. Andererseits dürften die Grundsätze einer freiheitlich demokratischen und sozialen Sicherheitspolitik nicht verletzt werden, fordert Geisel. „Wir lehnen jeden Generalverdacht auf das Schärfste ab.“ Eine Pauschalverurteilung einzelner Bevölkerungsgruppen sei „absolut unzulässig“.

Identität feststellen

„Wir müssen wissen, wer ins Land kommt“, steht im Papier des Innensenators. Eine Klärung der Identität sei die zentrale Voraussetzung für ordnungsgemäße aufenthaltsrechtliche Verfahren. Alle Asylsuchende und Flüchtlinge müssten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lückenlos und zuverlässig erfasst werden. Wer sich der Mitwirkung bei der Feststellung der Identität verweigere oder bewusst etwas vertusche, müsse mit klaren Konsequenzen rechnen. Dazu gehörten strenge Meldeauflagen, die Durchsetzung einer strikten Residenzpflicht, Leistungskürzungen oder beschleunigte Asylverfahren.

Abschiebungen und Rückkehrhilfen

In Berlin leben über 10.000 Ausreisepflichtige. Deren freiwillige Ausreise will Geisel durch Anreize fördern. „Berlin unterstützt ein von Bund und Ländern beabsichtigtes gemeinsames Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr.“ Bei einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit spricht sich der Senator für konsequente Abschiebungen aus. Wenn Ausreisepflichtige ihre Abschiebung selbst verhinderten oder die Behörden bei sogenannten Gefährdern nur noch auf das Eintreffen der Papiere warteten, solle der zeitliche Rahmen der Abschiebehaft bis zu 18 Monaten konsequent genutzt werden. Außerdem solle Abschiebehaft auch dann zulässig sein, wenn eine Abschiebung nicht innerhalb von drei Monaten durchführbar sei. Dafür muss allerdings das Aufenthaltsgesetz geändert werden.

Umgang mit Gefährdern

Solchen Terrorverdächtigen will der Senator „rund um die Uhr auf den Füßen stehen“. Die Aufenthaltsfreiheit von Gefährdern müsse auf einzelne Bezirke oder Ortsteile beschränkbar und „anhand engmaschiger Meldeauflagen“ überprüfbar sein. Für Gefährder, die noch im Asylverfahren seien, solle grundsätzlich § 58a Aufenthaltsgesetz geprüft werden. Demnach kann „gegen einen Ausländer auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen“. Die Abschiebungsanordnung ist in diesem Fall sofort vollziehbar.

Vereinsverbote

Innensenator Geisel kündigt an, dass zur Bekämpfung von Terroristen das Vereinsgesetz in Zukunft konsequent angewendet werde. „Vereine, die Vereinigungen innerhalb und außerhalb des Bundesgebiets unterstützen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen, werden verboten.“

Videoüberwachung

Der Senator schlägt eine Ergänzung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) vor, um künftig Videoüberwachung „anlassbezogen und temporär sowie an ausgewählten kriminalitätsbelasteten Orten“ als zusätzliches Instrument der Polizei zu ermöglichen. Ein Allheilmittel sei dies aber nicht.

Präventive Maßnahmen

Gefordert wird in Geisels Konzept eine „allgemeine Wertevermittlung“ für alle Flüchtlinge, gleich nach deren Ankunft. Von besonderer Bedeutung sei die Integration der „meist männlichen minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten“. Das Jugendhilfeprojekt SToP solle ausgeweitet, die sportorientierten und kulturellen Angebote der Jugendarbeit sollten verstärkt werden. Das gelte auch für die aufsuchende Jugendarbeit, neue Projekte seien zu entwickeln. Das Landesprogramm „Berliner Familienzentren“ werde speziell für geflüchtete Familien verstärkt, kündigt Geisel an. Ebenso die bezirkliche Erziehungs- und Familienberatung. In allen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe müssten pädagogische Fachkräfte fortgebildet werden. Auch das Förderprogramm „Sport mit Flüchtlingen“ solle ausgeweitet werden.

Gegen Radikalisierung

Die Berliner Polizei soll bei Bebauungsplanverfahren wieder in die Liste der Träger öffentlicher Belange aufgenommen, also regelmäßig beteiligt werden. Dies diene der „städtebaulichen Kriminalprävention“. Außerdem solle ein wissenschaftliches Kompetenznetzwerk „Deradikalisierung“ aufgebaut werden, das auch der Polizei Erkenntnisse zur wirksamen Intervention bei Jugendlichen liefern könne.

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