Rot-Rot-Grüne Bildungspolitik: Mehr Unterricht für Berlins Schüler?
Die Politische Bildung soll in Berlins Schulen gestärkt werden. Aber auf wessen Kosten? Eine Ausweitung der Stundentafel ist noch nicht vom Tisch.
Hat Berlin genug Geld und genug Lehrer, um Berlins Schülern mehr Unterricht zu bieten. "Eher nicht", lautete bisher die Einschätzung von Fachleuten, aber noch steht die Antwort nicht fest. "Die Option einer Ausweitung der Stundentafel ist noch aktuell“, teilte Beate Stoffers, Sprecherin von Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD), am Mittwoch mit. Vorausgegangen war ein laut Stoffers "sehr konstruktives“ Treffen von Bildungs-Staatssekretär Mark Rackles (SPD) mit Vertretern verschiedener Unterrichtsfächer und der Landeszentrale für Politische Bildung sowie Landesschülersprecher Konstantin Gülden. Einziges Thema: Wie kann man die Politische Bildung in den Klassen 7 bis 10 stärken, ohne anderen Fächern zu schaden.
"Keine Umverteilung innerhalb der Gesellschaftswissenschaften"
Zwar habe es noch „keine Festlegung“ gegeben, betonte Stoffers, aber den Konsens, dass man das Fach eigenständig benoten wolle. Es solle „keine Umverteilung von Stunden innerhalb der gesellschaftswissenschaftlichen Fächer geben“, fasste Stoffers den Stand der Diskussion zusammen. Das allerdings lässt aufhorchen, denn innerhalb der Koalition wurde bisher sehr wohl erwogen, bei Ethik, Geschichte oder Geografie Abstriche zu machen.
Die nächste Frage lautet nun also: Welche Fächer, wenn nicht diese drei, sollen Stunden hergeben für den Fall, dass die Koalition keine Ausweitung der Gesamtstundentafel will? Dass es hier Bedenken geben wird, liegt nicht nur aus Kostengründen und wegen des knappen Personals nahe, sondern auch angesichts der Tatsache, dass viele Eltern und Schüler - insbesondere an Gymnasien - schon jetzt über zu volle Schultage klagen. Es wäre allerdings auch möglich, dass es an Gymnasien und Sekundarschulen unterschiedliche Wege zur Stärkung der politischen Bildung geben wird, so Stoffers.
Unterschiedliche Wege an Gymnasien und Sekundarschulen?
Wie das aussehen könnte, erläuterte am Donnerstag Peter Stolz vom Geschichtslehrerverband: Er hatte bei dem Treffen mit Rackles den Vorschlag gemacht, dass in Klasse 7 und 8 alles beim Alten bleibt, und dass sich der zusätzliche Politikunterricht in Klasse 9 bei den Sekundarschulen aus den Poolstunden und bei den Gymnasien aus den Stunden des Wahlpflichtunterrichts speisen könnte. Letzteres hatte auch der Autor, Lehrer und Historiker Robert Rauh jüngst in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel vorgeschlagen. Ein Ausweitung der Stundentafel wäre dann nur in Klasse 10 notwendig, führt Stolz die Position des Geschichtslehrerverbands weiter aus. Alle diese Vorschläge wurden am Mittwoch "ergebnisoffen" gesammelt, wie Scheeres betont.
Auch epochaler Unterricht ist denkbar
Abgesehen von den offenen Fragen gibt es aber nach dem Treffen auch einige Gewissheiten. Dazu gehört, dass die versammelten Fachleute gegen „isolierte Einstundenfächer“ votiert haben. Dies könnte bedeuten, dass man zu einem Fächerverbund kommt – etwa zwischen Ethik und Politik, was Stoffers beispielhaft nannte. Dem Vernehmen nach ist auch eine „epochale“ Variante denkbar: Dann würde Politik nur jedes zweite Halbjahr, dafür aber zweistündig, unterrichtet.
Eine Entscheidung über die künftige Organisation der Stundentafel soll es bis Herbst geben, damit die Neuregelung zum Schuljahr 2018/19 greifen kann, bekräftigte Stoffers die bisherige Zeitplanung.
Schülervertreter und Koalition verfolgen das gleiche Ziel
Wie berichtet, fordert Berlins Landesschülerausschuss seit vielen Jahren eine Stärkung der Politischen Bildung. Rot-Rot-Grün hatte diese Forderung in ihre Koalitionsvereinbarung aufgenommen. Die Möglichkeit, dass diese Stärkung zu einer Schwächung der "verwandten" Fächer Geschichte, Geografie und Ethik gehen könnte, rief allerdings die entsprechenden Fachverbände auf den Plan: Der Tagesspiegel veröffentlichte am Dienstag ihre entsprechenden Stellungnahmen.