Nachfolger für BER: Mehdorn sucht den Anschlussflieger
Der scheidende Berliner Flughafenchef drängt auf eine schnelle Nachfolge. Und er stellt klar, was er von der Idee des Bundes hält, in Leipzig einen kleinen BER zu eröffnen: nichts.
Auch Hartmut Mehdorn ist offenbar gespannt, ob trotz der neuen Turbulenzen zwischen den BER-Eignern auf der Sondersitzung des Flughafenaufsichtsrats am Freitag sein Nachfolger bestellt wird. Zwei Top-Manager mit Reputation sind wie berichtet kurz vor der Zielgeraden noch im Rennen, der frühere Rolls-Royce-Mann Karsten Mühlenfeld und der frühere Bombardier-Chef Michael Clausecker. Da dieser vom Bund abgelehnt wird, kommt Mühlenfeld in die Favoritenrolle.
Eigentlich will Mehdorn die aktuellen Entwicklungen erst gar nicht kommentieren, als er am Montag am Rande des BER-Untersuchungsausschusses Potsdamer Landtag gefragt wird, was er davon hält, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) plötzlich bremst und mit neuen Personalvorschlägen überrascht, die niemand ernst nimmt, der die Erfordernisse des Flughafens kennt. Aber selbst wenn Mehdorn wenig sagt, ist das immer noch deutlich. So macht der scheidende Flughafenchef keinen Hehl daraus, dass eine schnelle Nachfolge nötig und vernünftig für den neuen Hauptstadt-Airport wäre. „Das wünsche ich der Firma.“ Ausdrücklich begrüßt Mehdorn, dass sich Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) aus dem BER-Aufsichtsrat zurückziehen will. „Ich habe immer gesagt: Mehr Sachverstand, weniger Politik.“
Der Neue muss einiges aushalten können
Und dann hat Mehdorn gleich noch ein paar Eigenschaften parat, die der neue Chefmanager nach seinen eigenen teils leidvollen Erfahrungen möglichst mitbringen sollte. „Er muss robust sein. Er muss einiges aushalten können." Mehdorn selbst hatte seinen vorzeitigen Rückzug – sein Vertrag lief eigentlich noch bis 2016 – mit fehlendem Vertrauen des Aufsichtsrates, mit Auseinandersetzungen der drei Gesellschafter begründet. Und, so Mehdorn, der Neue brauche Profil, Berufserfahrung und ein Netzwerk. „Er muss ein Mittler zwischen Politik und Wirtschaft sein, ein Brückenbauer.“
Bemerkenswerterweise schreiben Berlin und Brandenburg die von Mehdorn genannten Attribute genau Mühlenfeld und Clausecker zu, die beide – anders als Mehdorn selbst – für einen leisen, diplomatischen Führungsstil bekannt sind und ihre Erfahrungen im Umgang mit der Politik haben. Mühlenfeld, unter dem das Rolls-Royce-Werk für Triebwerke in Dahlewitz zu einem Großstandort mit 2.500 Beschäftigten ausgebaut wurde, wobei es auch Probleme mit Anwohnern und mit der Politik gab. Und Clausecker, der als Bombardier–Chef Auseinandersetzungen mit dem damaligen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nicht scheute, um beim als verkrustet geltenden Eisenbahnbundesamt leichtere Zulassungswege für neue Züge durchzusetzen. Das wirkt nach und ist wohl ein Grund, weshalb der Bund Clausecker nicht will.
„Nein, Leipzig ist keine Option"
Am deutlichsten wird Mehdorn, als er Bundesverkehrsminister Dobrindt widerspricht, der den Leipziger Flughafen langfristig als zweiten BER-Airport für denkbar hält. „Nein, Leipzig ist keine Option. Wer von Berlin fliegen will, der will von Berlin fliegen“, sagt Mehdorn dazu. Leipzig sei viel zu weit weg. „Was wir brauchen, und das habe ich mehrfach betont, ist eine zielgerichtete Kapazitätserweiterung des BER nach der Eröffnung, die wir jetzt vorbereiten müssen – das ist mittlerweile auch Konsens.“ Dobrindt hatte am Wochenende erklärt, dass dass er sich langfristig Leipzig als Berliner Zweit-Airport vorstellen kann, wie es auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) vorschlägt. Sein Argument: „Der Flughafen Leipzig wäre mit der Bahn in 55 Minuten Fahrzeit aus der Berliner Stadtmitte zu erreichen.“ Mehdorn, früher selbst Bahnchef, korrigierte das: „Das ist die Fahrzeit des Intercity. Der steht nicht jedem Fluggast zur Verfügung.“ Mit anderen Bahnen seien es „zwei Stunden mehr“.
Im Potsdamer BER-Sonderausschuss selbst geht es am Montag um den immer noch weitgehend fehlenden Schallschutz für rund 25 000 Haushalte um den neuen Flughafen in Schönefeld. Obwohl inzwischen pro Wohnung dafür rund 43 000 Euro zur Verfügung stehen – in der Zeit rechtswidriger Billigbescheide von 2009 bis 2012 waren es nur rund 4300 Euro pro Wohnung – hat sich der Konflikt nicht entschärft. Der Verband der Grundstücksnutzer und Bürgerinitiativen warfen dem Flughafen erneut eine bürokratisch-rigide Sparpraxis vor, bei der etwa Schallschutz für niedrige oder zu kleine Räume verweigert werde. Mehdorn wies das alles zurück. Er versicherte, dass bis Herbst 2015 alle Haushalte die nötigen Bescheide erhalten, um sich rechtzeitig vor der BER–Eröffnung im zweiten Halbjahr 2017 Lärmschutzfenster und Dämmungen einbauen zu lassen. „Wir sind nicht der Feind der Nachbarn“, sagte Mehdorn. „Man muss doch nicht jedes Mal eine Herzattacke kriegen.“