Qualitätsoffensive in Berlin: Mathematik schon in der Kita?
Schwache Leistungen, viele Abbrecher: Senatorin Scheeres sucht nach Auswegen aus Berlins Schulmisere. Hamburg steht Pate.
Angesichts der schwachen Leistungen der Berliner Grundschüler in Mathematik, Rechtschreibung und Lesen sowie der hohen Zahl an Schulabbrechern will Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am kommenden Mittwoch das bereits im November angekündigte „Qualitätspaket“ vorstellen. Nach Informationen des Tagesspiegels könnte es bereits in der Kita ansetzen und mehr Verbindlichkeit bei der Zusammenarbeit Kita-Grundschulen vorschreiben. Diese Zusammenarbeit könnte sich neben dem sprachlichen auch auf den mathematischen Bereich beziehen, um das Zahlenverständnis der Kinder früher zu wecken – dies jedenfalls macht Hamburg vor.
Hamburgs Erstklässler haben fünf Stunden mehr
Mathematik gehört zu den besonderen Problemfeldern in Berlin. Viele Schüler, die keinen Abschluss schaffen, kamen ohne Basiskenntnisse aus den Grundschulen: Bei den letzten bundesweiten Bildungstrends stellte sich heraus, dass über ein Viertel der Berliner Viertklässler die Mindeststandards in Mathematik verfehlen. Dem Vernehmen nach soll Scheeres’ Qualitätspaket deshalb nicht nur auf Deutsch sondern auch auf Mathematik abzielen. Wie bereits berichtet, rechnen Fachleute damit, dass Scheeres versuchen wird, trotz des Lehrermangels die Stundentafel auszuweiten. Dies sei möglich, heißt es, wenn man etwa die rund 1000 Sprachförderlehrer nutzen würde, die den Schulen bisher für Teilungs- und Förderunterricht zur Verfügung stehen.
Vorbild wäre auch hier Hamburg, das pro Woche sogar fünf Pflichtstunden mehr für Erstklässler vorsieht als Berlin und bessere Ergebnisse erzielt. Zudem hatte die Hansestadt das Kieler Leibniz-Institut beauftragt, Empfehlungen für das Fach Mathematik auszusprechen. Im Kieler Expertenbericht wird erläutert, wie wichtig es ist, schon im Vorschulbereich Vorwissen zu schaffen. Scheeres nahm im Schulausschuss wiederholt auf Hamburg Bezug.
CDU präsentierte ihren "Masterplan Grundschule"
Am Donnerstag gab es dafür einen aktuellen Anlass, denn die CDU-Fraktion stellte ihren "Masterplan Grundschule" zur Abstimmung. Auch CDU-Bildungsexpertin Hildegard Bentele nahm Bezug auf die schwachen Berliner Ergebnisse bei den Bildungstrends und forderte einen besseren Übergang zwischen Kita und Schule. Weitere Elemente des "Masterplans" beschäftigten sich mit Methodenkritik, darunter die Methode "Lesen durch Schreiben". Scheeres betonte daraufhin, dass laut einer Umfrage ihres Hauses "keine Berliner Grundschule" diese Methode anwende. Zudem fordert die CDU, dass "jede Grundschule schnellstens eine Verwaltungskraft bekommt", um Schulleiter und Lehrer zu entlasten. Dem CDU-Masterplan stimmte keine Fraktion zu: Kritik gab es insbesondere am "zumindest für die Klassen 1 - 4" geforderten Handyverbot in Unterrichts- und Pausenzeiten. Das gehe "an der Realität vorbei", meinte Regine Kittler (Linke) und erntete damit zustimmendes Gemurmel von etlichen Schülern des Steglitzer Fichtenberg-Gymnasiums, die als Zuschauer in den Ausschuss gekommen waren.
Noch keine besseren Leistungen durch Bonusprogramm
Ebenfalls im Rahmen des Ausschusses war noch das Berliner Bonusprogramm Thema: Hochrangige Vertreter des Frankfurter Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF) erläuterten die Ergebnisse einer Befragung von Schulen, die an dem Brennpunktprogramm teilnehmen. Zu den Ergebnissen gehört, dass zwar viele positive Effekte, aber bisher keine Verbesserung der Leistungsdaten und auch keine Reduktion der Schulabbrecher beobachtet wird: An dem Programm nehmen über 250 Schulen teil, die insgesamt einen dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr bekommen, um die Nachteile abzufedern, die ihre Schüler aufgrund ihrer sozialen Herkunft haben.
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