Bildung in Berlin: Bonusprogramm für Schulen bringt kleine Erfolge
287 Brennpunktschulen haben mehr Geld bekommen. Schulleiter sehen Verbesserungen, allerdings nicht bei den Lernleistungen.
Als Andrea Franke 2015 Schulleiterin an der Willy-Brandt-Schule in Gesundbrunnen wurde, übernahm sie eine Schule, die gerade bei der Schulinspektion durchgefallen war – einen rauen Umgangston, Gewaltpotential, viele Unterrichtsstörungen stellten die Inspektoren damals fest und bescheinigten „erheblichen Entwicklungsbedarf“. Jetzt, drei Jahre später, besteht dieser nicht mehr: Die Schule bekam bei der Nachinspektion ein positives Zeugnis ausgestellt.
Dass die Schule in so kurzer Zeit eine so gute Entwicklung genommen habe, dazu habe auch das Bonusprogramm beigetragen, sagt Schulleiterin Franke. Über dieses Programm bekommen Schulen in sozial schwierigen Lagen bis zu 100 000 Euro zusätzlich im Jahr. Franke baute mit dem Geld unter anderem die Schülerfirma aus – alle 500 Schüler sind dort eingebunden und kümmern sich um das Catering der Schule. Außerdem wurde die Leseförderung intensiviert. Das Schulklima habe sich stark verbessert, und deutlich mehr Schüler als früher schafften nun den Mittleren Schulabschluss, sagt Franke.
287 Schulen sind im Bonusprogramm
Andrea Franke und die Willy-Brandt- Schule sind sicherlich ein Musterbeispiel dafür, wie Gelder aus dem Bonusprogramm sinnvoll verwendet werden können. So wundert es nicht, dass die Senatsbildungsverwaltung am Freitag diese Schule als Ort auswählte, um die Ergebnisse einer Begleitstudie zum Bonusprogramm zu präsentieren. Wissenschaftler vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogik (DIPF) haben im Auftrag der Bildungsverwaltung evaluiert, wie wirksam das Programm ist, das es seit 2014 gibt und an dem mittlerweile 287 Schulen teilnehmen.
Das Fazit der Wissenschaftler ist gemischt: Während bei Schulleitern und Lehrkräften eine hohe Zufriedenheit mit dem Programm festzustellen sei und der Großteil Verbesserungen in Bereichen wie dem Schulklima, den sozialen Kompetenzen der Schüler oder der Schulentwicklung wahrnehme, konnten die Wissenschaftler bisher keine signifikante Verbesserung bei Lernergebnissen, Fehlzeiten oder Abbrecherquoten nachweisen. Bei Sekundarschulen mit einer sehr hohen Quote von lernmittelbefreiten Schülern (mehr als 75 Prozent) zeige sich allerdings eine positive Entwicklung. Dort seien die Abbrecherquoten um mehr als zehn Prozent gesunken. Auch bei den Fehlzeiten gebe es an diesen Schulen leichte Verbesserungen. Diese Entwicklungen seien aber nicht nicht zwingend auf das Bonusprogramm zurückzuführen, sondern könnten auch mit anderen Maßnahmen zusammenhängen.
Wissenschaftler: Reformen im Bildungsbereich brauchen Zeit
Die Bildungsforscher nennen das Bonusprogramm dennoch „einen wichtigen Teilbaustein“, um Schulen in schwierigen Lagen zu unterstützen, und raten angesichts der Ergebnisse zur Geduld. Es sei bekannt, dass Reformmaßnahmen im Bildungsbereich Zeit brauchen. Schnelle und große Fortschritte seien eher eine Ausnahme. Das sieht auch Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) so: „Erfolge stellen sich manchmal nur in kleinen Schritten ein.“ Umso erfreulicher sei es, dass mehr als 75 Prozent der Schulleitungen Verbesserungen in mindestens einer schulischen Problemlage festgestellt hätten. Sie betonte, dass gerade an Schulen mit hoher sozialer Belastung ein gutes Schulklima ein wichtiges Ziel sei. „Wenn Konflikte gewaltfrei gelöst werden und ein guter Umgang miteinander gepflegt wird, sind das wichtige Voraussetzungen, dass sich Schüler in Ruhe aufs Lernen konzentrieren können.“
Scheeres stellte in Aussicht, dass die Unterstützung der Schulleitungen im Bonusprogramm ausgebaut werde. Es werde ein „Helpdesk“ eingerichtet, bei dem Schulleiter beim Abschluss von Verträgen und anderen Verwaltungsaufgaben Hilfe bekommen können. Zu Anfang des Bonusprogramms klagten manche Schulleiter über den hohen Verwaltungsaufwand, inzwischen habe sich das aber bei vielen besser eingespielt, haben die Wissenschaftler vom DIPF festgestellt.
Nicht alle Schulen schaffen die Zielvereinbarung
Scheeres will außerdem die Zahl der Verwaltungsleiter an den Schulen erhöhen. Zudem sollen sich Schulen künftig von Experten des Schulberatungsteams „proSchul“, das zur Senatsbildungsverwaltung gehört, coachen lassen können.
Es habe sich als gute Unterstützung erwiesen, dass die Schulen im Bonusprogramm mit der Schulaufsicht Zielvereinbarungen treffen, sagte Scheeres. Wenn diese nicht erreicht werden, können die Mittel gekürzt werden. In Einzelfällen sei dies auch passiert – die Schulaufsicht spricht von zehn bis 17 Schulen pro Jahr. Auch mit den Schulen, die nicht im Bonusprogramm sind, sollen künftig mit der Schulaufsicht verstärkt konkrete „Jahresziele“ vereinbart werden.