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Eine Bank, ein Karton: Vielen ist nur das als letzte Zuflucht geblieben.
© Paul Zinken/dpa

Wohnungslose in Berlin: Masterplan gegen Obdachlosigkeit kommt nicht mehr bis zur Wahl

Das Ziel ist klar: Bis 2030 will Berlin die Wohnungslosigkeit abschaffen. Nur müssen da auch die Bezirke mitspielen. Immerhin gibt es vielversprechende Projekte.

Einen Masterplan zur Überwindung von Obdachlosigkeit in Berlin wird es bis Ende dieser Legislaturperiode nicht mehr geben. Die Zusammenarbeit zwischen Land und Bezirken und den Bezirken untereinander sei ein Problem, sagte Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) am Donnerstag im Ausschuss Integration, Arbeit, Soziales des Abgeordnetenhauses. Die Umsetzung von Leitlinien und eines Konzepts sei wegen der Aufgabenverteilung "schwierig". Zudem fehlten "transparente Kriterien", Bezirke würden bei der Unterbringung von Wohnungslosen unterschiedlich agieren.

Einen Masterplan und die direkte Anbindung das Wohnungslosenthemas an die Senatskanzlei forderte deshalb Christian Fender, Teamleiter der Albatros GmbH und Mitglied im Arbeitskreis Wohnen, bei der Anhörung im Ausschuss. "Das Ziel ist die Abschaffung der Wohnungslosigkeit bis 2030 in Berlin. Und das muss eine Querschnittsaufgabe werden", sagte Fender. Bei der fünften Strategiekonferenz zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit im Juni solle darüber erneut gesprochen werden.

Nach vielen frostigen Wochen bildete die Kältehilfe einen Schwerpunkt der Beratungen. Berlin bietet in diesem Rahmen zurzeit 1574 Notübernachtungsplätze an. 624 Plätze sind Einrichtungen im Tag-und-Nacht-Betrieb, rund um die Uhr, sieben Tage in der Woche. Dort werden die Gäste versorgt, Sozialarbeitende bieten Beratungen an. Zu den Unterkünften der Kältehilfe gehören auch sieben Hostels. Breitenbach möchte die sogenannten 24/7-Unterkünfte über die Wintersaison hinaus verlängern und sie "gern mit einer Anzahl x dauerhaft betreiben". Sie wolle mit diesen Überlegungen in die anstehenden Haushaltsberatungen gehen.

Zu den Einrichtungen im Tag- und Nachtbetrieb gehören ein Hostel an der Boxhagener Straße und in der Köpenicker Straße, ein Gebäude auf dem Gelände der früheren Karl-Bonhoeffer-Klinik in Reinickendorf, eine Einrichtung der Stadtmission in der Lehrter Straße, ein Gebäude in der Storkower Straße sowie eine Frauenunterkunft am Halleschen Ufer.

Noch nicht geregelt seien klare Kriterien, wer dort untergebracht werden könne, sagte Breitenbach. Dass einige Kältehilfe-Einrichtungen weiter geöffnet bleiben sollen, liegt auch an der Organisation der Corona-Impfungen. Laut Impfverordnung befinden sich diese in der zweiten Phase, unter die auch obdachlose Menschen innerhalb von Einrichtungen fallen. „Wir erreichen jetzt noch Menschen in Einrichtungen der Kältehilfe", sagte Breitenbach. Dort könnten sie geimpft werden. Damit will Berlin nächste Woche beginnen.

Rund 70 Plätze über Housing first

Die Probleme in der Obdachlosigkeit sind jedoch vielfältig - und die Hilfsangebote über die Kältehilfe hinaus ebenfalls. Susanne Gerull von der Alice Salomon-Hochschule berichtete über das Projekt Housing First mit 70 Plätzen, das einen Weg aus der Obdachlosigkeit aufzeigt. Es ist ein niedrigschwelliges Angebot zunächst für alleinstehende Erwachsene, die eine Wohnung erhalten und in einem zweiten Schritt individuell Hilfsangebote bekommen. „Die Annahme des Angebots ist nicht verpflichtend“, sagte die Professorin. Derzeit gebe es zwei Modellprojekte in Berlin: eines für Männer und Frauen mit berlinweit 40 Wohnungen und eines mit 30 Wohnungen nur für Frauen.

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Einer der Träger ist der Sozialdienst katholischer Frauen Berlin. Charlotte Riepe vom Sozialdienst berichtete, dass viele Frauen einen geschützten Zugang bräuchten, um Retraumatisierung zu vermeiden und sich sicher zu fühlen. Alle Frauen hätten "multiple Problemlagen", alle seien wiederholt oder durchgängig obdachlos gewesen. Zehn der 35 Frauen würden wieder arbeiten und in der Regel auch die Miete zahlen können.

Der Sozialdienst arbeitet mit sieben Wohnungsgebern, darunter die Vonovia und die Deutsche Wohnen, die 15 Wohnungen für die Jahre 2022 und 2023 zugesagt hätten. Der Bedarf für diese Wohnungen sei groß: Allein 340 Frauen würden auf eine solche Wohnung warten.

Breitenbach will Housing First verlängern

Sozialsenatorin Breitenbach betonte, dass sie das Projekt, das im September enden soll, weiterführen möchte. Laut Sozialverwaltung wurden in der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2022/2023 insgesamt 1,3 Millionen Euro pro Jahr angemeldet, wobei 500.000 Euro für das Projekt Housing First für Frauen und 800.000 Euro für das Projekt Housing First Berlin vorgesehen werden. Entscheiden darüber werden die Abgeordneten als Haushaltsgesetzgeber.

Berlins Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) will die Obdachlosigkeit bezwingen.
Berlins Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) will die Obdachlosigkeit bezwingen.
© Britta Pedersen/dpa

Karen Holzinger, Bereichsleiterin Wohnungslosenhilfen im Verein für Berliner Stadtmission, dem zweiten Träger, würdigte die „Berliner Innovationsdynamik“ im Bereich der Wohnungslosenhilfe. „Housing First funktioniert bei Menschen mit Erkrankungen etc., aber es kann noch viel mehr." 17 Projekte insgesamt gebe es in Deutschland. Wichtig dabei sei die multiprofessionelle Beratung.

Holzinger hofft, dass Berlin auch ein sogenanntes "Hotel Plus" einrichten würde, das als Einrichtung für psychisch Kranke und Obdachlose ein niedrigschwelliges Angebot darstellen sollte. Außerdem müsse Berlin sogenannte "Safe Places" für Obdachlose zum Beispiel aus anderen EU-Ländern zur Verfügung stellen, bei denen man einen schwierigen Zugang habe.

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170 Plätze im betreuten Wohnen bietet die Stadtmission an. Dort blieben Menschen zwischen zwölf und 18 Monaten wohnen, sagte Dieter Puhl, Sozialarbeiter im Verein für Berliner Stadtmission. Von den 170 Betroffenen seien 46 in eigene Wohnungen vermittelt worden. Puhl sagte, dass die Sozialarbeit heutzutage aufgrund des hohen Verwaltungsaufwands von mehr als 60 Prozent immer schwieriger werde.

Eigene Unterkünfte für wohnungslose Familien

Für Familien mit Kindern sind die Einrichtungen der Kältehilfe nicht geeignet. Für diese Personen gibt es spezielle familiengerechte Unterkünfte wie beim EJF in Heiligensee und beim Diakonischen Werk in Kreuzberg. Insgesamt stehen in beiden Einrichtungen mehr als 70 Plätze zur Verfügung. In Berlin gibt es zudem weitere Einrichtungen gemeinnütziger und privater Träger solcher Einrichtungen.

In sogenannten ASOG-Einrichtungen in den Bezirken sind rund 50.000 Menschen in Berlin untergebracht. Damit werden zum Beispiel Leute, die wegen einer Räumungsklage ihre Wohnung verlassen mussten, vor der Obdachlosigkeit bewahrt. Rund 12.000 aus dieser Gruppe sind außerdem anerkannte Geflüchtete ohne eigene Wohnung. Die Unterbringung liegt in der Zuständigkeit der Bezirke.

Breitenbach sagte, sobald es eine gesamtstädtische Steuerung der Wohnungslosenunterkünfte gebe, würden alle Einrichtungen begutachtet werden. Dann hoffe sie auf einheitliche Standards bei den Unterkünften. Denn einige Unterkünfte in Berlin für Wohnungslose seien einfach nur "erbärmlich".

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