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Drei, die für die CDU kämpfen - und für sich: Mario Czaja, Hans-Georg Maaßen und Kai Wegner (von links).
© promo, imago/ari, Michael Kappeler/dpa
Update

Maaßen-Streit erreicht Berliner CDU: Mario Czaja greift Spitzenkandidat Kai Wegner für „riskanten Rechtskurs“ an

Dichter an Maaßen als an Merkel und Laschet? CDU-Politiker Czaja kritisiert den Kurs von Landeschef Wegner – es geht auch um fehlende Ost-Repräsentanz.

Der bekannteste Christdemokrat aus dem Berliner Osten kritisiert die Hauptstadt-CDU scharf. Mario Czaja, Bundestagskandidat in Marzahn-Hellersdorf, wirft der Berliner Parteiführung einen „riskanten Rechtskurs“ vor – und greift damit den CDU-Landeschef und Spitzenkandidaten für die Abgeordnetenhauswahl, Kai Wegner, an.

„Kai Wegner ist aus meiner Sicht dichter an den Positionen von Hans-Georg Maaßen als an denen von Angela Merkel und denen unseres Bundesvorsitzenden Armin Laschet. In einer Großstadt wird das zum Problem“, sagte Czaja dem Tagesspiegel auf Anfrage. „Die Berliner CDU sollte schleunigst zeigen, dass sie gleichermaßen für Sicherheit, sozialen Frieden und eine moderne Metropole steht.“

Schon vor einigen Tagen traf die Partei unvorbereitet der Austritt des früheren Fraktionschefs im Abgeordnetenhaus, Nicolas Zimmer. Der 50-Jährige, seit 1988 CDU-Mitglied, erklärte am Wochenende: „Eine Partei, die Maaßen nominiert, ist nicht mehr meine.“

Die CDU in Thüringen hatte zuvor den umstrittenen Ex-Chef des Bundesverfassungsschutzes, also jenen Maaßen, als Bundestagsdirektkandidaten aufgestellt. „Wo keine klare, eindeutige Abgrenzung zu rechten Brandstiftern stattfindet, ist für mich kein Platz mehr“, schrieb Zimmer.

Czaja: „Die Berliner CDU ist weit nach rechts gerückt“

Die nun erfolgte Kritik durch Berlins früheren Gesundheitssenator Czaja, der Mitglied des Abgeordnetenhauses ist, dürfte die parteiinterne Debatte befeuern. „Die Berliner CDU ist in den letzten Jahren weit nach rechts gerückt“, sagte Czaja. „Monika Grütters musste als Landesvorsitzende gehen. Und unserem liberalen Generalsekretär Stefan Evers wurde von erzkonservativen Kräften in seinem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf erst als Vorsitzendem, dann als Abgeordnetem das Vertrauen entzogen.“

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Evers, der Berliner CDU-Generalsekretär ist, reagierte umgehend: Czajas Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage. „Vielleicht wüsste er besser, wovon er spricht, wenn er sich in den letzten Jahren häufiger im Abgeordnetenhaus hätte sehen lassen oder sich inhaltlich in die CDU eingebracht hätte“, sagte Evers: „Kai Wegner hat viel für die inhaltliche und personelle Modernisierung der CDU getan“, die Bundestagsliste sei „heute moderner und weiblicher ist als je zuvor“.

Aus Czajas Sicht schafft es die Berliner Union schon seit Jahren nicht, ihr Potenzial auszuschöpfen: „Die Differenz zwischen Bundestags- und Abgeordnetenhauswahlergebnissen war leider immer enorm. Bei den letzten Wahlen betrug sie circa fünf Prozentpunkte – das bedeutet, bis zu 100.000 Berliner wählten zwar für den Bund die CDU, nicht aber für Berlin. Ich befürchte, das könnte ein Trend werden.“

Czaja bekam in seinem Wahlkreis zuletzt 47 Prozent

Wie berichtet will Czaja als CDU-Direktkandidat für Marzahn-Hellersdorf in den Bundestag. Seit 1990 gewann den Bundeswahlkreis immer die PDS, also die heutige Linkspartei. Allerdings hatte Czaja zur Abgeordnetenhauswahl 2016 den Berlin-Wahlkreis Mahlsdorf im Süden des Bezirks mit 47 Prozent der Erststimmen gewonnen, die CDU holte dort 37 Prozent der Zweitstimmen.

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Czaja hat sich in Mahlsdorf als bündnisfähig zu zeigen versucht, vor Ort auch mit Einzelnen aus der Linkspartei zusammengearbeitet. Der 45-Jährige geht offenbar davon aus, dass sein CDU-Kreisverband auch im Bundestagswahlkampf als ausreichend gut verwurzelt wahrgenommen wird. Hauptkontrahentin um das Mandat ist die Linken-Spitzenfrau Petra Pau. Sie jedoch ist durch die Landesliste ihrer Partei – wie in den Vorjahren – abgesichert, muss also anders als Czaja das Direktmandat in Marzahn-Hellersdorf nicht gewinnen.

Auf der CDU-Liste sind kaum Kandidaten aus dem Osten

Czajas Angriff auf Berlins CDU-Spitze dürfte damit zu tun haben, dass Wegner ihn nicht für einen Platz auf der Kandidatenliste für den Bundestag empfohlen hatte. Der CDU-Landesvorstand hatte für den begehrten vierten Listenplatz den Zehlendorfer Thomas Heilmann vorgeschlagen. Der ehemalige Justizsenator zog schon 2017 in den Bundestag ein, die CDU-Delegierten bestätigten ihn vor zwei Wochen auf Platz vier.

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Neben Czaja hatten sich andere Ostberliner erfolglos um den Platz bemüht: der frühere Bundestagsabgeordnete Philipp Lengsfeld sowie die Pankower Kandidatin Manuela Anders-Granitzki. Generalsekretär Evers sprach nun davon, dass Czaja besser in sich gehen sollte, als die Gründe seiner Niederlage bei anderen zu suchen.

Czaja kritisierte die Westlastigkeit der Landesliste damals deutlich, Berlins CDU- Spitze habe die Bedeutung der Wahlkreise im Osten der Stadt, gerade auch Marzahn-Hellersdorf, leider nicht erkannt. Alle aussichtsreichen Plätze der Bundestagsliste „gingen an Kandidaten aus Bezirken westlich des Brandenburger Tors“ – unter den ersten zehn Plätzen seien allein drei aus Steglitz-Zehlendorf, aber keiner aus Lichtenberg, Pankow, Marzahn-Hellersdorf.

Immerhin, sagte Czaja damals, sei er so nur den Interessen seines Wahlkreises verpflichtet: „Kein Parteienzwang, keine faulen Kompromisse.“ Czaja hat wohl auch wegen seiner Präsenz im Gesundheitswesen steigende Chancen gesehen – als Berliner Präsident des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) organisiert er maßgeblich die Arbeit in den Impfzentren.

Vor einigen Tagen wurde Czajas Wahlkreisbüro in Mahlsdorf angegriffen, der CDU-Mann hatte zuvor das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ insofern kritisiert, als er sagte, durch deren Anliegen seien auch große Genossenschaften gefährdet. Czaja sprach danach davon, dass unter Rot-Rot-Grün die „Bevormundung im Alltag“ zugenommen habe, unter der nicht zuletzt Geringverdiener und Facharbeiter zu leiden hätten.

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