Konflikt um Katalonien: Madrids langer Arm reicht bis Berlin
Katalonien steht unter der Kuratel der spanischen Regierung in Madrid - das merkt man sogar in der Berliner Friedrichstraße. Eine Glosse.
So schnell kann es also gehen. Wenn sich die Entscheider im zentralspanischen Hinterland, von progressiven Katalanen zuweilen als halbfeudale Provinzler abgetan, erstmal einig sind, dann reicht ihr Wille zum Durchgreifen nicht nur nach Barcelona, sondern in die EU-Institutionen nach Brüssel – und in die Friedrichstraße nach Berlin.
Was die Friedrichstraße mit dem Konflikt um Katalonien zu tun hat?
Offenbar so viel, dass die Madrider Entscheider auch in der Friedrichstraße durchsetzen wollen, dass sich Katalanen zunächst mal als Spanier präsentieren: In der Friedrichstraße hat die politische Vertretung Kataloniens in Deutschland ihren Sitz, also sowas wie eigensinnige, katalanische De-facto-Diplomaten. Weil Spaniens Senat vom fernen Madrid aus eine Art Notstand über die autonome Region am Mittelmeer verhängt hat und katalanische Polizeiwachen, Bürgerämter und Häfen mit madridtreuen Verwaltern besetzte, lag offenbar nahe, auch die Arbeit der Auslandsvertretungen vorerst einstellen zu lassen. In deren Büro in Berlins Mitte herrscht nun die von Madrid gewünschte Ruhe, die fünf Mitarbeiter der Semi-Botschaft sind beurlaubt. Zur Lage dürfen sie sich öffentlich nicht äußern, lautet die Anweisung.
Viele Katalanen hätten das alles nicht erwartet. Eher als gemächlich geltende Andalusier, also diejenigen Spanier, die vielerorts die Basis der rechtskonservativen Regierung in Madrid bilden, haben überraschend zügig die Verwaltung des schnelllebigeren Kataloniens übernommen. Und sie greifen – zack! – bis nach Berlin durch.
Überrascht sind einige Kenner aber nicht nur vom planvollen Vorgehen der Beamten aus dem spanischen Hinterland, sondern viel mehr noch von der Ruhe, ja fast schon Paralyse der betroffenen Katalanen. Galten die Männer und Frauen aus der Region nahe der französischen Grenze nicht einst als die kämpferischsten der Iberischen Halbinsel?
Die ebenfalls beurlaubte Leiterin der katalanischen Vertretung in Berlin, Marie Kapretz, sagte am Mittwoch diplomatisch: „Wir warten ab und hoffen, dass sich die Lage beruhigt. Und dass wir alsbald wieder für die guten Beziehungen zwischen Katalanen und Deutschen arbeiten können.“
Ganz, ganz vielleicht können sich die Katalanen derlei Zurückhaltung leisten. Nach viel Auf-und-Ab zeigt laut Nachrichtenagentur Reuters eine neue Umfrage: Die Idee eines eigenen Staates unterstützen plötzlich so viele Katalanen wie seit drei Jahren nicht mehr. So schnell kann es gehen.