Nach Wahl-Chaos um Evrim Sommer: Lichtenbergs Linke versucht Neustart mit alten Kräften
Nach einer scharfen Debatte über die gescheiterte Wahl von Evrim Sommer findet die Lichtenberger Linke eine neue Vorsitzende und einen Bürgermeisterkandidaten.
Die Lichtenberger Linke versucht nach dem Wahl-Desaster ihrer Bürgermeisterkandidatin Evrim Sommer den personellen Neuanfang und setzt dabei auf bewährte Kräfte. Mit 90 Prozent wählten die Delegierten auf einer Kreisversammlung am Sonnabend in Abwesenheit von Sommer die Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch zu ihrer neuen Vorsitzenden. Außerdem nominierte die Partei mit 86,4 Prozent den bisherigen Stadtrat aus Treptow-Köpenick Michael Grunst zu ihrem Bürgermeisterkandidaten.
Stadträtin soll die parteilose Katrin Framke werden. Sie war bereits von 2007 bis 2011 Bezirksstadträtin für Kultur und Bürgerdienste in Lichtenberg und wurde von 85,2 Prozent der Delegierten gewählt. Bis zum Wahlgang gab es aber erst einmal sechs Stunden Selbstkritik, Streit und Diskussion.
Eröffnet hatte die Versammlung Gesine Lötzsch, die ihrer Partei die Leviten las. „Ich war erschüttert, dass Evrim durchfiel“, sagte sie und kritisierte, dass Sommer in der eigenen Partei ein Jahr in der Kritik gestanden habe, obwohl es keine Gegenkandidatur gegeben hatte. „Kritik muss intern ausgetragen werden und nicht über Facebook oder die Sozialen Medien“, sagte sie. Über Sommer, die selbst via Facebook ihre Partei heftig angegriffen hatte, sagte Lötzsch: „Wir hatten ihr empfohlen auf solche Erklärungen zu verzichten.“ Trotzdem müsse die Partei in den nächsten Wochen nach einem geeigneten Posten für Sommer suchen, so Lötzsch.
Eine Frau? Da gab es nur Absagen
Anschließend berichtete die Bundestagabgeordnete von der Kandidatensuche. „Wir haben nach einer Frau gesucht, vielleicht auch von außen, aber wir haben leider in allen Fällen Absagen erhalten.“ Deshalb sei die Wahl letztlich auf Michael Grunst gefallen. Auf diese Ankündigung folgte unter den Delegierten kein Applaus, aber Murmeln.
Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Daniel Tietze, äußerte sich ebenfalls zu der gescheiterten Wahl von Sommer. Die Nachricht von angeblichen Schummeleien in ihrem Lebenslauf sei eine über den RBB „generalstabsmäßig lancierte Meldung“ gewesen, die ihr den Posten gekostet habe.
Vehement verwehrte er sich dagegen, dass die „Strippenzieher im Hintergrund“ aus seiner Fraktion gekommen seien und gemeinsam mit der AfD gegen Sommer gestimmt hätten. „Habt Vertrauen darin, dass gewählte Vertreter der Linke niemals mit Rassisten gemeinsame Sachen machen werden.“
Auch Michael Grunst, der von manchen Genossen in den vergangenen Tagen hinter vorgehaltener Hand als "Königinnenmörderin" verantwortlich gemacht worden war, äußerte sich nochmal zu Sommer: „Ja, unser Verhältnis war nicht immer einfach, aber es hat sich stets an der Sache orientiert.“ Er kündigte an, die Fehler des vergangenen Jahres aufzuarbeiten und versprach eine bessere Kommunikation.
Dass die nötig ist, bewies die anschließende Diskussion, bei der sich unzählige Parteimitglieder und Delegierte zu Wort meldeten. Neben Kritik war aber auch immer wieder zu hören, dass die Partei die Vergangenheit nun hinter sich lassen müsse, um die Probleme im Bezirk endlich angehen zu können. Davon waren offenbar auch die Delegierten überzeugt, die Grunst, Framke und Lötzsch mit starken Ergebnissen wählte.
Noch viel Gesprächsbedarf
Neben Lichtenberg wird aber auch das Bezirksamt in Mitte froh sein, sollten Grunst und die übrigen Stadträte am 15. Dezember von der Lichtenberger BVV gewählt werden. Dort wartet man nämlich sehnsüchtig auf die gewählte Stadträtin Sandra Obermayer. Die Parteilose ist im Moment für die Linke noch Jugendstadträtin in Lichtenberg, sie kann nur wegen des Chaos bei der letzten BVV-Sitzung nicht wechseln und muss sich so lange von CDU-Mann Carsten Spallek vertreten lassen.
Die Chancen, dass sie bald wechseln kann, stehen indes gut. Von den Kooperationspartner der Linke kamen am Sonnabend positive Signale. Es sei ein gutes Signal, dass beide Kandidaten aus dem Bezirk kommen, sagte der Fraktionsvorsitzende der Lichtenberger SPD, Kevin Hönicke. „Beide haben eindeutig Verwaltungserfahrung. Für uns ändert sich dadurch nicht viel.“
Etwas verhaltener äußerte sich die Fraktionschefin der Grünen, Camilla Schuler. Da es "leichte Vorbehalte" gegen Michael Grunst gebe, wolle man ihn nochmal zum Gespräch einladen. „Gerade bei den Themen Vielfalt und Toleranz ist er ein ganz anderer Kandidat als Sommer.“ Auch mit Framke wolle man sprechen, Vorbehalte seien ihr aber nicht bekannt. „Im Kulturausschuss habe ich aber immer gut mit ihr zusammengearbeitet.“