Bürgermeister-Wahl in Lichtenberg gescheitert: Evrim Sommer fällt in zwei Wahlgängen durch
Die Deutsch-Kurdin wollte die erste Einwanderin an der Spitze eines Bezirks werden. Dann wurden vermeintliche Ungereimtheiten in ihrer Biografie bekannt.
Es hätte für alle drei eine Premiere werden können – für den Bezirk, für die Stadt und für Evrim Sommer selbst. Am Donnerstag sollte zum ersten Mal eine im Ausland geborene Berlinerin zur Bezirksbürgermeisterin gewählt werden. In Lichtenberg. Doch Evrim Sommer, die 1971 als Evrim Baba im osttürkischen Varto geboren wurde, bekam in zwei Wahlgängen nicht die 28 nötigen Stimmen - 55 Männer und Frauen sitzen in der Bezirksverordnetenversammlung. Auf einen dritten Wahlgang wurde verzichtet. Die Wahl wurde verschoben.
Zuvor war bekanntgeworden, dass die Linken-Frau im Handbuch des Abgeordnetenhauses von 2015 als „Historikerin“ geführt wurde. Der Begriff ist allerdings nicht geschützt. An anderer Stelle ist zu lesen, dass Sommer an der Humboldt-Universität studiert. In Klammern steht in jenem Heft von 2015 dahinter „B.A.“, also „Bachelor of Arts“.
Sommer erklärte, es handele sich um die Art des Studienganges, nicht um den Abschluss. Auf Tagesspiegel-Anfrage sagte sie: Den Vorwurf, sie habe zu Unrecht einen Titel geführt, weise sie zurück. Sie werde sich einer Überprüfung durch Fachjuristen stellen. In ihren persönlichen Verlautbarungen habe sie „B.A.“ nicht verwendet. Den Bachelor-Abschluss erwarb die langjährige Abgeordnete erst am Mittwoch, also einen Tag, bevor sie sich zur Bürgermeisterin wählen lassen wollte.
Eigentlich hatten sich Linke, SPD und Grüne auf Sommer geeinigt. Sie hatte die Linkspartei im Wahlkampf geführt, die ist in Lichtenberg nun stärkste Fraktion.
Sommer ist Kurdin. In ihrer Geburtsstadt Varto kämpften kurdische Rebellen zuletzt wieder gegen die türkischen Armee. Wie viele Intellektuelle flohen ihre Eltern in den achtziger Jahren vor der Militärregierung. Evrim Baba wuchs in Schöneberg auf. Sie ließ sich zur Dolmetscherin ausbilden und engagierte sich in der damaligen PDS, 1999 wurde sie ins Abgeordnetenhaus gewählt.
Vor zehn Jahren lernte sie den Historiker Robert Sommer kennen und zog nach Lichtenberg. Der Bezirk ist mit 281 000 Einwohnern übrigens größer als Wiesbaden. Die Sommers leben mit ihrer Tochter in Alt-Hohenschönhausen im Norden Lichtenbergs.
Für den Bezirk gab Sommer den Sitz im Abgeordnetenhaus auf
Für den Bezirk hat Evrim Sommer ihren wohl sicheren Sitz im Landesparlament aufgegeben – die Linke hätte sie wieder aufgestellt. Diese Entscheidung war mit Blick auf einen Posten nie ohne Risiko: Seit der Wende stellte die Linke im Bezirk die größte Fraktion. Doch die anderen Parteien hatten sich zuletzt auf SPD-Frau Birgit Monteiro als Bürgermeisterin geeinigt.