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Muss sich verteidigen: Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Donnerstag im Abgeordnetenhaus.
© Fabian Sommer/dpa

Corona-Demo vorm Reichstag: Kritik an Berlins Innensenator – nicht nur von der Opposition

Erst scheitert ein Verbot, dann gibt es Tumulte vorm Reichstag: Andreas Geisel erklärt sich im Abgeordnetenhaus zur Corona-Demo. Die Debatte ist hitzig.

Wenige Tage nach den umstrittenen Ereignissen am Rande der Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin hat Innensenator Andreas Geisel (SPD) sein Vorgehen verteidigt. In einer von der AfD-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses zur Inneren Sicherheit sagte Geisel, die Einschätzung der Sicherheitsbehörden im Vorfeld der am Samstag teilweise eskalierten Proteste habe sich „leider bewahrheitet“.

Dem Vorwurf, durch sein zunächst verfügtes und später vor Gericht gescheitertes Verbot der Demonstration zur Mobilisierung der Demonstranten beigetragen zu haben, bezeichnete er als „Legendenbildung“. Geisel erklärte, für „Appeasementpolitik mit Extremisten, um diese nicht wütend zu machen“, stehe er nicht zur Verfügung. „Ich mache keine Gesinnungsethik, sondern übernehme sicherheitspolitische Verantwortung“, erklärte Geisel und erntete dafür laute Zwischenrufe der Opposition.

Mit Blick auf die am Ende von drei Polizisten verhinderte Stürmung des Reichstags durch rund 300 teilweise mit Reichsflaggen ausgestattete Demonstranten räumte Geisel ein: „Das ist nicht gut gelaufen, so etwas dürfen wir nicht zulassen“.

Er rief die mehrheitlich darüber empörte Gesellschaft über die darüber empörten Teile der Gesellschaft auf, für demokratische Grundwerte einzustehen. „Wir müssen uns laut für unsere Demokratie stark machen und dürfen uns nicht von der Lautstärke der Gegner beeindrucken lassen“, forderte Geisel. Der „Impfstoff“ gegen Populismus und Verschwörungstheorien rund um das Corona-Virus sei Haltung, sagte Geisel.

AfD schmäht Linken-Fraktionschefin als als „Mauermörderin“

Im Vorfeld seiner Rede hatten sich die Abgeordneten von Opposition und Koalition – allen voran der AfD – heftige Wortgefechte geliefert. Die 1986 geborene Linken-Fraktionschefin Anne Helm wurde während ihres Redebeitrags aus den Reihen der Rechtspopulisten wiederholt als „Kommunistin“ und „Mauermörderin“ bezeichnet. Zuvor hatte der intern als angeschlagen geltende AfD-Fraktionschef Georg Pazderski mit Blick auf das später gekippte Verbot der „Querdenken“-Demonstrationen von einer Fortsetzung der „DDR-Diktatur“ gesprochen.

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SPD-Fraktionschef Raed Saleh, in der Vergangenheit bereits mehrfach im Zentrum heftiger Auseinandersetzungen mit der AfD, nannte deren Verhalten „schäbig, heuchlerisch und verlogen“. Er bezeichnete die Fraktion als „Trümmertruppe“ und forderte Pazderski auf, „mal die Backen“ zu halten.

Dregger: Schwäche der Regierung „für jeden sichtbar geworden“

Um eine Versachlichung der zwischenzeitlich arg überhitzten Debatte bemühten sich CDU-Fraktionschef Burkard Dregger sowie Paul Fresdorf, innenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Oppositionsführer Dregger bezeichnete die Bilder einer „johlenden Menge“, die auf die Reichstagstreppe stürmte, als „beschämend für die politisch Verantwortlichen, deren Schwäche für jeden sichtbar geworden ist“.

CDU-Fraktionschef Burkard Dregger erkennt in den Demo-Ereignissen eine Schwäche der Regierung.
CDU-Fraktionschef Burkard Dregger erkennt in den Demo-Ereignissen eine Schwäche der Regierung.
© Fabian Sommer/dpa

Wie bereits am Montag im Innenausschuss, kritisierte er Geisel scharf für dessen gescheiterten Versuch, die Demonstration im Vorfeld zu verbieten, und warf diesem vor, „mit einer schlecht begründeten Verfügung zur Mobilisierung beigetragen“ zu haben. In Richtung des Innensenators erklärte Dregger: „An Ihrer Haltung habe ich nichts auszusetzen, an Ihrer mangelnden Professionalität aber schon.“

Fresdorf wiederum bezeichnete den Versuch des Verbots der Demonstrationen als „zwar gut gemeint, aber schlichtweg falsch“. Der Koalition fehle „eine konsequente und einheitliche Strategie“ im Bereich der Inneren Sicherheit, sagte Fresdorf.

Grünen-Fraktionschefin lässt Zweifel an Geisels Vorgehen erkennen

Wenn auch vorsichtig formuliert, so übte doch auch Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek Kritik am Vorgehen der vom Koalitionspartner geführten Innenverwaltung. Es treffe zu, dass die Verbotsdebatte im Vorfeld der von der Stuttgarter Initiative „Querdenken 711“ angemeldeten Demonstration „die Stimmung stark angeheizt“ habe, sagte Kapek.

Sie erklärte, die Grünen hätten sich „von Anfang an gegen unverhältnismäßige Einschränkungen der Versammlungsfreiheit“ ausgesprochen – gerade weil die Einschränkungen des Alltags durch die Corona-Maßnahmen so einschneidend sind und Protest dagegen möglich sein müsse. „Jede Einschränkung der Versammlungsfreiheit muss gut begründet sein“, erklärte Kapek und zielte damit ganz offensichtlich in Richtung Innensenator, dem genau das nach Ansicht des Verwaltungs- und später auch des Oberverwaltungsgerichtes nicht gelungen war.

In Richtung CDU appellierte sie, „wir müssen endlich einen Schulterschluss gegen rechts hinbekommen. Ziehen Sie eine klare grenze zwischen konservativ und rechts“, forderte Kapek von den Christdemokraten und fügte hinzu: „Wer sich empört, muss auch handeln!“

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