zum Hauptinhalt
Gefahr für den Schulfrieden? An Berliner Grundschulen ist das Kopftuch verboten.
© Getty Images/iStockphoto
Update

Berliner Neutralitätsgesetz: Kopftuchstreit: Arbeitsgericht weist Klagen ab

Die abgewiesene Grundschullehrerin verlangte eine Entschädigung von Berlin, ebenso eine zweite Klägerin. Am Donnerstag wies das Arbeitsgericht beide Klagen ab.

Zwei Lehrerinnen mit muslimischem Kopftuch sind mit ihren Entschädigungsklagen gegen das Land Berlin gescheitert. Das Arbeitsgericht wies am Donnerstag die Klagen der Frauen ab. Das Land erwartet weitere Klagen und bereut schon, vor einem Jahr keine Revision eingelegt zu haben, um die Sache in die nächste Instanz zu tragen oder durchentscheiden zu lassen. Vor einem Jahr hat eine Lehrerin, die wegen ihres Kopftuches nicht an einer Grundschule unterrichten durfte, eine Entschädigung erstritten, weil das Kopftuch bei der Ablehnung als Argument benutzt worden war und darin ein Verstoß gegen das Antidiskriminierungsgesetz gelegen hat.

Die beiden aktuellen Fälle lagen etwas anders. Im ersten Fall klagte eine Informatikerin, die sich als Quereinsteigerin am Gymnasium beworben hatte, auf eine Entschädigung in Höhe von 10 319 Euro; sie war abgelehnt worden, unter anderem weil es ausreichend Bewerber mit entsprechender Laufbahn gab, denen man vor Quereinsteigern den Vorzug gab, und auch, weil sie nicht bereit war, das Kopftuch abzulegen, dieses aber am Gymnasium nicht gestattet ist.

Lehrkräfte als Vorbilder

Das Arbeitsgericht gab dem Land Berlin Recht; an der Verfassungsgemäßheit des Neutralitätsgesetzes habe es keine Zweifel (Az.: 58 Ca 7193/17). Der Gesetzgeber habe in zulässiger Weise die Glaubensfreiheit der Lehrkräfte gegen die negative Religionsfreiheit der Schulkinder, das Erziehungsrecht der Eltern und den staatlichen Erziehungsauftrag, dem in neutraler Weise nachzukommen sei, abgewogen, hieß es in der mündlichen Begründung. Es dürfe auch berücksichtigt werden, dass die Lehrkräfte speziell bei jüngeren Schülerinnen und Schülern eine Vorbildfunktion innehätten. Die Einschränkung der Religionsfreiheit der Klägerin sei hinzunehmen, zumal die Klägerin mit Kopftuch an einer beruflichen Schule arbeiten könne.

Die zweite Klage hatte Leyla R. (Name geändert) erhoben, die als Grundschullehrerin vor zwei Wochen mit dem Versuch scheiterte, an ihrer Wunschgrundschule mit Kopftuch unterrichten zu dürfen. Sie verlangte 18 296 Euro Entschädigung, verpasste jedoch die Frist – die Klage wurde abgewiesen, weil R. ihren Anspruch nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen zwei Monate geltend gemacht hatte (Az.: 58 Ca 8368/17).

Kopftücher an Grundschulen verboten

Beide Klägerinnen hatten zuvor an den Castings der Bildungsverwaltung teilgenommen, mit denen diese die dringend benötigten Lehrkräfte sucht. Leyla R. verstand sich gut mit der Rektorin ihrer Wunschgrundschule, an der sie auch schon als Referendarin tätig war. Beide waren einig, dass Leyla R. nach bestandenem Examen dort zum 6. Februar 2017 anfangen sollte; sie wurde allerdings mehrfach darauf hingewiesen, dass das Kopftuch an der Grundschule nicht erlaubt sei. Sie hatte stets entgegnet, sie werde es nicht ablegen, und war vertragsgemäß zum Dienst erschienen, allerdings mit Kopftuch. Sie wurde noch am ersten Tag freigestellt und sodann an ein Oberstufenzentrum umgesetzt.

Das Neutralitätsgesetz verbietet das Tragen religiöser Symbole im öffentlichen Dienst für alle Religionen gleichermaßen. Vor allem beim Thema Schule hatte die Regelung immer wieder für Konflikte gesorgt. Der Riss verläuft in Berlin quer durch die Landesregierung. Die Grünen wollen das Gesetz loswerden, die SPD will es behalten, und die Linken streiten noch. Einig sind alle darin, dass am besten das Verfassungsgericht entscheiden soll.

Zur Startseite