Flüchtlinge in Berlin: Keine Statistik zu verspäteten Anhörungsterminen
Der Berliner Flüchtlingsrat wirft dem Bamf vor, Asylverfahren bewusst zu erschweren. Das Bundesinnenministerium versichert, eine solche Praxis läge nicht im Interesse des Flüchtlingsamts.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) führt keine Statistik über Flüchtlinge, die ihre Einladung zur Anhörung im Asylverfahren verspätet bekommen haben. Das Bundesinnenministerium teilte auf Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Volker Beck weiter mit, "mangels statistischer Erhebung" lägen auch keine Daten zur Frage vor, in wie vielen Fällen Asylsuchende darauf hingewiesen wurden, dass sie den Anhörungstermin nicht wahrgenommen haben und nunmehr nur noch schriftlich zum Asylantrag Stellung nehmen können.
Hintergrund der Anfrage von Beck: Der Flüchtlingsrat Berlin hatte dem Bamf Anfang Juli vorgeworfen, es benutze in der Hauptstadt einen "ganz üblen Trick, um die vielen Asylanträge systematisch abzulehnen". Einladungen zu Asylanhörungen würden systematisch zu spät verschickt, so dass Asylbewerber keine Chance hätten, zum angegebenen Termin zu erscheinen. Eine konkrete Zahl Betroffener nannte der Flüchtlingsrat damals nicht, sprach aber für Berlin von einem "Massenphänomen". Das Bamf hatte die Vorwürfe "mit Entschiedenheit" zurückgewiesen. Die Sprecherin der Nürnberger Behörde, Andrea Brinkmann, versicherte nach Klärung des Sachverhalts, der Zeitraum zwischen der Ladung zur Anhörung und dem Termin der Anhörung betrage mindestens eine Woche, in der Regel rund zehn Tage.
Konkret hatte der Grünen-Politiker Beck danach gefragt, in wie vielen Fällen seit Anfang des Jahres die Ladung zur Anhörung im Asylverfahren erst am Tag vor der Anhörung, am Tag der Anhörung oder erst nach dem Anhörungstermin zugestellt worden sei. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder, erklärte dazu: "Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erhebt entsprechende Daten nicht statistisch."
Schröder sagte weiter, bei verspätet zugestellten Ladungen würden Antragsteller einen neuen Termin zur Anhörung erhalten, "ein etwaiges Postverschulden wird nicht nachteilig angerechnet". Es liege im Interesse des Bamf, "dass Antragsteller ihren Anhörungstermin wahrnehmen können, damit das bereitgestellte Personal und auch die Dolmetscher Verfahren effektiv bearbeiten können".
Beck ist mit der Antwort nicht zufrieden. Er sagte am Montag dem Tagesspiegel, die Vorwürfe des Flüchtlingsrats seien schwerwiegend. "Man müsste meinen, dass die Bundesregierung alles tun würde, um sie auszuräumen. Das Gegenteil ist der Fall: Schmallippig verweist das Bundesinnenministerium auf fehlende Statistiken." Das Chaos im Bamf nehme kein Ende und der Innenminister schaue zu.
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) aber müsse dafür sorgen, dass das Bamf Asylsuchende über die bevorstehende Anhörung informiert, sobald der Termin feststeht, erklärte der Grünen-Politiker weiter. "Mindestens ein paar Tage zwischen Ladung und Anhörung sollten auf jeden Fall drin sein. Wenn man die Betroffenen monatelang auf den Termin warten lässt, muss er dann nicht urplötzlich wie vom Himmel fallen. Das Bamf muss auch dafür sorgen, dass neue Termine zeitnah vergeben werden, wenn ein Termin nicht wahrgenommen werden konnte, weil die Betroffenen zu spät informiert worden sind. Das ist ein Gebot der Fairness."