Hausaufgabe für den nächsten Senat: Jetzt soll alles besser werden bei der Berliner Schul-Digitalisierung
Ein neues Portal wird zentrale Anlaufstelle für alle Belange der Digitalisierung. Die Finanzierungslage bleibt vage.
Eines der peinlichsten Kapitel der Berliner Schulpolitik hat kurz vor dem Ende der Legislatur noch einen positiven Schlusspunkt bekommen: Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) und TU-Präsident Christian Thomsen stellten am Mittwoch die Digitalisierungsstrategie für die Berliner Schulen vor, die bis 2025 realisiert werden soll und sowohl die Verwaltung als auch den Unterricht umfasst.
Die Strategie ist gewissermaßen der zweite Anlauf, weil alle diesbezüglichen Ziele aus der Koalitionsvereinbarung von 2016 verfehlt wurden. Nun soll aber alles ganz schnell gehen – solange die Pandemie als Wind in den Segeln der Digitalisierer taugt.
Ohne diesen Wind wäre an die dreistelligen Millionenbeträge, die man benötigt, um alle 400.000 Schüler:innen und Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten aus öffentlicher Hand auszustatten, noch nicht einmal zu denken. Auch muss der Breitbandanschluss für die meisten Schulen noch finanziert werden, um nur die kostspieligsten Baustellen zu nennen.
Wie es nach der Wahl weitergeht und ob die nächste Koalition tatsächlich bis 2024 die Millionen für Schüler-Endgeräte aufbringen wird, wie das Strategiepapier „vorbehaltlich der hierfür erforderlichen Haushaltsmittel“ notiert, ist offen.
Rechner für alle - kostenlos. Wenn die nächste Koalition mitmacht
Bei der Strategie geht es aber um viel mehr. Denn die teure Infrastruktur inklusive Service und Support macht nur Sinn, wenn das „Lehren und Lernen mit und über Medien“ auch tatsächlich in den Unterricht einfließt. Damit das gelingt, will Scheeres noch kurz vor Ende ihrer zweiten und letzten Amtszeit verpflichtende Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte per Verordnung festzurren.
Scheeres zeigte sich überhaupt hoch zufrieden mit dem Erreichten. Als Beispiele nannte sie die Beschaffung von rund 50.000 digitalen Endgeräten für bedürftige Schüler:innen und – nach und nach – für alle Lehrkräfte. Da sei Berlin viel weiter als manche andere Bundesländer, betonte die Sozialdemokratin.
Punkten kann Berlin auch mit der Lernplattform „Lernraum Berlin“, den eine Handvoll Lehrkräfte – weitgehend auf sich allein gestellt – jahrelang entwickelt hatte. Nach der Überlastung zu Beginn der beiden Lockdowns beschäftigt Scheeres’ Verwaltung inzwischen Dienstleister, die für eine reibungslose Nutzung des Lernraums sorgen.
Zum 48-seitigen Strategiepapier geht es HIER.
Um die vernetzte Digitalisierung voranzubringen, baut die Bildungsbehörde jetzt ein Schulportal auf, das unter einer zentralen Adresse – schulportal.berlin.de – alle Anwendungen zusammenführen soll. „Dieses Berliner Schulportal wird der zentrale Einstiegspunkt zu den digitalen Lösungen und Informationsangeboten sein“, heißt es. Geplant ist, dass das Portal für alle da ist, die mit den Schulen zu tun haben – egal ob Lehrkräfte, Schulämter, Schüler:innen, Sozialarbeiter:innen, Eltern oder Kooperationspartner.
Das bedeutet, dass man dort etwa den Zugriff auf das Videokonferenzsystem „Big Blue Button“ bekommen soll und auch auf ein digitales Assessment-Center, um Lernstandsanalysen besser online managen und auswerten zu können. Ebenso der Zugriff auf einen Grundbestand an frei zugänglichen, digitalen Bildungsmedien für allgemeinbildende und berufliche Schulen soll dort möglich sein.
Die Verwaltungsdigitalisierung - eine Dauerbaustelle
Etliche Schulleitungen und Lehrkräfte, aber auch Bildungsstadträte und Schulamtsleiter dürften diese Ankündigungen allerdings mit Skepsis quittieren: Zu gegenwärtig sind vollmundige Ankündigungen aus der Vergangenheit, deren Umsetzung seit Jahren überfällig ist. Prominentestes Beispiel: Die Digitalisierung der Schulverwaltung, die seit 2008 verfolgt wird und seit vielen Jahren abgeschlossen sein sollte.
Auch ein Neustart im Jahr 2017 brachte nicht den raschen Durchbruch, so dass die nächsten Zieldaten – 2018 und dann 2019 – ebenfalls gerissen wurden. Am Mittwoch nun nannte Scheeres 2022 als neuen Termin, bis zu dem alle Schulen in die Lehrer- und Schülerdatenbank aufgenommen sein werden. Ein zweistelliger Millionenbetrag war laut Landesrechnungshof bereits 2014 verbrannt.
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Scheeres reagiert auf dererlei Verzögerungen gelassen: „Das hatten wir uns schneller vorgestellt“, kommentiert sie die Bilanz. In Bezug auf das Versagen bei der Anbindung der Schulen an das Glasfasernetz sieht die Senatorin offenbar noch weniger Verantwortung bei ihrer Behörde.
Auf den Einwand, dass Hamburgs Schulen schon seit 2013 die Glasfaseranbindung haben, entgegnete sie mit dem Hinweis auf die unterschiedlichen Kompetenzen der Bezirke an Elbe und Spree.
Beim seit 2012 versprochenen „elektronischen Klassenbuch“ steht laut Strategiepapier noch nicht einmal fest, ob es überhaupt kommt. Bildungsexpertin Stefanie Remlinger (Grüne) nannte die Verzögerungen bei der Digitalisierung „höchst unbefriedigend“. Berlins Schulen ähnelten „Zeitkapseln und nicht Bildungseinrichtungen“, meinte Paul Fresdorf (FDP).
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