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Die Affäre um schadstoffbelastete Schießstände bei der Polizei ist erneut Thema im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses.
© Rainer Jensen/dpa

„Munition ist nicht vegan oder bio“: Innensenator will in Schießstand-Affäre neue Anträge von Betroffenen prüfen

Am Montag war die Schießstand-Affäre der Berliner Polizei erneut Thema im Innenausschuss. Dabei ging es um die Entschädigungszahlungen an die Betroffenen.

In die Auseinandersetzung zwischen Polizisten und der Innenverwaltung um die Schießstandaffäre hat sich nun der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) eingeschaltet. Im Januar will Müller Vertreter des Vereins „Biss“ empfangen. Der Verein vertritt Polizisten, die durch Schadstoffe in den Schießständen der Polizei geschädigt wurden. Auch Innensenator Andreas Geisel (SPD) ist zu dem Treffen eingeladen.

Frühere Sozialrichterin äußert Vorwürfe gegen Verein

Müller hatte die Vereinsvertreter eingeladen, nachdem ein Vermerk der Innenverwaltung bekannt geworden war. In dem von Geisel abgezeichneten Vermerk war eine Stellungnahme der Vorsitzenden der Bewertungskommission – ohne Widerspruch – enthalten. Die frühere Sozialrichterin, die über die Entschädigungen für Schießstandopfer entschied, warf dem Verein „Militanz“, „besserwisserische Uneinsichtigkeit“, „Ignoranz“ und „Selbstüberzeugtheit“ vor. Der Protest und die Kritik an den Entschädigungen dürfe nicht das gesamte Projekt „überschatten“ und „beherrschen“.  

 Zahlreiche Betroffene bekamen keine Entschädigung

Die Schießstandaffäre war am Montag zum wiederholten Mal Thema im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Opposition und Koalitionsvertreter waren sich einig darin, dass der Entschädigungsfonds und die ausgezahlten 3,3 Millionen Euro nicht die erhoffte Befriedung der Lage gebracht haben. 

Das hat mehrere Gründe: Zahlreiche Beamte, die über Jahre in den Schießständen giftigen Dämpfen ausgesetzt waren, bekamen keine oder geringe Entschädigung. Dabei sollte die Dauer der Tätigkeit nach dem Willen des Abgeordnetenhauses eine Rolle spielen. 

Gutachten hatte keinen Zusammenhang zwischen Schießständen und Erkrankung festgestellt

Dagegen hat die Bewertungskommission aufgetretenen Gesundheitsschäden mehr Bedeutung zugemessen. Selbst Koalitionsvertreter räumten ein, dass die von der Charité erstellte Studie zur Schießstandaffäre wenig hilfreich gewesen sei – weil für Untersuchungen nicht die gefährliche Munition geprüft wurde.

Das Gutachten hatte keinen Zusammenhang zwischen den Zuständen in den maroden Schießständen, in denen Beamte giftigen Dämpfen ausgesetzt waren, und Erkrankung festgestellt.

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Benedikt Lux (Die Grünen) sagte, der Innenausschuss hätte sich auch selbst stärker engagieren müssen und sich häufiger über die Arbeit der Kommission Bericht erstatten lassen müssen. Jetzt seien zielgenaue Nachbesserungen nötig. Im neuen Doppelhaushalt 2020/21 ist noch einmal eine halbe Million Euro für die Entschädigungen vorgesehen. Wie genau mit künftigen Anträgen umgegangen werden soll, ist unklar. 

Wenig Entgegenkommen von Andreas Geisel

Innensenator Andreas Geisel (SPD) erklärte, wenn neue medizinischen Unterlagen eingereicht werden oder neue Erkrankungen auftreten, würden diese Anträge bearbeitet werden. Die Koalitionsfraktionen versuchen aber intern Druck zu machen, damit es eine weitere Lösung gibt: Demnach sollte auch die Dauer der Tätigkeit in giftigen Schießständen berücksichtigt werden. Bislang zeigte sich in den Äußerungen des Innensenators am Montag wenig Entgegenkommen in dieser Frage.  

„Munition ist nicht vegan oder bio“

Zumindest wird sich Geisel nun auf Klagen gegen die Bescheide der Bewertungskommission einrichten müssen. Zwar sollte der Rechtsweg ausgeschlossen werden, doch Betroffene wollen nun vom Verwaltungsgericht feststellen lassen, ob das so einfach geht oder ob die Bewertungskommission mit ihrer Entscheidung nicht doch einen Verwaltungsakt erlassen hat.

Mit einer flapsigen Bemerkung sorgte Geisel dann noch für Gelächter, als er auf die grundsätzlichen Gesundheitsrisiken beim Schießen trotz neuer modernisierter Schießstände hinwies: „Munition ist nicht vegan oder bio.“

 3,3 Millionen Euro wurden ausgezahlt

Ende 2017 hatte das Abgeordnetenhaus beschlossen, einen Ausgleichsfonds für „mit dem häufigen und regelmäßigen Schießtraining auf veralteten Schießanlagen der Polizei verbundenen besonderen Belastungen“ einzurichten.

Innensenator Geisel hatte eine unabhängige Kommission berufen. Am Ende wurden 3,3 Millionen Euro ausgezahlt, 786 Anträge wurden 297 abgelehnt. 328 Beamte bekamen 3000 Euro, 25 Mal wurden 7500 Euro bewilligt, 114 Mal 10.000 Euro, acht Mal 30.000 Euro, zwei Mal 40.000 Euro, sieben Mal 50.000 Euro, drei Mal 60.000 Euro und jeweils einmal 70.000 und 80.000 Euro. 

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