Denkmalstreit in Berlin: Gregor Gysi will Lenin wieder ausbuddeln
Der Streit um das Lenin-Denkmal in Berlin wird immer politischer. Jetzt will sich Gregor Gysi dafür einsetzen, dass der Kopf Lenins in einer Dauerausstellung der Zitadelle Spandau gezeigt werden kann.
Um Lenins Ruhestätte gibt es keine Ruhe. Wie berichtet weigert sich das Landesdenkmalamt, das 1991 vom heutigen Platz der Vereinten Nationen abgeräumte und im Köpenicker Forst vergrabene Denkmal des Oktoberrevolutionärs für die in der Spandauer Zitadelle geplante Dauerausstellung „Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler“ freizugeben. Gregor Gysi, Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag und Wahlkreisabgeordneter aus Treptow-Köpenick, will sich wegen der Sache an seinen früheren Chef Klaus Wowereit (SPD) wenden. Das teilte er auf Anfrage des Tagesspiegels mit. Die Sowjetunion sei eine der Siegermächte des von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkrieges, „so dass wir ein Stück ihre Geschichte geerbt haben. Lenin darf man deshalb nicht verbuddeln; man muss ihn zeigen und darf sich mit ihm auseinandersetzen.“
Die Stadtentwicklungsverwaltung, zu der das Landesdenkmalamt gehört, wollte am Montag keine Nachfragen beantworten: „Die Entscheidung ist aus technischen und finanziellen Gründen, aber auch aus denkmalschützerischen Erwägungen so getroffen worden“, hieß es dort. Weitere Auskünfte gebe man nicht.
Die Ausstellungsleiterin hatte zunächst eine Zusage erhalten
Offiziell begründete der Landeskonservator die Absage damit, die genaue Lage von Lenins Kopf und der tatsächlich notwendige Aufwand für die Bergung seien ungewiss. Nur scheint diese Begründung wenig plausibel, weil Fotos von der Einlagerung des in 129 Teile zerlegten und erst nach mehr als einem Jahr mit Erde zugeschütteten Monuments existieren. Andrea Theissen, die Leiterin der geplanten Dauerausstellung, sagte am Montag: „Wir haben genug Geld und wir können den Zeitplan einhalten, weil wir über die Dokumentation in Form einer Lageskizze verfügen.“ Nachdem sie bereits 2009 von der Stadtentwicklungsverwaltung die Zusage erhalten habe, dass das Denkmal für sie reserviert sei, habe sie im März dieses Jahres noch einmal beantragt, den Kopf auszugraben. Doch seitdem hätten auch ein Brief an Senator Michael Müller (SPD) und ein Telefonat mit Landeskonservator Jörg Haspel keinen Erfolg gebracht. Nun würde Theissen gern den wahren Grund für die plötzliche Kehrtwende wissen. Auch das Argument, das einst 19 Meter hohe Denkmal solle komplett bleiben, überzeugt sie nicht. Denn immerhin sei es auf Betreiben des damaligen Stadtentwicklungssenators Volker Hassemer (CDU) 1991 aus der Denkmalliste des Landes ausgetragen worden.
Dieses Detail bringt die Verwaltung noch stärker in Erklärungsnot: Formal ist der Koloss aus ukrainischem Marmorgranit möglicherweise nur noch ein Haufen Bauschutt im Beritt der Berliner Forsten. Die gehören zwar ebenfalls zur Stadtentwicklungsverwaltung, aber hängen wohl nicht allzu sehr an dem verbuddelten Revolutionär: Immer mal wieder hieß es bei der Forstverwaltung, man sei zu dem Denkmal gekommen „wie die Jungfrau zum Kind“ und müsse nun die Hobby-Schatzsucher fernhalten.
Museumsleiterin Theissen hofft, dass Gysis Intervention beim Regierenden Bürgermeister die Entscheidung zugunsten von Lenin bringt, der als ein zentrales Objekt in der Ausstellung avisiert ist: „Klaus Wowereit hat sich bisher als großer Freund dieses Projekts gezeigt.“ In seiner Rede zur Grundsteinlegung der Ausstellung im Frühjahr habe der Regierungschef in Richtung des Spandauer CDU-Stadtrats gescherzt, dass der ja nun dafür verantwortlich sei, Lenin wieder ans Licht zurückzuholen.