59 Euro für einen Covid-19-Abstrich: Gesundheitspolitiker kritisieren private Berliner Corona-Teststelle
Ab nächsten Mittwoch soll es ein Corona-Drive-In in Mitte geben – ohne Kenntnis von Bezirk und Verwaltung. Auch Berliner Landespolitiker kritisieren den Schritt.
Sie ist noch gar nicht in Betrieb, wird aber schon kontrovers diskutiert – die erste, private Corona-Teststelle in Berlin. Nach einem Tagesspiegel-Bericht war bekannt geworden, dass ab kommenden Mittwoch auf einem Parkplatz hinter der Landesvertretung von Brandenburg, mitten im Regierungsviertel eine Drive-In entsteht, offenbar im Auftrag des Ärztehaus Mitte. Das Zelt steht schon, laut einer Mitarbeiterin soll der Abstrich 60 Euro kosten und ist explizit keine kassenärztliche Leistung.
„Ich finde es problematisch, wenn das Coronavirus zu einer weiteren Kommerzialisierung im Gesundheitswesen beiträgt“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Thomas Isenberg, dem Tagesspiegel. Es sei entscheidend, wie die Praxis die Tests bewerbe, ob sachlich informiert werde oder, ob man Profit mit der Angst in der Coronakrise mache.
Um Wucher scheint es sich bei dem Angebot nicht zu handeln. Laut einer Antwort der Gesundheitsverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage berechnen auch die Krankenkassen mindestens 59 Euro für einen Covid-19-Abstrich. Anders als in den beiden neuen Drive-in-Teststellen in Mitte und Neukölln und den übrigen Corona-Teststellen in Berlin, müssten bei der privaten Teststelle aber die Patienten die Leistung bezahlen.
Auch der Gesundheitsexperte der Berliner FDP, Florian Kluckert, äußerte sich. Es sei zu begrüßen, dass immer mehr Drive-in-Teststellen entstünden. „Jedoch darf aus der angespannten Situation und der Not der Menschen kein Geschäftsmodell entstehen.“ Am Ende dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass eine Gewinnmaximierung im Vordergrund stehe. Und Kluckert weiter: „Ich fordere daher den Senat auf, diese private „Corona-Teststelle“ genauestens zu beobachten, ob hier auch wirklich alle Hygienestandards eingehalten werden und eine Containment-Strategie mit Ermittlung von Kontaktpersonen vorhanden ist.“
Mittes Gesundheitsstadtrat will Teststellen juristisch überprüfen lassen
Catherina Pieroth, Sprecherin für Gesundheitspolitik bei den Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, setzt auf reguläre Testverfahren und sieht kommerzielle Angebote kritisch: „Wenn ein Test medizinisch sinnvoll ist, wird er auch finanziert.“ Auch in der Corona-Krise wolle man wir „keiner Zwei-Klassen-Medizin Vorschub leisten“.
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Die Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hatte am Vortag auf eine inhaltliche Bewertung der privaten Teststelle verzichtet. Ihre Behörde war – ebenso wie das Gesundheitsamt Mitte – von der privaten Teststelle überrascht worden. „Es ist ein weiteres Angebot, sich im Gesundheitswesen testen zu lassen“, sagt die Senatorin und versprach, man werde Hygiene- und Abstandsregeln der Praxis im Blick haben.
Der Gesundheitsstadtrat von Mitte, Ephraim Gothe (SPD), teilt mit, man habe Pläne und Konzepte der Betreiber angefordert. Bis Anfang nächster Woche will er die private Corona-Teststelle juristisch überprüfen lassen.