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Berlins Innensenator stellte einen Untersuchungsausschuss für die nächste Legislaturperiode in Aussicht.
© Britta Pedersen/dpa

Abschlussbericht zur Neuköllner Anschlagsserie: Geisel hält Untersuchungsausschuss im kommenden Jahr für wahrscheinlich

Der Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses diskutiert den Soko-Abschlussbericht. Linke und Grüne kritisieren fehlende Antworten auf offene Fragen.

Mindestens 72 Straftaten, Brandanschläge, Drohungen und Sachbeschädigungen. Eineinhalb Jahre einer der wohl umfangreichsten Ermittlungen. Und am Ende ein ernüchterndes Ergebnis: Am Montag wurde der Abschlussbericht der Soko „Fokus“ zur rechtsextremen Anschlagsserie in Neukölln im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses debattiert.

Neue Erkenntnisse gibt es, wie berichtet, kaum. „Das bedeutet allerdings nicht, dass die Ermittlungen abgeschlossen sind“, erklärte Innensenator Andreas Geisel (SPD) – der die Soko nach diversen Pannen ins Leben gerufen hatte – gleich zu Beginn der Debatte.

Von dem Bericht gibt es insgesamt drei Versionen. Eine vertrauliche und eine Version „für den Dienstgebrauch“, die 72 Seiten umfassen und sich nach Tagesspiegel-Informationen nur durch die Schwärzung der Namen unterscheiden. Die dritte Version, die der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wurde, füllt weniger als zwölf Seiten.

Polizeipräsidentin Barbara Slowik fasste die aus ihrer Sicht wesentlichen Erkenntnisse des Berichtes zusammen. So gäbe es keine Belege für eine mögliche Befangenheit des leitenden Oberstaatsanwaltes F., der auf Betreiben der Generalstaatsanwältin versetzt worden war. Die Soko „Fokus“ habe alle Straftaten, die der Serie zugerechnet werden, überprüft – unabhängig davon, ob die Ermittlungen bereits eingestellt worden waren oder noch gar nicht abgeschlossen sind.

Dabei seien keine neuen Beweise gegen die drei Hauptverdächtigen, den Ex-NPD-Mann Sebastian T., den früheren AfD-Bezirkspolitiker Tilo P. und den polizeibekannten Neonazi Julian B., gefunden. Wie berichtet, gehen die Ermittler von einer „hohen kriminalistischen Wahrscheinlichkeit“ aus, dass es sich bei den drei Verdächtigen um die Täter handelt.

Vorgehen der Polizei sei „äußerst irritierend“

Slowik erklärte weiter, dass es keine Hinweise auf missbräuchliche Datenabrufe und -weitergaben durch Polizisten gebe. Dem widersprechen allerdings Erkenntnisse der Berliner Datenschutzbeauftragten Maja Smoltczyk, die im August erklärt hatte, dass es unerlaubte Abfragen von Polizeicomputern auf die Daten von Betroffenen der Anschlagsserie gegeben habe. Smoltczyk bemängelte die Aufklärungsbereitschaft von Seiten der Polizei und bezeichnete deren Vorgehen als „äußerst irritierend“.

Slowik wies zudem noch einmal auf die schwierigen Grundvoraussetzungen der Ermittler, die Anschläge und auch Brandanschläge generell aufzuklären. Die Soko „Fokus“ hätte ihre Aufgabe in „herausragendem Maß“ erfüllt.

Auf Fragen der Abgeordneten erklärte zudem LKA-Staatsschutzchef André Rauhut, dass die Beamten seit 2018 insgesamt 16 sogenannte Gefährderansprachen bei den Hauptverdächtigen durchgeführt hätten, unter anderem auch nach dem Anschlag auf eine Synagoge in Halle. Es gebe auch noch offene Ermittlungsverfahren gegen die drei. Durch genauere Prüfung der Szene habe sich die Zahl der als gewaltbereite Rechtsextremisten registrierten Personen binnen eines Jahres verdoppelt, hieß es weiter.

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Grüne und Linke kritisierten, dass der Bericht mehr Fragen aufwerfe als beantworte. Der Linken-Innenexperte Niklas Schrader forderte erneut einen Untersuchungsausschuss, um die Ermittlungspannen auch politisch aufzuklären. Eine Ermittlerkommission sei nur ein erster Schritt, sagte Schrader, denn Polizisten seien „naturgemäß befangen“, wenn sie gegen ihre Kollegen ermitteln müssten.

.Polizisten seien „naturgemäß befangen“, wenn sie gegen ihre Kollegen ermitteln, sagte Niklas Schrader.
.Polizisten seien „naturgemäß befangen“, wenn sie gegen ihre Kollegen ermitteln, sagte Niklas Schrader.
© promo

Innensenator Geisel kündigte an, dass es 2021 einen Untersuchungsausschuss geben könnte. „Meine These ist, dass wir womöglich in der kommenden Legislaturperiode rückblickend einen Untersuchungsausschuss bekommen werden“, sagte Geisel. Am Dienstag will er die Expertenkommission, die die Ermittlungen neu untersuchen soll, beim Senat offiziell beantragen.

Der Grünen-Abgeordneten Benedikt Lux kritisierte insbesondere den Umgang mit den Betroffenen der Anschlagsserie. So war am Freitag durch eine Bericht des „RBB“ bekannt geworden, dass LKA-Beamte die Betroffeneninitiative „Basta“ angezeigt hatte, die angeblich gegen das Versammlungsrecht verstoßen haben soll.

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Basta hält jeden Donnerstag eine Mahnwache vor dem LKA ab, um die Aufklärung der Anschläge und die Aufklärung vermeintlicher rechter Netzwerke innerhalb der Ermittlungsbehörden zu fordern. „Dieser Bericht, der zu 90 Prozent auch schon Bestandteil des Zwischenberichtes war, ist nicht geeignet, das erschütterte Vertrauen bei den Opfern der rechtsextremen Anschlagsserie wieder herzustellen“, sagte Lux zum öffentlichen Abschlussbericht.

Der CDU-Fraktionschef Burkhard Dregger lobte die Arbeit der Soko. Er habe keinen Zweifel daran, dass die Ermittler das Ziel hatten, Ergebnisse zu erzielen. „Natürlich wünschen wir uns, dass rechtsextremistische Straftaten aufgeklärt werden“, sagte Dregger. Allerdings müsse auch akzeptiert werden, wenn dies nicht gelinge. Bei der kommenden Sitzung des Innenausschusses soll der Bericht erneut debattiert werden.

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