Wegen Chaos am Lageso in Berlin: Flüchtlinge klagen Leistungen beim Sozialgericht ein
Immer mehr Flüchtlinge wenden sich an das Berliner Sozialgericht, um Leistungen vom Lageso zu bekommen. Allein im Dezember gingen 215 Fälle ein.
Für viele Flüchtlinge gehörte im vergangenen Jahr das tagelange Warten am Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) zum Alltag. Inzwischen wehren sich immer mehr von ihnen auch gerichtlich dagegen. So befasste sich das Sozialgericht Berlin mit dem Fall eines Irakers, der trotz bestehender Termine es fünf Mal nicht schaffte, beim Amt vorzusprechen, um eine Kostenübernahme für das Wohnheim zu erhalten.
In einem Eilverfahren verpflichtete das Gericht Ende Dezember die Behörde zu Kostenübernahme für die Unterkunft, zur Zahlung eines Taschengeldes, Einmalzahlungen für den Kauf einer Wintermütze und Handschuhen sowie zur Gewährung eines ärztlichen Behandlungsscheins. Das Gericht sprach ausdrücklich von einer „unerträglichen Odyssee“ durch das Lageso. Der Antragsteller habe glaubhaft gemacht „durch das ständige Warten nun am Ende seiner Kräfte“ zu sein.
"Sozialgericht wird zum Mahnbüro"
215 Fälle, die sich mit den Problemen der Asylbewerber befassen, gingen allein im Dezember im Sozialgericht ein, heißt es in einer Bilanz des Gerichts zum vergangenen Jahr. „Das Sozialgericht wird zum Mahnbüro - andere wichtige Fälle bleiben liegen“, sagte Gerichtspräsidentin Sabine Schudoma. Sie könne nur hoffen, dass sich die Situation am Lageso bald bessert. Die Behörde selber ist dabei, Vereinfachungen im Verfahren zu praktizieren.
Es ist beruhigend zu lesen, dass auch Flüchtlinge die in Deutschland gesetzlich zugestandenen Rechte einklagen können, wenn diese bürokratisch versagt oder verschlampt werden. Es ist beruhigend zu wissen, dass es honorige Rechtsvertreter in Deutschland gibt, die auch der deutschen Sprache nicht mächtigen Menschen bei ihrem Rechtsanspruch zur Seite stehen.
schreibt NutzerIn don.bolko
Insgesamt gingen beim größten deutschen Sozialgericht im vergangenen Jahr 37 003 Fälle ein, Klagen und Eilverfahren - rund vier Prozent weniger als im Vorjahr. Die Hartz-IV-Streitigkeiten machen immer noch mehr als 50 Prozent der Verfahren aus, sind aber insgesamt rückläufig. Nach mehr als zehn Jahren Hartz IV sei die Rechtsprechung gefestigt, und auch die Jobcenter arbeiteten inzwischen besser.
Allerdings seien die einzelnen Fälle umfangreicher und komplexer geworden. Schudoma geht aber davon aus, dass mit der Zahl der anerkannten Asylbewerber auch die Zahl der Hartz-IV-Empfänger wieder steigen wird: „Das wird Auswirkungen auf die Klagezahlen am Sozialgericht haben.“