Streit um „Diese eG“ im Hauptausschuss: Florian Schmidt sieht sich weiterhin im Recht
Das Abgeordnetenhaus beschäftigt sich mit der Genossenschaft „Diese eG“. Über allem schwebt der Streit um Florian Schmidt.
Florian Schmidt, grüner Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, hat Vorwürfe der Manipulation von Akten zur Wahrnehmung des bezirklichen Vorkaufsrechtes zugunsten der Genossenschaft „Diese eG“ zurückgewiesen. „Es wurden keine Akten aus politischen Gründen zurückgehalten. Das weise ich entschieden zurück“, erklärte Schmidt am Mittwochabend während einer Sitzung des Hauptausschusses im Abgeordnetenhaus.
Schmidt ergänzte, wegen des noch laufenden Verfahrens und aufgrund von Schutzbedürfnissen Dritter hätte Mitgliedern der Bezirksverordnetenversammlung nicht alle Akten vorgelegt werden können. „Selbstverständlich werden alle Akten zugängig gemacht, sobald der Prozess abgeschlossen ist“, erklärte er während seines abgelesenen Statements weiter.
Ein „Sonderprüfungsteam“ sei eingerichtet worden
Den Zugriff auf sämtliche Akten dürften die Mitglieder eines Sonderprüfungsteams am Berliner Rechnungshof bereits eher erhalten. Dessen Präsidentin Karin Klingen kündigte an, ihre Behörde werde Vorkaufsfälle der jüngeren Vergangenheit einer Prüfung unterziehen. „Dazu zählen auch die Vorkaufsfälle an die ,Diese eG’“, sagte Klingen und erklärte, die von Schmidt aufgezählten Gründe für die Einschränkung der Akteneinsicht würden dann nicht gelten.
Klingen zufolge wird die Prüfung seit dem Sommer 2019 vorbereitet. Ein umfassendes Auskunftsersuchen an sämtliche Bezirks- und Hauptverwaltungen sei vor längerem gestellt worden. Aufgrund der „Dynamik“ im Bereich der Vorkaufsrechte sei ein „Sonderprüfungsteam“ eingerichtet worden. Am Freitag werde ein erstes Gespräch zwischen Rechnungshof und dem Bezirk Neukölln geführt werden, erklärte Klingen.
Keine Vorverurteilung von Schmidt
Unterdessen nutzen die Parlamentarischen Geschäftsführer von SPD, Linken und Grünen die Ausschusssitzung dafür, sich gegen eine Vorverurteilung des zuletzt massiv unter Druck geratenen Baustadtrats auszusprechen. Steffen Zillich (Linke) erklärte, er könne „die Unterstellung von Rechtswidrigkeit und Ähnlichem nicht erkennen“. Der SPD-Abgeordnete Torsten Schneider erklärte, seine Fraktion distanziere sich „von keinem der hier Anwesenden“ und habe weder „Interesse noch Veranlassung, anwesende Personen zu kritisieren“.
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Daniel Wesener (Grüne) betonte, Transparenz und Kontrolle zählten zu den wichtigsten Rechten von Parlamentariern und bezeichnete die mit Bezug auf die Vorkaufsrechte zugunsten der „Diese eG“ gestellten Fragen als „absolut zulässig und legitim“. Er plädierte dafür, abzuwarten, ob die Regeln in allen Fällen eingehalten wurden.
Hintergrund ist die Wahrnehmung des bezirklichen Vorkaufsrechts im Fall eines Mietshauses in der Rigaer Straße. Dieses hatte Schmidt über die Genossenschaft „Diese eG“ abwickeln wollen, was an der fehlenden Liquidität scheiterte. Am Ende sprang die Genossenschaft „Am Ostseeplatz“ ein. Ein Akt „genossenschaftlicher Hilfe“, wie deren Geschäftsführer Richard Schmitz erklärte.
Schmidt wird „vermeintliche Vetternwirtschaft“ vorgeworfen
Verantwortlich für den Antrag, Schmidt, Oltmann und Kollatz zu dem Deal rund um die Rigaer Straße 101 zu befragen, ist Sibylle Meister. Die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion gilt als scharfe Kritikerin bezirklicher Vorkaufsrechte und der "Diese eG". Zuletzt hatte sie gefordert: "Die „Diese eG“ gehört unverzüglich rückabgewickelt, die Verantwortlichen müssen endlich zur Rechenschaft gezogen werden - auch zum Schutz der Genossinnen und Genossen."
Mit Blick auf das Verhältnis zwischen Schmidt und Genossenschaft sprach Meister zuletzt von einer "vermeintlichen Vetternwirtschaft" und forderte Schmidt dazu auf, die Hintergründe des Verkaufs an die Genossenschaft „Am Ostseeplatz eG“ öffentlich zu machen. "Nur durch größtmögliche Transparenz kann Florian Schmidt Vertrauen schaffen", sagte Meister damals.
Strafanzeige gegen Baustadtrat
Tatsächlich dürfte die Besprechung unter dem Eindruck der aktuellen Auseinandersetzungen rund um die Person Florian Schmidt stehen. Nachdem zuerst die SPD im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg dem Grünen-Politiker vorgeworfen hatten, Akten zum Hausverkauf in der Rigaer Straße gezielt manipuliert und teilweise zurückgehalten zu haben, schlossen sich FDP und CDU dem an. Am Dienstag stellten beide Parteien Strafanzeige wegen des Verdachts der Urkundenfälschung, Falschbeurkundung und Urkundenunterdrückung gegen Schmidt. Eine zwischendurch von Schmidt per Presseerklärung des Bezirksamtes veröffentlichte Entschuldigung bezeichneten sie als "äußerst dürftig".
Am Abend zuvor wiederum hatte Antje Kapek, Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Schmidt in Schutz genommen. Bei einer Diskussionsveranstaltung der Berliner CDU sagte Kapek am Dienstagabend, es finde gerade eine "öffentliche Vorverurteilung und Hetzjagd" gegen Schmidt statt. Kapek sagte, sie rate allen, "die von Manipulation und Urkundenfälschung sprechen", zur Vorsicht. "Wir haben am Wochenende versucht, zu rekapitulieren, was an den Vorwürfen dran ist", sagte Kapek, sie sei zum Schluss gekommen: "Es gibt keinen Hinweis auf eine Manipulation der Akten."