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Sozialdemokratin Louise Schroeder: Erinnerung an Berlins erste amtierende Oberbürgermeisterin

Ein Zufall brachte Louise Schroeder vor 70 Jahren in die wichtige Führungsposition. Bis heute schaffte es keine andere Politikerin mehr an die Spitze der Stadtregierung.

Sie ist bis heute die einzige Frau, die an der Spitze einer Berliner Stadtregierung stand. Vor 70 Jahren, am 8. Mai 1947, beauftragte die Stadtverordnetenversammlung von Berlin die Sozialdemokratin Louise Schroeder mit der ständigen Stellvertretung des Oberbürgermeisters. Die Lage war äußerst kompliziert. Nach dem Rücktritt des Amtsinhabers Otto Ostrowski, der nicht mehr das Vertrauen der SPD-Parteifreunde hatte, wurde Ernst Reuter zum neuen Oberbürgermeister gewählt. Doch der politisch erfahrene und damals schon sehr populäre Sozialdemokrat durfte wegen des Einspruchs der sowjetischen Besatzungsmacht das Amt nicht antreten.

Es sei ein „unvorhergesehener Sonderfall“ entstanden, begründete damals der Berliner SPD-Chef Franz Neumann den Personalvorschlag seiner Partei, der eine bemerkenswerte Frau in die ebenso wichtige wie schwierige Führungsposition brachte. Louise Schroeder, am 2. April 1887 als achtes Kind einer Gemüseverkäuferin und eines Bauarbeiters in Hamburg-Altona geboren, hatte schon 1919 als eine der ersten weiblichen Abgeordneten der Weimarer Nationalversammlung angehört und setzte sich bis zur Machtergreifung der Nazis 1933 im Reichstag für sozialpolitische Belange und die Gleichberechtigung der Frauen ein.

Jetzt aber sei ihr „eine Verantwortung auferlegt worden, wie sie in Deutschland noch nie einer Frau übertragen worden ist“, sagte Schroeder nach ihrer Ernennung zur amtierenden Oberbürgermeisterin in einer Dankesrede. Sie hoffe, dass diese Vertretung nur von kurzer Dauer sein werde. Sie blieb eineinhalb Jahre im Amt. In dieser Zeit, geprägt vom Kalten Krieg, ging es nicht nur um die Zukunft Berlins, sondern vor allem um das Überleben der Not leidenden Bevölkerung nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg in einer weitgehend zerstörten Stadt.

Energisch machte Schroeder sich für die Nachkriegsjugend stark

Der tägliche Kampf ging um Kohle, Gas- und Stromzuteilungen, um ausreichende Lebensmittelrationen und genug Leder für die Besohlung der Schuhe. Im August 1947 standen auf der Tagesordnung des Magistrats ein Winternotprogramm und Hilfsmaßnahmen für die öffentliche und private Wirtschaft. Die Kinderlähmung machte sich breit – und an allen Ecken und Enden fehlte der Verwaltung das Geld. In einer Stadt, die im Zentrum des Ost-West-Konflikts und vor der politischen Teilung stand. In dieser schweren Zeit war eine Frau wie Louise Schroeder ein Glücksfall für Berlin. Charismatisch, volksverbunden, sachbezogen.

Ein Zeitzeuge erzählte, anlässlich eines Vortrags im Rathaus Schöneberg, wie die Sozialdemokratin auftrat. „Sie verwandelte in den Sekunden, die sie brauchte, um von der Tür nach vorn zu gehen, die Hörer eines politischen Vortrags in ihre Gäste und den Saal in ein privates Heim. Mit einem liebenswürdigen, ein bisschen müden Lächeln und einer schmalen, schwarzen Handtasche am lang ausgestreckten Arm.“ Stets sei sie bemüht, Gegensätze auszugleichen, verbunden mit einer Selbstlosigkeit, die frei von jedem persönlichen Ehrgeiz sei. Letzteres darf wohl bezweifelt werden, denn Louise Schroeder hat im Laufe ihres Lebens viele verantwortliche Positionen wahrgenommen, die normalerweise den Männern vorbehalten blieben.

An der Gründung der Arbeiterwohlfahrt und deren Wiederbelebung nach dem Krieg hatte sie wesentlichen Anteil. Während ihrer Zeit als Oberbürgermeisterin war sie Ko-Vorsitzende der Berliner SPD und Mitglied des Gründungsausschusses der Freien Universität. Im Mai 1948 wurde sie von der ersten Hauptversammlung des Deutschen Städtetags einstimmig zur Präsidentin gewählt und machte sich dort in ihrer Rede energisch für die Nachkriegsjugend stark. „Wir haben kein Recht, uns zu beschweren, wenn die Not junge Menschen auf die Straße, zur Prostitution, zum Diebstahl und zum Schwarzmarkt treibt“.

Bis zu ihrem Tod blieb die Sozialdemokratin politisch aktiv

Zeitweise machte es die angeschlagene Gesundheit der amtierenden Oberbürgermeisterin schwer, die Amtsgeschäfte wahrzunehmen. Im Herbst 1948, als sich die Lage in Berlin gefährlich zuspitzte und die politische Teilung der Stadt nicht mehr zu verhindern war, wurde sie viele Wochen schwer krank und musste vom CDU-Politiker Ferdinand Friedensburg vertreten werden. Im Wahlkampf zur letzten demokratisch gewählten Stadtverordnetenversammlung im Dezember 1948 mischte Louise Schroeder aber wieder kräftig mit. Die SPD kam auf sagenhafte 64,5 Prozent der Stimmen, neuer Oberbürgermeister wurde Ernst Reuter.

Es war nicht das Ende der Karriere Schroeders. Als Bundestagsabgeordnete und Mitglied im SPD-Parteivorstand blieb sie bis zu ihrem Tod am 4. Juni 1957 politisch aktiv und wurde zeitweise sogar als mögliche Bundeskanzlerin oder Bundespräsidentin gehandelt. Zwei Monate vor ihrem Tod wurde Schroeder Ehrenbürgerin Berlins, als erste Frau seit 150 Jahren. Nach Louise Schroeder ist ein Platz im Herzen des früheren Arbeiterviertels Wedding benannt. Und 1998 stiftete das Berliner Abgeordnetenhaus die Louise-Schroeder-Medaille, die seitdem jährlich an Persönlichkeiten vergeben wird, die sich um „Demokratie, Frieden, soziale Gerechtigkeit und die Gleichstellung von Frauen und Männern“ verdient gemacht haben.

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