zum Hauptinhalt
140 Jahre „vorwärts“. Für das Plakat zur Ausstellung im Willy-Brandt-Haus der SPD wurde ein Foto von Josef Heinrich Darchinger verwendet.
© Repro: Promo

SPD-Zeitung "Vorwärts": 140 Jahre Stachel im Fleisch der Partei

„Vorwärts“ ist Deutschlands älteste Parteizeitung. Nach 140 Jahren geht es bei der SPD-Mitgliederzeitung sogar wieder leicht aufwärts - allerdings eher online als gedruckt.

In der Diskussion über das bedingungslose Grundeinkommen gehen die Meinungen weit auseinander, auch in der SPD. „In der Partei ist das Thema durchaus nicht unumstritten“, weiß Karin Nink, Chefredakteurin des „vorwärts“. Doch während die Partei mit dem bedingungslosen Grundeinkommen noch kräftig hadert, hat die Parteizeitung das Thema bereits zu einem Schwerpunkt seines Internet-Debattenportals gemacht. Selbst 140 Jahre nach der Gründung am 1. Oktober 1876 in Leipzig durch Wilhelm Liebknecht und Wilhelm Hasenclever ist „vorwärts“ immer auch Stachel im Fleisch der Partei, das hatte schon Parteigründer August Bebel so erlebt. „Das liegt in den Genen der Sozialdemokraten, die zuerst einmal diskutieren wollen, bevor sie zu einer Entscheidung kommen“, sagt Nink und ergänzt: „Bei anderen Parteien ist das ja ein bisschen anders.“

Als Centralorgan gestartet

„Vorwärts“ ist die älteste Parteizeitung Deutschlands. Dreimal wöchentlich erschien das „Centralorgan der Sozialdemokratie Deutschlands“ anfangs, mit vier Seiten – ohne Bilder. Die Zeitung veränderte danach mehrfach ihr Erscheinungsbild, zweimal wurde sie verboten, 1989 sogar kurzzeitig eingestellt. Aus der Wochenzeitschrift wurde ein monatliches Mitgliedermagazin. 1994 gab es die letzte ganz große Reform, als der „vorwärts“ wieder zum Zeitungsformat zurückkehrte und seither kleingeschrieben wird. Zurzeit bringt die neunköpfige Redaktion – inklusive Chefredakteurin, Volontär und Sekretärin sechs Ausgaben im Jahr heraus, wobei Rücksicht auf besondere Ereignisse wie Wahlkampfzeiten und Parteitage genommen wird.

Die Auflage liegt aktuell bei 385 000 Exemplaren, direkt nach der Umstellung 1994 war die Zahl auf 800 000 hochgeschnellt. Bei dem Auflagenrückgang spielt der Rückgang der SPD-Mitgliederzahlen eine Rolle, aber auch die veränderten Lesegewohnheiten der Menschen hinterlassen ihre Spuren. Zur Diskussion über die Rolle der SPD als Volkspartei hat „vorwärts“-Chefredakteurin Nink, die seit einem Jahr auch Ko-Geschäftsführerin des Verlages ist, eine klare Haltung: „Die SPD ist eine Partei, die in allen sozialen Gruppen und Schichten verankert ist. Und so ist auch unsere Leserschaft.“

In die Ära von Karin Nink fiel die Neuausrichtung des Online-Angebots. Vor zwei Jahren wurde die Webseite zum Debattenportal umgebaut, seither hat sich die Reichweite von vorwaerts.de auf monatlich bis zu 50000 Besucher vervierfacht. „Zufrieden bin ich damit aber noch nicht, das sollen mehr werden“, sagt die „vorwärts“-Chefredakteurin. “

Weiche Knie am Anfang

Als Nink 2013 ihr Amt als Chefredakteurin nach dieser langen Reihe von Vorgängern und Autoren wie Rosa Luxemburg, Kurt Tucholsky und Ernst Reuter antrat, war sie die dritte Frau, die den „vorwärts“ führte. „Da bekommt man schon ein wenig weiche Knie“, sagt sie. Auch heute noch steckt für sie viel von dem alten „Vorwärts“ in der Parteizeitung. Dazu gehört auch der aufklärerische Ansatz der Zeitung seit seinen Anfängen als Stimme der Arbeiterschaft mit dem Ziel, Menschen zu bilden und sie zu informieren, um sich zu emanzipieren. Auch gegen staatliche Widerstände wie die Sozialistengesetze in der Bismarck-Ära oder während der Verfolgung während des Nationalsozialismus.

Seinen Werten fühlt sich der „vorwärts“ weiterhin verbunden – Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. „Diese Werte würde ich für uns auch heute noch beanspruchen – allen Medientendenzen zum Trotz.“ Wilhelm Liebknecht würde es freuen. Kurt Sagatz

Noch bis zum 9. Oktober läuft im Willy-Brandt-Haus die Ausstellung „vorwärts – und nicht vergessen“ über die 140-jährige Geschichte der Parteizeitung. Zum Jubiläum gibt es zudem einen Sonderdruck des "vorwärts".

Zur Startseite