zum Hauptinhalt
Er rührt und rührt und... Tim Raue hat sich schon wieder viele neue Projekte ausgedacht. Sein Restaurant „Studio“, das vierte in Berlin, in der Rheinsberger Straße in Mitte läuft weiterhin gut. Das „Soupe populaire“ auf Bötzow muss wegen des Umbaus der Brauerei für rund ein Jahr schließen.
© Kai-Uwe Heinrich

Sternekoch Tim Raue: Er bleibt ein Berliner

Küchenstar Tim Raue ist voller Pläne: Seine Spezialitäten gibt es bald auf dem Kreuzfahrtschiff, in der Seniorenresidenz – und bei Hertha BSC. Und Netflix könnte ihn weltberühmt machen.

Morgens steht Tim Raue um 7 Uhr auf, begierig, mit der Arbeit zu beginnen. Gegen ein Uhr nachts sinkt der Zwei-Sterne-Star dann wieder ins Bett. Er will es so, er will der Beste sein und immer neue Dinge ausprobieren. Seine Frau Marie-Anne zieht mit als Restaurantleiterin. Und schon wieder hat Tim Raue einige neue Projekte und spricht darüber in seinem Restaurant am Checkpoint Charlie. Das „Tim Raue“ ist das Herzstück seines Imperiums. Hier entsteht vieles, was anderswohin exportiert wird.

Wenn im Sommer „Mein Schiff 5“ von TUI in See sticht, dann wird er sich, obwohl für Seekrankheit durchaus anfällig, erstmals als Schiffskoch betätigen und „Hanami by Tim Raue“ am Heck des Schiffs eröffnen. Gegen Extra-Bezahlung gibt es auf dem All-Inclusive-Schiff dann Raue-Spezialitäten wie Wasabi-Garnelen oder japanische Thunfischpizza.

In allen neuen Projekten fungiert Tim Raue als Berater. Er stellt Konzepte und Küchenchefs, die er selber in seinem Restaurant ausgebildet hat. Besitzer sind andere. Die TUI-Chefin kannte sein Restaurant und hat ihn direkt angesprochen. Begeistert hat ihn unter anderem die Küchenqualität und die US-Hygiene-Standards, die dort gelten. Wachsende Märkte hat er immer fest im Blick. Neben Kreuzfahrtschiffen sind das derzeit auch Residenzen für Senioren. Und deshalb eröffnet demnächst neben dem KaDeWe die „Brasserie Colette Tim Raue“ im Tertianum. Auch dort hat er die Speisekarte zusammengestellt und die Gerichte komponiert. Es wird zum Beispiel Salat Nizza mit Sashimi-Thunfisch und Sardellenmayonnaise geben oder spanische Paprika im Glas. Der Name „Colette“ ist Tim Raues persönliche Verbeugung vor der gleichnamigen Madame, an deren Crêpes-Wagen er als Kind zum ersten Mal einen perfekten Crêpe aß. Mit Banane, gesalzener Butter und Vanille-Eis war er süß, salzig und cremig zugleich.

Tim Raue bei Hertha BSC

Ein weiteres Erfolgsfeld ist der Fußball, und es macht dem Küchenstar sichtlich Spaß, von seinem Engagement für Hertha BSC zu erzählen. Er ist zum einen kulinarischer Berater der Mannschaft, zum anderen gibt es im Olympiastadion seit Ende Februar den VIP-Bereich „Studio Tim Raue“. „Das haben wir wie eine Favela gestaltet“, erzählt er vergnügt. Es gibt Wellblech-Elemente, Graffiti-Kunst, Vintage-Stühle und eine offene Küche. Die Lounge wurde ganz bewusst als offener Raum konzipiert, wo sich zum Beispiel Unternehmer mit ihren Geschäftsfreunden vor und nach den Spielen treffen, etwas Gutes essen und trinken können. Schließlich wird Fußball immer mehr zum Event, und den jungen Erfolgreichen reicht es nicht mehr, den Sportgenuss allein mit Bier, Korn und Currywurst einzurahmen. Bei jedem Heimspiel gibt es eine andere Küchenrichtung, mal thailändisch, mal österreichisch oder orientalisch.

Dafür wird das eigentliche „Studio Tim Raue“ nicht mehr für die Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, da die Community auf dem Factory-Gelände in Mitte stark gewachsen ist. Das alte „Studio“ wird zur „Factory Kitchen“, und Tim Raue wird die dort stattfindenden Veranstaltungen mit Caterings begleiten. Aber er glaubt fest daran, dass irgendwann ein neuer Pop-up-Standort gefunden wird für ein anderes Studio.

Sein Erfolgsrestaurant „La Soupe Populaire“ in der Bötzow Brauerei muss am 2. April ebenfalls für rund ein Jahr schließen, weil auf Bötzow die Bauarbeiten in die heiße Phase gehen und keine Möglichkeit gefunden werden konnte, das Restaurant offenzuhalten. Sobald alles fertig ist, wird es wieder eröffnet.

Als dunkelgrüne Gemüsesauce über den Jadesteinbutt gegossen wird, deutet er auf einen jungen Mann, der konzentriert über eine Schüssel gebeugt ist. Der soll in Dubai das Restaurant „Liè Sun by Tim Raue“ zu kulinarischem Ruhm führen. Das Interieur erinnert an ein chinesisches Theater, die Küche soll wie im Mutterhaus schmecken. Gerade noch in Arbeit ist die alkoholfreie Getränkekarte. „Wir haben Pflaumensaft mit Lorbeer aus zwölf verschiedenen Gläsern probiert“, erzählt er.

Bevor das Restaurant im Herbst eröffnet, wartet aber noch eine andere Herausforderung. Als erster deutscher Küchenstar wird er in der Netflix-Reihe „Chef’s Table“ weltweit einem kulinarisch interessierten Publikum vorgestellt. Das empfindet er als große Auszeichnung und Herausforderung zugleich. Mit einem Team von zwölf Leuten wollen sie im April an zehn Tagen bei ihm drehen. Dabei hat er schon jetzt genug zu tun. Viele internationale Gäste buchen Monate im Voraus, um sich einen Tisch zu sichern. Aber mittags sind immer noch 70 Prozent der Speisenden Berliner. „Schließlich wollen wir ein Berliner Restaurant sein.“

Zur Startseite