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Auch die inzwischen verbotene Neonazi-Gruppe „Combat 18“ hatte sich in der Vergangenheit Waffen in Tschechien besorgt. (Symbolbild)
© Horst Pfeiffer/dpa

Rechte Terrorgruppe um Werner S.: Eine Spur der Rechtsextremen führt zu Waffenhändlern nach Tschechien

Die am Freitag ausgehobene Terrorgruppe wollte in Tschechien Pistolen und Gewehre kaufen. Dort kommen deutsche Neonazis leicht an Waffen.

Sie haben selbst gebastelte Waffen, der Anführer verfügt auch über eine Profipistole größeren Kalibers. Doch das reicht der militant rechtsextremen Gruppe nicht. Am 8. Februar, einem Sonnabend, beschließt der Trupp bei einem Treffen im westfälischen Minden, für Anschläge auf Moscheen, Flüchtlinge und Politiker weitere Waffen zu beschaffen. In Tschechien, über Kontakte zu einheimischen Rechtsextremen.

Verfassungsschutz und Polizei, die das Treffen im Blick haben, sind alarmiert. Ausgerechnet Tschechien. Dort kommen deutsche Neonazis leicht an Waffen heran. Und das verspricht nun auch ein Teilnehmer des Treffens. Er könne Pistolen und Gewehre besorgen, sagt der Mann.
So schildern Sicherheitskreise die Lage, die zum Großeinsatz am vergangenen Freitag führte. Die Behörden wollten bei den Fanatikern, die seit September 2019 beobachtet wurden, kein Risiko eingehen. Am Freitag nahmen Spezialeinsatzkommandos die Rechtsextremen fest, außerdem wurden Wohnungen durchsucht. Die Razzia erstreckte sich auf Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. Die Bundesanwaltschaft erwirkte Haftbefehle gegen zwölf Männer. Das Terrorrisiko war gestoppt. Zunächst einmal. Sicherheitskreise vermuten, die Gruppe sei doppelt so groß.

Schießtraining von Neonazis in Tschechien

Der Fall ist ein weiterer Beleg für die anhaltend hohe Gefahr rechter Anschläge. Und für fortschreitende Professionalisierung und Internationalisierung der militanten Naziszene. Beim Thema Tschechien nennen Sicherheitskreise sofort eine Geschichte vom September 2017. Die Spezialeinheit GSG9 kontrollierte in Bayern ein Dutzend Mitglieder der Neonazi-Gruppierung „Combat 18 Deutschland“, die gerade aus Tschechien gekommen waren.

Die Polizisten entdeckten diverse Munition. Die Neonazis hatten in Tschechien ein Schießtraining absolviert und Material mitgenommen. Der Vorfall steht in der Verbotsverfügung, mit der Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) im Januar „Combat 18 Deutschland“ auflöste.
Die am Freitag festgenommenen Rechtsextremisten waren offenbar noch gefährlicher als „Combat 18“. Die Bundesanwaltschaft sagt, die Beschuldigten hätten mit Anschlägen „bürgerkriegsähnliche Zustände“ herbeiführen wollen. Bei dem Treffen in Minden soll der mutmaßliche Rädelsführer Werner S. mit den Gefolgsleuten über blutige Attacken gesprochen haben, vergleichbar dem Massaker des Australiers Brenton Tarrant in zwei Moscheen in Neuseeland.

Der Trupp, von den Behörden nach dem Anführer „Gruppe S.“ genannt, wollte offenbar mit Schusswaffen sechs Moscheen während Gottesdiensten angreifen. Warum sechs, ist unklar.
Zum Einsatz hätte mutmaßlich auch eine Slam-Gun kommen sollen, die Polizeibeamte bei einem Gruppenmitglied in Sachsen-Anhalt fanden. Das röhrenartige, selbst gebastelte Gewehr ähnelt der Waffe, mit der im Oktober 2019 der Rechtsextremist Stephan Balliet die vollbesetzte Synagoge in Halle angriff.

Sicherheitskreise berichten, die Gruppe S. habe sich nicht so dilettantisch anstellen wollen wie Balliet. Er schaffte es nicht, die Tür zur Synagoge aufzuschießen. In seiner Wut tötete Balliet zwei Passanten.

Der 13. Mann informierte die Sicherheitsbehörden

Die Bundesanwaltschaft zählt zur „Gruppe S.“ 13 Personen. Fünf werden dem harten Kern zugerechnet, der eine rechtsterroristische Vereinigung gegründet haben soll. Weitere acht Männer beschuldigt die Bundesanwaltschaft, die Terrorgruppe unterstützt zu haben. Die Polizei nahm allerdings nur zwölf Rechtsextremisten fest. Der 13. Mann, der dem harten Kern angehören soll, hat offenbar die Sicherheitsbehörden mit Informationen versorgt und vermutlich Menschenleben gerettet.

Sicherheitskreise betonen, es handele sich nicht um einen verdeckten Ermittler. Der Hinweisgeber ist Rechtsextremist, soll aber kein klassischer, vom Staat bezahlter V-Mann sein. Die Festgenommenen im Alter von 31 bis 60 Jahren waren nur zum Teil als Rechtsextremisten bekannt. Einer gilt zudem als Reichsbürger. Der mutmaßliche Anführer Werner S., 53 Jahre alt, stammt aus einem Dorf bei Augsburg. Bei dem Treffen in Minden war auch ein Verwaltungsmitarbeiter der Polizei in Hamm (Nordrhein-Westfalen) dabei. Der Mann sei zuvor nicht als Extremist aufgefallen, sagen Sicherheitskreise. Die Gruppe kommunizierte in Chats. Das Treffen in Minden sei „das erste größere in der Realwelt“ gewesen, sagen Sicherheitsexperten. Schaut man sich die 13 Beschuldigten genauer an, wird ein Gewebe von Gruppierungen mit rechtem Lifestyle sichtbar: „Vikings Security Germany“, „Soldiers of Odin“, „Wodans Erben Germania“, „Deutsch-Germanischer Kulturverein“, „Freikorps Heimatschutz“, Freikorps Deutschland“ und weitere Zusammenschlüsse mit einschlägigen Namen.

Die Mentalität zeigt schon ein Facebook-Chat von Werner S. mit einem Kumpan namens „Matze Wodan“. Den ärgert, dass Facebook seinen Account gelöscht hatte. Werner S. antwortet, „warte noch ein wenig, dann laufen diese Cretinos ohne Hände rum“. Als Symbol folgen zwei gekreuzte Messer.

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