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Ein Polizeibeamter geht während einer Durchsuchung in die Al Nur Moschee in Berlin.
© DDP

Radikale Muslime in Berlin: Ein Ortsbesuch beim "Familienzentrum“ der Al-Nur-Moschee

Zur berüchtigten Al-Nur-Moschee in Neukölln gehören auch ein „Familienzentrum“ und eine „Schule“. Was dort passiert, entzieht sich staatlicher Aufsicht.

Eltern dürften ziemlich arglos sein, wenn sich ein Verein eine offiziell klingende Bezeichnung gibt. Und dann noch so eine harmlose. So ist das beim Verein der von Salafisten dominierten Neuköllner Al-Nur-Moschee der Fall: „Jugend- und Familienzentrum e.V.“. Diese Worte prangen über dem Eingang des Gebäudes, der sich an die Al-Nur-Moschee anschließt.

Der Begriff „Familienzentrum“ wird traditionell von öffentlichen Einrichtungen genutzt, ist jedoch nicht als Begriff geschützt, wie Iris Brennberger, Sprecherin der Senatsverwaltung für Jugend, betont: „Der Verein 'Jugend und Familien-Zentrum e.V.’ mag sich so nennen, gehört aber nicht zu den im Rahmen des Landesprogramms geförderten Familienzentren. Seine Angebote sind uns bisher weder im Rahmen einer Erlaubnispflicht noch im Zuge einer Förderung bekannt geworden“, erläutert die Behördensprecherin.

Wer mehr darüber erfahren will, was sich in dem bescheidenen Gebäude des Vereins gegenüber einer Zigarettenfabrik in der unwirtlichen Neuköllner Haberstraße tut, dem wird es nicht leicht gemacht: Auf einem Flyer teilt der Verein nur mit, dass sich „Schüler vom Kindergarten (4 Jahre) bis siebte Klasse zum Unterricht“ anmelden können. Um welche Art von Unterricht es sich handelt, ist unklar, nur dass es am Wochenende sechs Kurse und zusätzlich Nachhilfeunterricht in einigen Schulfächern gibt. Zudem liegen im Eingang Visitenkarten der Moschee aus, auf dem „Islamunterricht auf Deutsch für die ganze Familie“ beworben wird. Die auf dem Flyer angegebene Homepage des Vereins ist nicht auffindbar. Jedoch gibt es Angaben zu den Kurszeiten auf der Homepage der Moschee unter der Rubrik „Vereinschule“.

Rund 200 Kinder der benachbarten Grundschüler gehen wohl in die Moschee

Der Versuch zu erfahren, wie viele Kinder unter dem Dach der berüchtigten Moschee beschult werden, misslingt. Telefonisch klappt nichts, also hin zum Kinder- und Jugendzentrum, dessen Leiter aber keine Fragen zur Frequentierung der Kurse beantworten möchte und auf den Imam verweist, der in der Moschee gerade seine Sprechstunde hat. Also rein in die Moschee, Kopftuch auf, Schuhe aus und einmal durch den großen Gebetsraum hin zum Sprechzimmer. Allerdings hat der Imam keine Zeit und stellt einen Anruf am Sonntag in Aussicht, der bis Redaktionsschluss aber nicht erfolgte.

Dass die Kurse ganz gut besucht sein dürften – darauf deuten die Beobachtungen von Astrid-Sabine Busse, Leiterin der benachbarten Grundschule an der Köllnischen Heide. Sie schätzt grob, dass ein knappes Drittel ihrer rund 650 Schüler – „rund 200“ – zu den religiösen Lehrern in der Haberstraße gehen.

Angst vorm "Bauchnabel"

Busse sieht das nicht gern, denn sie hat den Eindruck, dass die Kinder dort im Sinne eines extrem strengen Islam geprägt werden. Die Folge sei, dass sich das Frauenbild immer mehr von dem entferne, was in Deutschland „in den vergangenen 100 Jahren erkämpft wurde“. Sie beobachtet, dass selbst Zweitklässlerinnen schon dazu übergingen, statt bunter schwarze Kopftücher zu tragen und zudem die Modelle, die über die Schultern fallen: „Diese Kinder sehen und hören anders“, bedauert Busse. Es werde auch immer schwieriger, die Körperteile im Unterricht durchzunehmen, weil manche Kinder sich sogar vor Worten wie „Bauchnabel“ fürchteten. „Das ist total konträr zu unseren Zielen“, steht für Busse fest.

Busse, die auch der Interessenvertretung Berliner Schulleitungen (IBS) vorsitzt, nimmt vor allem daran Anstoß, dass die Angebote der Al-Nur-Moschee so abgeschirmt stattfinden. In den Unterricht der Islamischen Föderation, an dem ebenfalls 200 Kinder an ihrer Schule teilnehmen, könne sie als Schulleiterin zumindest reingehen. Zudem unterliegen die Föderationslehrer wie alle Religionslehrer an den Schulen den staatlichen Ausbildungsvorgaben: Die Lehrer sollen studiert haben und Deutsch können, was an den Koranschulen nicht selbstverständlich ist. Wie groß die Schnittmenge zu den Schülern ist, die zur Moschee und zur Föderation gehen, gehen, ließ sich nicht in Erfahrung bringen. Als IBS-Vorsitzende fordert Busse, dass es einen staatlich kontrollierten Religionsunterricht durch hier ausgebildete Lehrer geben müsse, um den Einflüssen konservativer oder gar salafistischer Lehrer etwas entgegen zu setzen.

"Unterricht für die ganze Familie"

Welche Art von Einfluss im Unterricht des Vereins ausgeübt wird, lässt sich erahnen: Ganz abgesehen von dem, was der Verfassungsschutz im Hinblick auf die salafistischen Umtriebe weiß, offenbart schon ein Blick auf die Facebook-Seite der Moschee, was die Imame dort für wichtig und richtig halten. Beim „Unterricht für die ganze Familie“ geht es immer sonntags um die „großen Sünden“. Am 20. November etwa war die „große Sünde Nummer 26“ dran: „Die Auflehnung der Frau gegen ihren Ehemann“.

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