Marode Schulen: Ein kleines Signal gegen Berlins Fatalismus
Berlins Finanzsenator will eine rechtssichere Landesgesellschaft für die Bildungsbauten schaffen - eine gute Nachricht. Aber Berlin wäre nicht Berlin, wenn es nicht dauern würde. Ein Kommentar.
Berlin bröselt, und das betrifft vor allem die Schulen. Fast jeden Tag gibt’s ein neues Ärgernis, und immer wieder stellt sich die Frage: Warum ist das bloß so? Und wieso geht das mit der Sanierung nicht schneller? Die Probleme sind ermittelt, der Bedarf ist berechnet, und das Land schwimmt im Geld – seit der Wende hatte kein Senat mehr Mittel zur Verfügung als dieser.
Die einfache Antwort darauf lautet: Leute, habt Geduld. Es lässt sich nicht alles in ein, zwei Jahren sanieren, was seit bald zwanzig Jahren in bitterer Armut kaputtgespart wurde. Der Senat hat doch die notwendigen Programme beschlossen, und es gibt in den Baumärkten dieser Stadt gar nicht so viele Hämmer, wie gerade gebraucht würden – von denen, die sie schwingen sollen, mal ganz abgesehen. Versuchen Sie doch mal, einen Handwerker zu bekommen!
Die ehrliche Antwort geht tiefer. Sie betrifft den vorherigen Senat, der sich zu spät und nur unter öffentlichem Druck dazu aufraffte, das Landeseigentum vor dem völligen Verfall zu retten. Und es betrifft den neuen Senat in vielerlei Hinsicht. Im detailliertesten Koalitionsvertrag der Stadtgeschichte wurden zwar Prioritäten gesetzt, aber die zwangsläufigen Posteritäten nicht klar benannt. Daraus entstehen Erwartungen, die enttäuscht werden: Sanierung und Neubau stehen in Kapazitätskonkurrenz zueinander, von der Planung bis zum Anstrich – das gilt für Schulen und Wohnungen.
Um dennoch den Eindruck höchster Aktivität zu vermitteln, erfindet die Koalition immer neue Förderprogramme. Die heißen dann „Siwa“ und „Siwana“, was zufällig, aber doch treffend ans buddhistische Samsara erinnert (ewiger Kreislauf) – und doch nur ins Nirwana führt. Am Ende blickt niemand mehr durch. Dass ein „Topf ausgeschöpft“ ist, wie eine gängige Jubelmeldung aus den Bezirken lautet, bedeutet deswegen noch lange nicht, dass schon alles erledigt ist.
Eine Art Schulbausenator
Dazu kommt, dass auch die neue Koalition sich nicht traut, eine bessere Zusammenarbeit zwischen Senats- und Bezirksverwaltungen verbindlich zu regeln – sie mahnt sie nur an. So gibt es in der Stadt von Ort zu Ort bei der Umsetzung des Vereinbarten teils erhebliche Unterschiede in Tempo und Qualität. Aber auch im Senat selbst mangelt es bisher an einer klaren Verantwortlichkeit für die Sanierung der Infrastruktur: Schule, Verkehr, Bauen, Finanzen – jeder ein bisschen ist nicht genug.
Deshalb ist es, was Berlins marode Schulen betrifft, die beste Nachricht seit Langem, dass der Finanzsenator jetzt ernsthaft eine rechtssichere Landesgesellschaft für die Bildungsbauten vorbereitet – mit klaren Aufgaben, Strukturen und einem Hauptverantwortlichen, also eine Art Schulbausenator. Gegründet werden soll die Gesellschaft, auf die sich die Koalition im Prinzip schon geeinigt hat, noch in diesem Jahr. Das ist, wenn alles gut geht, ein Signal gegen den bisherigen Zuständigkeitsfatalismus, vor allem aber ein Multifunktionswerkzeug, wie es sich jeder praktisch veranlagte Politikhandwerker wünscht.
Aber natürlich wäre Berlin nicht Berlin, wenn es nicht auch hier etwas dauern würde. Wegen koalitionsinterner Abstimmungen, die bald beginnen sollen, wird die Landesgesellschaft wohl erst in zwei Jahren voll handlungsfähig sein. Es gilt also auch hier: Die Sache läuft, es geht nicht alles sofort – aber vieles könnte schneller gehen. Und das ist nicht nur ein Gefühl.
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