Testpflicht, Büros, FFP2-Masken: Diese neuen Corona-Regeln führt Berlin ab Mittwoch ein
Statt des totalen Lockdowns setzt Berlin auf mehr Tests, um das öffentliche Leben fortsetzen zu können. Dabei geht es vor allem um die Kontakte am Arbeitsplatz.
Angesichts steigender Infektionszahlen und vor dem Hintergrund dramatischer Prognosen verschärft der Senat die Corona-Regeln – wenn auch weniger als erwartet. Nach zähen Beratungen in einer mehr als fünfstündigen Sondersitzung einigten sich die Mitglieder des Gremiums am Samstagabend unter anderem auf eine Testpflicht für Arbeitgeber:innen. Sie müssen ihren Angestellten künftig zwei Mal wöchentlich ein Testangebot machen.
Zusätzlich dazu werden sie verpflichtet, ihren Mitarbeiter:innen im Wechselbetrieb die Arbeit von zu Hause aus zu ermöglichen. Maximal 50 Prozent der Arbeitsplätze an der Arbeitsstelle dürfen besetzt sein, heißt es im Beschluss des Senats vom Abend.
Er folgte damit einem Vorschlag von Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke), die eine ähnliche Regelung bereits im Januar vorgeschlagen hatte. Anders als jetzt beschlossen sah deren ursprünglicher Vorschlag ein generelles Verbot von Computerarbeit im Büro – mit Ausnahmen für bestimmte Berufsgruppen – vor.
Konkret bedeutet die Regelung: Arbeiten in einem Büro zwei Menschen, soll künftig einer von ihnen zu Hause und nur der andere weiter im Büro arbeiten dürfen. Für Großraumbüros ist eine Regel äquivalent zum Schulbetrieb vorgesehen. Die eine Hälfte des Kollegiums bleibt verpflichtend zu Hause, die andere darf ins Büro kommen.
Die Regel gilt „für gewerbliche und öffentliche Arbeitgebende“ und nimmt damit auch die zuletzt wegen fehlender Homeoffice-Kapazitäten in die Schlagzeilen geratene Berliner Verwaltung in die Pflicht.
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Ausgenommen sind unter anderem Büroarbeitsplätze, die „aus Gründen des mit der Tätigkeit verbundenen Kunden- oder Patientenkontaktes eine Präsenz in der Arbeitsstätte zwingend erfordern.“ Weitere Ausnahmen sind für Tätigkeiten wie die Entgegennahme von Notrufen oder Störfällen, zur Überwachung betrieblicher Anlagen, in der Rechtspflege sowie im Justizvollzug und für Kernaufgaben öffentlicher Verwaltung vorgesehen.
Museen, Läden, Bibliotheken bleiben offen
Darüber hinaus beschloss der Senat die Pflicht zur Vorlage eines negativen Testergebnisses bei der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Wer künftig – die neue Verordnung gilt ab Mittwoch – zum Friseur gehen, den Einzelhandel abseits von Waren des täglichen Bedarfs besuchen oder in Bibliotheken, Museen und Gedenkstätten gehen will, benötigt dafür ein negatives Testergebnis. Explizit von der Regel ausgenommen sind Supermärkte, Apotheken, Drogerien und andere Geschäfte des täglichen Bedarfs.
Inbegriffen wiederum sind Malls und Einkaufszentren, die Tests nicht nur anbieten, sondern auch deren Durchführung organisieren und Bescheide ausstellen müssen. Vorgesehen ist im Zuge dessen eine Abkehr vom Prinzip „click and meet“, sprich des Einkaufens mit vorheriger Terminbuchung. Wer ein negatives Testergebnis vom selben Tag vorweisen kann, darf künftig ohne Termin shoppen gehen. Das erklärte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) auf Nachfrage im Anschluss an die Senatssitzung.
Neu ist auch eine umfassende Testpflicht für jegliches Personal mit Kundenkontakt. Diese hatte der Senat schon am Dienstag verabschiedet, ohne darüber informieren. Sie fiel erst nach Veröffentlichung der neuen Verordnung am Wochenende auf.In der Sitzung am Sonnabend wurde sie bereits verschärft: von einem auf mindestens zwei Tests pro Woche. Sie gilt zum Beispiel für alle Geschäfte, Handwerksbetriebe, aber auch Museen und Behörden (mehr hier).
Ebenfalls beschlossen wurde eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Schutzmasken in Bussen und Bahnen sowie beim Besuch medizinischer Einrichtungen oder des Einzelhandels. Demnach sollen künftig überall dort, wo bislang eine Pflicht zum Tragen medizinischer Masken – besser bekannt als OP-Masken – galt, FFP2-Masken getragen werden. Das gilt für öffentliche Verkehrsmittel, Arztpraxen und Krankenhäuser, den Einzelhandel sowie in Bibliotheken oder Kultur- und Freizeiteinrichtungen.
Berlin geht eigenen Weg statt Notbremse
Explizit verzichtet hat der Senat auf die in der Anfang März von der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) beschlossenen Notbremse vorgesehenen Rücknahme von Öffnungsschritten. Zwar ist die Voraussetzung dafür – das stabile Überschreiten der Inzidenz von 100 – seit Donnerstag erfüllt. Dennoch wurden Lockerungen im Einzelhandel, bei Museen und im Jugendsport beibehalten.
Selbst die Kontaktbeschränkung, aktuell dürfen sich zwei Haushalte und maximal fünf Personen plus Kinder unter 12 treffen, wurde nicht verschärft. Und das, obwohl Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci einen solchen Schritt im Entwurf für die Senatssitzung explizit angeregt hatte. Auf Nachfragen dazu reagierte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit den Worten: „Das ist eine deutliche Notbremse, um es mal klar zu sagen.“
Auch sein Stellvertreter Klaus Lederer (Linke) sprach von einer „absoluten Notbremse“, Pop von einer „Verschärfung, die auch so wahrgenommen wird“. Mit Blick auf die anstehenden Osterfeiertage beließen es Müller und der von ihm geführte Senat bei einem wie er sagte „Appell“: Die Berliner:innen sollen Kontakte reduzieren und sich testen lassen. 170 Teststationen stünden bereit. (mit isa)