Größtes Sorgenkind ist die Spree: Diese Flüsse in Berlin und Brandenburg sind von der Dürre besonders bedroht
Die anhaltende Trockenheit macht den Wasseradern in Brandenburg schwer zu schaffen. Besonders betroffen sind Spree und Schwarze Elster.
„Ein regenreicher Februar allein kann keine zwei regenarmen Jahre ausgleichen“, sagt Sanny Merting. Sie ist Referatsleiterin für Wasserwirtschaft beim brandenburgischen Landesamt für Umwelt und schaut wie viele ihrer Kollegen jeden Tag mit Hoffnung und Sorge auf die Wettervorhersage. Denn nicht nur die Felder und Wälder, sondern auch die Flüsse und Seen leiden unter einer nun schon das dritte Jahr anhaltenden extremen Trockenheit.
„Manche Menschen denken, es sei alles wieder in Ordnung, weil es ab und zu regnet“, sagt Sanny Merting: „Doch die Niederschlagsmengen, die derzeit fallen, sind so gering, dass das meiste Wasser gleich wieder verdunstet.“ Im Grundwasser kommt daher fast nichts an und auch der Zustand der Flüsse wird immer kritischer.
Das gilt für ganz Brandenburg, wobei es große regionale Unterschiede gibt. Besonders schlimm ist es aber seit Jahren im Süden des Landes (der Tagesspiegel berichtete). Seit dem Dürresommer 2018 tritt dort die sogenannte Ad-hoc-Arbeitsgruppe Flussgebietsbewirtschaftung „Spree/Schwarze Elster/Lausitzer Neiße“ bis auf wenige Unterbrechungen alle zwei Wochen zusammen, um über Maßnahmen zu beraten, die den Flüssen helfen.
In der Schwarzen Elster sind bereits einige Abschnitte trocken gefallen, wie auch schon in den vergangenen beiden Jahren, während in der Lausitzer Neiße durch starke Niederschläge in Tschechien und Polen ähnlich wie in der Elbe zeitweilig sogar überdurchschnittlich hohe Wasserstände zu beobachten waren.
Das größte Sorgenkind der Ad-hoc-Arbeitsgruppe ist und bleibt jedoch die Spree. „Hier geht es ja nicht nur um den Tourismus im Spreewald, sondern auch um die Trinkwasserversorgung in Brandenburg und in Berlin und sogar um die Schifffahrt in der Hauptstadt“, sagt Sanny Merting.
„Deshalb arbeiten neben Wasserexperten aus Brandenburg und Sachsen, Vertretern des Energiekonzerns Leag sowie der Bergbausanierungsgesellschaft LMBV auch Fachleute aus der Berliner Senatsverwaltung in der Arbeitsgruppe mit.“
Sachsen kann kaum Wasser liefern
Dass die Sachsen für die Hauptstädter Wasser lassen müssen, war schon zu DDR-Zeiten ein vielzitierter Spruch. Die Spree entspringt nun mal im Freistaat – und dieser hat bereits im Mai angekündigt, dass er in diesem Jahr die eigentlich vereinbarten Wassermengen nicht nach Brandenburg liefern wird. Oder nicht liefern kann, wie es von sächsischer Seite betont wird.
Denn das Wasser kommt aus den Talsperren Bautzen und Quitzdorf und die sind durch die Trockenheit selbst stark betroffen. So kann Brandenburg statt der vereinbarten 20 Millionen Kubikmeter Wasser in diesem Jahr nur etwa ein Drittel, also maximal sieben Millionen Kubikmeter vom südlichen Nachbarn bekommen.
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Ohnehin muss das Land auch auf die eigenen Speicherbecken zugreifen. Für die Spree ist das die Talsperre Spremberg. Doch dort betrug der sogenannte Abfluss, der eigentlich die durchlaufende Wassermenge beschreibt, bereits vor einer Woche nur noch sechs Kubikmeter pro Sekunde, normal wären knapp elf. Im Spreewald wurde am Pegel Leibsch vor zwei Tagen ein Abfluss von 2,23 Kubikmeter pro Sekunde gemessen. Normal sind es 4,6.
Besucherboom im Spreewald trotz Trockenheit
„Die Situation ist angespannt, aber noch nicht dramatisch“, sagt ein Kahnfährmann aus Lübbenau: „Wir können noch alle Strecken befahren.“ Er ist froh darüber, weil der Spreewald derzeit wie viele heimische Ausflugsgebiete fast schon einen Besucherboom erlebt. Für die Zukunft sieht er allerdings schwarz: „Richtig schlimm wird das mit dem Wasser hier erst mit dem Kohle-Ausstieg, also wenn die Tagebaue dichtmachen. Dann könnten wir endgültig auf dem Trockenen sitzen.“
Dass der gesamte Wasserhaushalt in der Lausitz bisher noch nicht kollabiert ist, liegt tatsächlich vor allem daran, dass das Energieunternehmen Leag jeden Tag etwa eine Million Kubikmeter Wasser aus großen Tiefen nach oben pumpt, um den Braunkohle-Abbau in den Tagebauen – sozusagen trockenen Fußes – zu ermöglichen.
Ein großer Teil dieses sogenannten Grubenwassers fließt wieder in die Spree. Deshalb hat sogar die Kohlekommission in ihrem Abschlussbericht gefordert, verbindlich zu regeln, „dass bei einem vorfristigen Ausstieg aus der Braunkohleförderung das Wassermanagement insbesondere für die Spree abgesichert wird.“
Klimabedingungen etwas besser als 2019
Wenn die Sommer nach Schließung der Tagebaue auch so werden wie 2018 und 2019, wird es kritisch, darin sind sich alle Experten einig. In diesem Jahr hat es zum Glück im Februar viel geregnet und die Temperaturen sind längst nicht so hoch wie vor zwölf Monaten. „Dafür ist aber auch die Ausgangssituation schlechter, denn es gibt keine Reserven mehr, sprich die Speicher sind fast leer“, sagt Sanny Merting.
Hinzu kommt der in diesem Jahr besonders starke Wind, der die Verdunstung beschleunigt, so dass der Regen die tieferen Bodenschichten nicht erreicht. Dass die Tagebau-Restlöcher beim derzeitigen Wassermangel nicht geflutet werden können, liegt auf der Hand.
Wegen der anhaltenden Wasserknappheit haben zahlreiche Landkreise wie etwa Spree-Neiße, Oberspreewald-Lausitz sowie die Stadt Cottbus deshalb bereits die Entnahme aus Oberflächengewässern verboten – eine Maßnahme, die nicht bei allen Betroffenen auf Gegenliebe stößt. Mancher Kleingärtner sieht nur seinen grünen Rasen, es kommt gar nicht selten vor, dass Mitarbeiter der Ordnungsämter, die auf das Verbot hinweisen, beschimpft oder bedroht werden.
So ist die Lage in Berlin
In Berlin hingegen darf Wasser aus Flüssen oder Seen grundsätzlich nur mit einer wasserrechtlichen Erlaubnis entnommen werden, sagt die Sprecherin der Berliner Wasserbetriebe, Astrid Hackenesch-Rump. In der Hauptstadt sei man in Sachen Wassermanagement generell sehr stabil aufgestellt, auch die Netzkapazität habe bislang ausgereicht.
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Man tue aber auch einiges dafür, dass dies so bleibe. So sollen unter anderem Brunnen erneuert und Umbauten im Rohrnetz vorgenommen werden, um Engpässe zu beheben.
Ein weiteres spektakuläres Vorhaben, um die Auswirkungen von Dürre und Trockenheit bei einem künftig steigenden Trinkwasserbedarf gering zu halten, ist die Rettung des Barssees im Grunewald. Er war einst einer der individuenreichsten Amphibienlaichplätze Berlins, ist allerdings inzwischen vollkommen ausgetrocknet. In der kommenden Woche soll das ambitionierte Pilotprojekt starten.