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Bringt Corona die Klimabewegung zum Stillstand? Die Initiatoren von Klimaneustart Berlin befürchten das.
© John Macdougall/AFP

Von der Politik enttäuscht: Diese Berliner wollen das Stadtklima retten

Die Volksinitiative Klimaneustart will Druck auf den Senat aufbauen, endlich mehr fürs die Umwelt zu tun. Ein Bürgerrat soll das unterstützen.

Im vergangenen Jahr hat die Volksinitiative Klimanotstand Berlin den Senat dazu gebracht, ganz offiziell diesen Notstand auszurufen – mit knapp 44.000 Unterschriften.

„Aber es passiert inhaltlich nichts“, sagte am Mittwoch Felix Nasser, einer der Vertrauensleute der neuen Volksinitiative für einen Klima-Bürgerrat und damit für eine direkte Beteiligung der Berliner an der Klimapolitik der Stadt. Ein Slogan lautet dementsprechend berlinisch: „Berlina fürs Klima!“

Bürgerräte sind derzeit im Kommen – vor allem in anderen Ländern. In Irland, Großbritannien und Frankreich gibt es auf kommunaler wie Landesebene solche Einrichtungen. Frankfurt am Main hat 2019 einen Demokratiekonvent eingeführt, der 2. Konvent wird zum Thema Klima im April 2021 stattfinden.

Gemeinden und Städte werden repräsentativ ausgewählt, dann wird gelost und diejenigen angeschrieben, die aus der Lostrommel kommen. Die können sich entscheiden, ob sie mitmachen wollen oder nicht, und wenn sie wollen, werden sie von Experten angeleitet.

Sinn der Sache ist es unter anderem, gemeinsam, auf Augenhöhe und nicht konfrontativ und mit Parteigrenzen an Sachthemen heranzugehen.

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Das ist auch das Ziel in Berlin: „Menschen aller Schichten und Bezirke sollen involviert werden, um direktere demokratische Mitsprache als nur über Wahlen zu ermöglichen“, sagte Nasser. Er stellte das Projekt gemeinsam mit anderen Initiatoren am Mittwoch im Robert-Havemann-Saal im Haus der Demokratie und Menschenrechte in Friedrichshain vor.

Felix Nasser, einer der Aktivisten der Volksinitiative Klimaneustart Berlin.
Felix Nasser, einer der Aktivisten der Volksinitiative Klimaneustart Berlin.
© privat

20.000 Unterschriften braucht die Initiative, damit sich der Senat mit dem Thema befassen muss. Auf Bundesebene hat der Bundestag kürzlich entschieden, dass es einen ersten Bürgerrat geben soll – quasi ein Experiment mit aktiver Hilfe der repräsentativen Demokratie. Allerdings wird es hier nicht um das Klima gehen, sondern um die „Rolle Deutschlands in der Welt“.

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Der Verein Mehr Demokratie unterstützt die Volksinitiative. Die Forscherin und Vertrauensperson Cornelia Auer vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) sagte: „Städte spielen eine Schlüsselrolle im Kampf für die Einhaltung der Ziele von Paris.“

Berlin legt keine Zahlen für die Klimaziele vor

2015 hatte der Klimagipfel sich dafür ausgesprochen, bis 2050 weltweit CO2-Neutralität zu schaffen. „Eine Herkulesaufgabe“, sagte Auer, „um so länger wir warten, um so größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass wir die Klimawende nicht schaffen.

Im vergangenen Jahr sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller zum Senatsbeschluss: „Wir haben festgehalten, dass wir über unsere bisherigen Ziele, den CO2-Ausstoß um 85 Prozent zu senken gemessen an 1990, hinausgehen wollen.“

Doch sind im Senatsbeschluss keine konkreten Prozentzahlen enthalten. Umweltsenatorin Regine Günther (Grüne) wollte den Wert auf mindestens 95 Prozent „noch vor 2050“ verschärfen, konnte sich damit aber in der rot-rot-grünen Regierungskoalition nicht durchsetzen.

Die Initiatoren haben wie andere Klimaaktivisten von Fridays for Future oder Extinction Rebellion große Sorge, dass das Thema „Klima gerade öffentlich überhaupt keine Rolle mehr spielt“, wie eine Mitinitiatorin am Mittwoch sagte.

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